Grünstadt Drei Platzverweise und hitzige Tumulte

Der VfR Grünstadt blickt auf zahlreiche Duelle gegen Viktoria Herxheim zurück: Hier der Grünstadter Fabrizio Moncada gegen Herxh
Der VfR Grünstadt blickt auf zahlreiche Duelle gegen Viktoria Herxheim zurück: Hier der Grünstadter Fabrizio Moncada gegen Herxheims Abdul Aziz Kamara in einer Partie aus der Saison 2015/16.

«Grünstadt.» Es war ein Duell, dass in die regionale Fußballgeschichte eingehen sollte – ein Höhepunkt vieler brisanter Partien zwischen beiden Mannschaften. 2:2 endete damals das Spiel, in dem viel mehr steckte, als es das unspektakuläre Ergebnis vermuten lässt. Es ist Freitag, 11. Oktober 1996, 19 Uhr, als vor über 500 Zuschauern die Partie zwischen den Drittplatzierten aus Herxheim und dem Vierten, VfR Grünstadt, beginnt. Gerade ein Punkt trennt beide Teams voneinander. Schon deshalb ein Spiel, das sportliche Brisanz versprach. Und es sollte hitzig werden. Die RHEINPFALZ schrieb danach: „Ein Mann stand dabei hüben wie drüben im Mittelpunkt, war keineswegs der Leitung eines solchen Spitzenderbys zweier technisch hochversierter Verbandsligisten gewachsen: Schiedsrichter Rieder aus Morlautern.“ Hintergrund der Einschätzung: Gegen die Grünstadter Harald Volbers, Klaus Ferber, Günter Krist, Harald Müsel, Matthias Mair und Horst Schellenschläger verhängte er Gelbe Karten, Mair, Ferber und Schellenschläger verwies er später vom Spielfeld. Gegen die Platzherren zückte er viermal den gelben Karton (Mathias Beierle, Horst Rimmel, Patrick Moulliet und Andre Kombal). Darüber hinaus gab er für die Gäste zweimal, für die Einheimischen einmal Strafstoß. Die RHEINPFALZ: „Eines muss der neutrale Beobachter allerdings dem Schiri bescheinigen: nämlich Mut, gegen die Platzherren in einem ,Hexenkessel’ (die Zuschauer stehen unmittelbar am Spielfeldrand) zwei Strafstöße zu verhängen. Die Platzordner hatten alle Hände voll zu tun, um das Gespann vor aufgebrachten Zuschauern zu beschützen. Sie konnten trotzdem eine Schlägerei unter ,Fans’ nicht verhindern.“ Zum Geschehen: Gerade 40 Sekunden sind gespielt, als der überragende VfR-Spielercoach Jürgen Giehl Müsel auf die Reise schickt und der nur per Foul gebremst werden kann. Den Strafstoß von Krist wehrt Keeper Eric Böspflug, bester Herxheimer Akteur, glänzend ab. Mit einem Freistoßtor von Thomas Siegmeier geht Grünstadt nach sieben Minuten in Führung. Nach „Allerweltsfouls“ sehen Ferber und Volbers ebenso Gelb wie Krist, der angeblich zu früh aus der Mauer kommt. Tolle Leistungen zeigt unterdessen Grünstadts Ersatztorwart Rachid Bouchenak, der den grippegeschwächten Thomas Knoch glänzend vertritt. Nach einem Lattenknaller von Herxheims Rimmel (37.) entschärft Bouchenak zwei Minuten später eine „Granate“ von Peter Braun. Kurz vor dem Pausenpfiff sieht Mair wegen Meckerns Gelb-Rot. Im Anschluss an diesen Freistoß die schlimmste Szene des Spiels: Manndecker Andreas Kröhler, vor der Saison vom 1. FCK nach Grünstadt gekommen, bleibt nach einem unglücklichen Zusammenprall mit seinem eigenen Torwart Bouchenak liegen, wird am gleichen Abend noch im Landauer Krankenhaus an einem Jochbeinbruch operiert. Für ihn kommt Matthias Pfeiffer. Nach Wiederanpfiff gelingt Jürgen Kuntz der Treffer zum 1:1-Ausgleich (52.) und eine Minute danach wird Ferber von Platz gestellt. Der VfR hat nur noch neun Spieler inklusive Torwart auf dem Feld. In der 76. Minute ist wieder ein Raunen zu vernehmen, als Schellenschläger im Herxheimer Strafraum umgestoßen wird und der Unparteiische sofort auf den Punkt zeigt. Giehl verwandelt den Strafstoß souverän und die dezimierten Gäste aus dem Leiningerland führen 2:1. Dann wird auch noch Schellenschläger des Feldes verwiesen und nun verteidigen aufopferungsvoll sieben Feldspieler und ein sehr gut aufgelegter Keeper Bouchenak die Führung. In der 90. Minute dann ein wahres Schirigeschenk an die Südpfälzer: Rimmel erzielt per Elfmeter den 2:2-Ausgleich. Die RHEINPFALZ: „Selbst unter dem Eindruck von 90 hektischen Minuten gab VfR-Spielertrainer Giehl ein Beispiel für ,Fair geht vor’. Er bewies Sportgeist und meinte: ,Das Wichtigste für mich ist nicht das Spiel oder der verdiente Punkt, sondern die Gesundheit von Andy Kröhler’. Die Zuschauerausschreitungen („ein unfaires Publikum“) verurteile er gänzlich.“ Die Partie gegen die Viktoria war ein weiteres emotionales Kapitel in einer ohnehin starken Saison der Grün-Weißen. Mit dem bis dahin größten Erfolg in der Vereinsgeschichte beendete der VfR die Saison 1996/97 als Vizemeister (61 Punkte) hinter dem Südwestmeister FK Pirmasens (70). Das Team von Spielertrainer Jürgen Giehl ließ renommierte Clubs wie SV Vikoria Herxheim, SV Wormatia Worms, VfL Neustadt, SV Südwest Ludwigshafen oder Eintracht Bad Kreuznach hinter sich. Allerdings berechtigte der zweite Rang damals nicht zu einem Aufstiegsspiel zur Oberliga Südwest. Horst Schellenschläger wurde in jener Saison mit 24 Treffern unangefochten Torschützenkönig der Verbandsliga vor Jörg Höpfner vom FK Pirmasens (20) und Horst Rimmel von Viktoria Herxheim (16). Nach der Saison wechselte der erfolgreiche Spielercoach Jürgen Giehl zum SV Kirchheimbolanden, sein Nachfolger wurde Hans-Karl Schäfer (RWO Alzey). Günter Krist und Andreas Kröhler unterschrieben beim damaligen Verbandsligisten SV Wormatia Worms, der vom Ex-Lauterer Profi Demir Hotic trainiert wurde. VfR Grünstadt 1996/97 Die Aufstellung beim legendären Spiel gegen Viktoria Herxheim am 11. Oktober 1996: (1) Rachid Bouchenak, (2) Jürgen Giehl (Spielertrainer), (3) Andreas Kröhler, (4) Klaus Ferber (Spielführer), (5) Frank Schuster, (6) Harald Volbers, (7) Günter Krist, (8) Thomas Siegmeier, (9) Matthias Mair, (10) Harald Müsel und (11) Horst Schellenschläger. Auswechselspieler: (12) Matthias Pfeiffer, (13) Michael Kalmuczak, (14) Stefan Schmitt und (15) Thomas Dreischmeier (Ersatztorwart). Mannschaftsbetreuer: Werner Adler.

Schoss den VfR 1996/97 zum Vizetitel in der Verbandsliga Südwest: Horst Schellenschläger.
Schoss den VfR 1996/97 zum Vizetitel in der Verbandsliga Südwest: Horst Schellenschläger.
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