Frankenthal Zur Feier gibt’s am Lago eine Pizza
FRANKENTHAL. Für manche ist ein Traum, für andere ein Alptraum. Der 66-jährige Frankenthaler Allgemein- und Sportmediziner Guido Sann mag die Herausforderung und hat in diesem Sommer zum zehnten Mal eine Tour mit dem Fahrrad über die Alpen gemacht. Ziel ist für ihn immer der Lago Maggiore.
Neben der sportlichen Betätigung hat Sann noch weitere gute Argumente für den Ritt auf dem Drahtesel: „Ich bin vom ersten Tag an vom Alltagsstress weg, aus der Praxis raus.“ Es sei zudem eine schöne Art der Fortbewegung. Man komme anders als beim Wandern vom Fleck und entdecke viel mehr von der Landschaft, von der Umgebung, von den Menschen als mit anderen Fortbewegungsmitteln. „Die Menschheit würde sich viel besser verstehen, wenn sie sich besser kennen würde.“ Ob man Gastfreundschaft erfahre, komme auch immer auf einen selbst an, wie man sich verhalte, fasst Guido Sann seine Erfahrungen zusammen. Auf den vielen Touren habe er ganz verschiedene Menschen kennengelernt. Von jeder Tour gebe es nette Geschichten. Und jede Tour hat er in einem Fotobuch zusammengefasst. Dreimal startete er bisher direkt in Frankenthal. Ausgangspunkt bei der diesjährigen Tour war bei Freunden in Villingen-Schwenningen. Wenn man so wolle, sei es eine Flusstour gewesen, berichtet Sann. Neckar, Donau, Rhein und Inn seien unter anderem Wegbegleiter gewesen. In diesem Jahr waren Sanns Frau Gaby und Sohn Marc mit von der Partie. Doch die Alpenquerung wurde schon in ganz unterschiedlichen Familienkonstellationen angegangen. Gleich am ersten Abend lief allerdings nicht alles reibungslos. Denn in Friedrichshafen am Bodensee fand eine Messe statt – es war keine auch noch so einfache Unterkunft mehr zu finden. „Durch Zufall sind wir mit einem Herrn in Kontakt gekommen, der uns spontan nach mehreren Versuchen, doch noch eine Unterkunft zu finden, sein Privatappartement zur Verfügung stellte. Das sind die Situationen, die man auf anderen Urlaubsfahrten kaum erlebt“, denkt Sann gerne an diese Episode zurück. Die weiteren Stationen über Chur, Lenzerheide und St Moritz seien dagegen gut verlaufen. Kleinigkeiten vielleicht, ein gerissener Schaltzug beispielsweise, der aber schnell repariert werden konnte. Gerne hätten die Sanns die Ankunft auf dem Albulapass (2315 Meter) nach dem Anstieg von Bergün aus gefeiert. Doch da kurz zuvor ein Zug in diesem Gebiet entgleist sei, sei auch die Straße für Autos gesperrt gewesen, somit gab es auf dem Gipfel keine Bewirtung. Ganz wichtig: Das Wetter spielte mit. Am fünften Tag fand die kleine Jubiläumstour gegen 22 Uhr bei einem Pizzaessen am Lago Maggiore ihren Abschluss. Das Überqueren der Alpen hat bei den Sanns schon länger Tradition. Denn schon der Urgroßvater habe ein Haus am Lago besessen, sagt Guido Sann. Er selbst habe geholfen, in der Nachbarschaft noch ein neues Haus zu bauen. Dann sei er der Erste gewesen, der die Alpen mit dem Fahrrad überquert habe, 1978, während der Fußball-Weltmeisterschaft in Argentinien. Sein Vater und seine Mutter seien dagegen aufs Motorrad „abgefahren“. Danach sei er die Alpenquerung immer auf einer anderen Strecke angegangen. Eine der schönsten Strecken sei für ihn die über den Gries-Pass. Noch ein, zwei neue Touren habe er in Reserve, sagt Guido Sann. Auch am Lago Maggiore geht er mit dem Rad auf Tagestouren. In Süditalien hat Sann mit seiner Familie schon Mehrtagestouren absolviert. Vorstellen könnte er sich auch, einmal mit dem Rad quer durch Amerika zu radeln: „Aber da ist noch nichts in konkreter Planung“, sagt der 66-Jährige. Neben dem Radfahren treibt Sann noch mehr Sport zum Ausgleich: Tennis bei Grün-Weiß schon seit 45 Jahren, Schlittschuhlaufen, und er leitet eine Schwimmgruppe beim Behindertensportverein. Und Radfahren eben, denn: „Ohne Training geht es nicht. Ich bin ein Verfechter des Sports für die Gesundheit, aber kein Befürworter des Leistungssports“, betont Sann. Leistung ja, Hochleistung eher nein, das gelte auch für die Alpentouren. Nicht übertreiben, überreizen, lieber einmal eine Tagestour früher beenden. Deshalb seien die Tagesetappen auch nie im Voraus fix geplant. Zum Hochleistungssport mit all den leistungsfördernden Mittelchen, die keinesfalls nur von den Topathleten genommen würden, hat Sann eher ein gespaltenes Verhältnis.