Frankenthal Wohlwollender Witz

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„Schräge Vögel“ – mit dieser Ausstellung im Frankenthaler Kunsthaus, die morgen eröffnet wird, setzt der Kunstverein Die Treidler das Motto des Kultursommers „Sommer unseres Vergnügens“ um. Hinter den Zeichnungen, Aquarellen, Drucken verbergen sich zum Großteil tatsächlich Vögel, beleuchtet in allen Lebenslagen, aber auch Chimären und menschliche Gestalten – Hauptsache schräge Typen.

Zehn Künstler, Grafiker, Autoren, Illustratoren, Maler, zeigen aus ihrem Portfolio Cartoons: als Druck, Tuschezeichnung, Aquarell, Collage in Klein-, Groß- und Postkartenformat. Letztere, erzählt Treidler-Vorsitzende Alis Hoppenrath, „schicken sich die Künstler gern untereinander selbst“. Die zehn sind Teilnehmer eines jährlichen Zeichen-Seminars, das sich 1991 in Rendsburg etabliert hat. Gezeichnet werde dabei alles, schreibt André „Polo“ Poloczek: „Boote und Schiffe, Leute, Häuser, Sensationen, Komisches und Krakeliges, Sensibles und Grobes, Großes und Kleines.“ Die Cartoons sind komisch und lustig, kitzeln ein Schmunzeln heraus oder regen zum Nachdenken an. Richtig harte Gesellschaftskritik aber wird man in der Ausstellung nicht finden. Es sind künstlerisch anspruchsvolle, ästhetische Arbeiten, die nicht spotten, schmähen oder gar einen schmerzenden Stachel in Wunden treiben. Sie sind fröhlich-wohlwollend mit leichter Ironie und Witz. Einige Arbeiten zeigen Situationskomik wie den vom Huhn erspähten Wurm, der „Scheiße, Scheiße!“ ruft, gefressen wird und im Huhn nahe dem hinteren Ausgang weiter „Scheiße, Scheiße!“ ruft. Andere lassen schmunzeln ob der wörtlichen Deutung wie der Brillenpinguin auf der Klobrille. Und es sind auch kleine satirische Geschichten zu lesen. Die beiden Frauen in der Cartoonisten-Runde zeigen Zartes wie das Blütenmuster in einer Arbeit der Illustratorin Charlotte Wagner. Sie lässt zudem ein Küken erklären, wie man Kardamomkekse backt. Schaurig-schön wird’s für die Möwe vor dem Fernseher beim „Tatort Bjerregard“: Beim ermordeten Fisch führt die Spurensuche zum Angelköder. Und Ulrike Wenzel entpuppt sich als Sammlerin: Ihr reliefartiger Stofffrauenkopf mit Vogelnest im Haar ist aus Muscheln, Wollstückchen, Stoff und Häkelbordüre gefertigt. Polo bringt Situationskomik wie das Huhn, das den Hahn auffordert, „nur so zum Spaß“ die Missionarsstellung auszuprobieren. Politischen Bezug zum mittlerweile schon vergessenen Abhörskandal zeigen seine Brieftauben. Die eine weiß: Der BND nutzt wieder Schreibmaschinen. Darauf kontert die andere „Dann müssen wir demnächst auch wieder ran.“ Derek Pommer greift Alfred Hitchcocks Filmschocker „Die Vögel“ auf und zeigt den Regisseur mit Vogelnase und Vögel als Filmklappe. Christoph Gremmers Wimmelbild bietet nette Hingucker. Ganze Comicgeschichten gibt es auch, erzählt von Tom Breitenfeldt. Sein Vogel hat viel Talent als Dichter, Alleinunterhalter oder „Kleiner König der großen Tiere“. Alles in allem ist es eine Ausstellung, die Klein und Groß einen vergnüglichen Sommer bereiten dürfte. Info —„Schräge Vögel“ 19. Juni bis 17. Juli im Kunsthaus Frankenthal, Hans-Kopp-Str. 22: täglich außer montags von 14 bis 18 Uhr. —Bei der Eröffnung morgen, Sonntag, 14 Uhr, spricht Hans-Jürgen Herschel. Isabel Eichenlaub unterhält musikalisch mit Cello, Electro-Loops und Vogelstimmen. — Cartoonlesung am Samstag, 18. Juni, 18 Uhr. Eintritt fünf Euro.

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