Frankenthal Verzweifelte Hausfrauen

Vornehme Vorstadtlady und vorlaute Südstaatenbraut: Nach einer Frauenfreundschaft sieht das nicht unbedingt aus. Mit dem Stück „Hannah und Maude“ eröffnete das Theater in der Kurve, Neustadt, am Samstag das Sommer-Festival des Frankenthaler Theaters Alte Werkstatt.

Magere 20 Besucher kamen zu dem Gastspiel. Wenn es sommerlich ist, ist Theater eben nicht unbedingt die erste Wahl. „Dabei ist es eigentlich ideal hier: Wir sind ja klimatisiert“, wirbt TAW-Chef Jürgen Hellmann. Dafür geht es in dem Stück des amerikanischen Autors John F. Noonan auf der Bühne heiß her, wenn die laute, aufdringliche Hannah-Mae in das traute Heim der eleganten Maude eindringt, ihr Recht auf nachbarschaftlichen Kaffee einfordert und nicht sehr zurückhaltend über ihre Männerbekanntschaften herzieht. Das ist etwas viel für die Dame des Hauses, die sich lieber ihren Aufgaben in der Vereinigung weiblicher Wähler oder in der Saubere-Luft-Initiative von Westchester County widmen möchte. Das Ordinäre und Überkandidelte trifft auf das Vornehme und Steife – und irgendwie entwickelt sich daraus eine Freundschaft. Nicht mehr und nicht weniger erzählt „Hannah und Maude“, in Neustadt inszeniert von Hedda Brockmeyer. Mit dem bekannten Stück „Harold und Maude“ – im TAW vor einiger Zeit zu sehen – hat die Geschichte nichts zu tun. Treffender ist der amerikanische Originaltitel: „A Coupla White Chicks Sitting Around Talking“. Frauen beim Sitzen und Reden – mehr wird nicht gezeigt, auch wenn sehr viel mehr geschieht. Was zunächst mit überschwänglicher Zuneigung zur neuen Nachbarin einerseits, mit Ablehnung und Misstrauen andererseits beginnt, entwickelt sich. Und das, obwohl Hannah-Mae so wahnsinnig gerne anderen Menschen hinterherspioniert. Und obwohl Maude sehr darauf bedacht ist, ihre Regeln einzuhalten: Montags geht sie nicht ans Telefon, mehr als zwei Tassen Kaffee sind verboten. Dabei sind die Defizite im Leben beider Frauen stets spürbar, allem voran die Abhängigkeit vom Mann, dann die Abhängigkeit von der öffentlichen Meinung. Das führt zu Selbsthemmung einerseits und zu überzogen lautem Gefühlsüberschwang andererseits. Doch gemeinsam sind sie stark, stark gegen ihre Männer: Carl-Joe, der alles Weibliche ankrabbelt, und Tyler, der mit seiner Sekretärin auf Puerto Rico Urlaub macht. „Hannah und Maude“ ist die detaillierte Schilderung verzweifelter Hausfrauen in der Vorstadt, ihrer zwischenmenschlichen Nöte und ihrer Versuche der Kompensation, gespickt mit einer unaufdringlichen, pointierten Komik, die die Selbstermächtigung der Frauen begleitet. Die gemeinsame neue Stärke gipfelt in einem Wochenendtrip nach New York: In einer Fotografienfolge, die auf eine Leinwand geworfen wird, erleben die Theaterbesucher Shopping, Wellness und Cocktailtrinken mit – wobei es kaum stört, dass New York große Ähnlichkeit hat mit Neustadt an der Weinstraße. Eher merkwürdig wirkt die Tatsache, dass die beiden von der Männerwelt so verletzten Frauen ihren Trost im oberflächlichen Konsum suchen und finden. Der Ausdruck für Freiheit und Spaß ist das Geldausgeben in der Großstadt: Wahrscheinlich ist dies der „American Way of Wife“.

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