Frankenthal Strafanzeige nach Traktoreinsatz

Ein Traktorfahrer, der vor Ostern mit einem Schleppnetz aus Metall auf dem Baugelände von Kartoffel-Kuhn bei Eppstein gesichtet worden ist, beschäftigt die Frankenthaler Staatsanwaltschaft. Ihr liegt eine Strafanzeige „gegen Unbekannt“ vor. Der Vorwurf lautet: Die Aktion habe sich gegen eine streng geschützte Vogelart gerichtet.

Offenbar habe der Traktoreinsatz im Eppsteiner Industriegebiet Am Römig dem Flussregenpfeifer gegolten, der hier vorkomme, sagt Rainer Schulze, Stadtratsmitglied der Grünen. Er hat daher Strafanzeige wegen „Verstoßes gegen das Bundesnaturschutzgesetz“ erstattet – auch im Auftrag der Frankenthaler Gruppe des Naturschutzbundes (Nabu), deren Mitglied er ist. Der Leitende Oberstaatsanwalt Hubert Ströber bestätigte gestern auf Anfrage den Eingang der Anzeige; zur Bewertung könne er noch nichts sagen. Stefan Michels, Geschäftsführer der Mannheimer Kartoffel-Kuhn GmbH, die ihren Handelsbetrieb nach Frankenthal verlegen will, lehnte jeden Kommentar ab. Auch zur Frage, ob der Traktor im Auftrag seines Unternehmens unterwegs gewesen sei, wollte der 38-Jährige gestern nichts sagen. Ein Ruchheimer Bürger hat die Traktoraktion teilweise gefilmt. Das Video, das der RHEINPFALZ vorliegt, zeigt, wie der Schlepper die Schotterfläche mit einem angehängten sogenannten Kettenstriegel systematisch abfährt. Welches Ziel sollte eine solche Aktion auf einer steinigen Ebene haben, auf der nichts wächst? Das fragen Schulze und sein Grünen-Fraktionskollege Gerhard Bruder. Sie kommen angesichts der bisher vorliegenden Informationen nur zu einer möglichen Erklärung. Hier sei es offenbar darum gegangen, „Fakten zu schaffen“, sagt Bruder – zu Lasten des Artenschutzes. Seit vergangenem Jahr wisse die Stadtverwaltung Frankenthal, dass es auf diesem Areal Brutversuche des streng geschützten Flussregenpfeifers gebe, der auf der „Roten Liste“ stehe, so Schulze. Entsprechende Informationen habe der Vogelschutzbeauftragte Jörn Weiß (ebenfalls Nabu-Mitglied) an die Stadtverwaltung weitergegeben, so auch noch Mitte März. Streng geschützte Arten zu stören oder Gelege zu zerstören, ist nach dem Naturschutzgesetz strafbar (siehe „Zur Sache“). Stutzig macht die Grünen auch der zeitliche Ablauf. Für das betroffene Areal sei schon einige Zeit vorher eine Ortsbegehung vereinbart gewesen. Teilnehmer: die Frankenthaler Stadtplanerin Beatrice Karg, Kuhn-Geschäftsführer Stefan Michels und der Vogelschutzbeauftragte Weiß. Exakt einen Tag vor diesem Termin sei der Traktor im Einsatz gewesen. Dennoch seien bei dem Ortstermin auf der Fläche von Kartoffel-Kuhn dann mindestens drei Exemplare des Flussregenpfeifers gesichtet worden, berichtete auf Anfrage Oberbürgermeister Theo Wieder (CDU), dazu auch noch Kiebitze und Feldlerchen. Nachdem am nächsten Morgen die Information über die Traktoraktion eingegangen sei, habe die Verwaltung die Fläche nochmals unter die Lupe genommen, so Wieder. Es hätten sich keine Veränderungen gezeigt, „Traktorspuren waren nicht sichtbar“. Noch am selben Tag habe es zudem einen kurzfristig angesetzten Ortstermin mit Jörn Weiß und Rainer Schulze gegeben. Dabei habe Weiß ein Gelege mit einem Ei entdeckt. „Es kann sein, dass das erst nach der Traktoraktion entstanden ist“, sagte Weiß auf Nachfrage. Wenn Flussregenpfeifer bei Brutversuchen gestört würden, versuchten sie es an anderer Stelle wieder und wählten einfache Bodenkuhlen. Bei einem Ortstermin einige Zeit später konnte Weiß dokumentieren, dass nun sogar fünf Eier im Boden lagen. „Etwa drei Wochen“ dauere es, bis der Nachwuchs schlüpfe. Kartoffel-Kuhn habe noch keine Baugenehmigung, erläuterte gestern Bürgermeister Martin Hebich (CDU). Die Frage des Artenschutzes werde „im Rahmen des Baugenehmigungsverfahrens geprüft“. Die Stadt habe dem Unternehmen dazu „verschiedene Lösungsmöglichkeiten vorgeschlagen“, zum Beispiel eine Dachbekiesung. Kartoffel-Kuhn sei nun am Zug, Vorschläge zu machen, sagte der Baudezernent. Wenn die da seien, habe die Stadt „in Abstimmung mit der Genehmigungsbehörde, der Struktur- und Genehmigungsdirektion Süd“ in Neustadt, zu entscheiden. Ihren jüngsten Jahresabschluss veröffentlichte die Kartoffel-Kuhn GmbH im Februar im Bundesanzeiger: Demnach erzielte das Unternehmen 2012 bei einem Umsatz von 35,3 Millionen Euro einen Gewinn nach Steuern von 704.000 Euro; dies stelle im Fünf-Jahres-Vergleich einen „Spitzenwert“ dar. Eine anhaltend positive Entwicklung sei zu erwarten. Mit dem Baubeginn in Frankenthal-Eppstein werde „im Herbst 2014 gerechnet“.

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