Frankenthal „Raum für Kunst“: Ab Mittwoch Werke von Michael Lerche zu sehen
Die Kunstkoordinatorin und Initiatorin der Ausstellungsreihe hat ein Händchen für Präsentation von Kunst: In der vorherigen Ausgabe der Schaufensterkunst inszenierte Nicoleta Steffan ein Teekränzchen als Kulisse für Dimitri Vojnovs Reminiszenzen an große Meister der Kunstgeschichte. Jetzt ist hinter den Glasscheiben ein Garten entstanden, zwischen dessen knospenden Narzissen und Tulpen auf Lerches Bildern der Herbst Einzug hält.
Erinnerungen an Heidelberger Garten
Zehn mit Öl, Acrylfarbe und Lacken gestaltete Bilder sind in der Auslage der Speyerer Straße 14 zu sehen. Sie sind Teil der Serie „Im Garten der Sonja Maria K.“, die der im Odenwald wohnende Künstler vor vier Jahren geschaffen hat. Und die wiederum Bezug auf einen besonderen Garten nimmt, wie Lerche erzählt: „Eine befreundete Konzertveranstalterin hat in der Heidelberger Benediktinerabtei Stift Neuburg ein Konzert organisiert und mich dazu eingeladen. Dort gibt es einen Terrassengarten, der von der Heidelberger Künstlerin und Gartenarchitektin Sonja Maria Kaas gestaltet wurde. Dieser Garten hat mich zu der Serie inspiriert.“
Inspiration im Lebensende gefunden
Was Lerche im Garten ins Auge fiel, waren Gräser, die sich im herbstlichen Prozess des Verwelkens befanden. Diese Phase hat für ihn einen besonderen Reiz: „Ob Menschen oder Pflanzen, alle haben an ihrem Lebensende einen individuellen Charakter.“ Gern bedient er sich eines Vergleichs: „In voller Blüte unterscheiden sich Sonnenblumen kaum, erst am Ende der Vegetationszeit bekommen sie ihren eigenen Ausdruck, die Köpfe hängen oder stehen, die Blütenblätter und Samen fehlen zum Teil.“
Die Erinnerungen an die welkenden Gräser verarbeitete Lerche später in seinem Heidelberger Atelier zu der Bilderserie. Der Künstler betont, sie sei kein Abbild des Gartens, sondern eine individuelle Interpretation der Gewächse. Dabei hat er statt eines Pinsels einen Stock verwendet. „Die Farbe läuft am Stock herunter und tropft auf die Leinwand. Dieser Prozess ist nur bedingt steuerbar – so wie das Leben eben auch.“ Das Ergebnis sind filigrane Zweige, deren Wachstum auf den Bildern wie asymmetrische Straßen einer Landkarte wirkt. Die vergilbten Blüten und Blätter reihen sich nach dem Zufallsprinzip an die Zweige und verströmen eine melancholische Poesie.
Lerches künstlerischer Ansatz ist, die Natur als Spiegelbild der Gesellschaft zu verstehen. „Die Vergänglichkeit und Überlebenskraft der Natur sind für mich beispielhaft“, sagt er. Sie zeige ihm die Prozesse in der Gesellschaft. „Wie gehen wir mit uns und anderen um? Krisen zum Beispiel können Abgründe hervorbringen – genauso wie sie es schaffen, Mitmenschlichkeit und Zuversicht wachsen zu lassen.“
Vom Möbeldesigner umgesattelt auf Künstler
Der in Hannover geborene Künstler ist ein Quereinsteiger: Lerche studierte an der FH Hannover Produktdesign und arbeitete später als Möbeldesigner. Der Übergang vom Design zur Kunst sei fließend gewesen, erinnert sich der heute 60-Jährige. Ihn habe immer stärker gestört, „dass es zwischen meiner Produktidee und dem Endkunden zu viele Spieler gab, die meine Produktidee verwässert haben“. Vor etwa zehn Jahren konnte er seinen Designerberuf an den Nagel hängen und sich ausschließlich seinen Bildern und Skulpturen widmen. In insgesamt 25 Ausstellungen, vorwiegend im südwestdeutschen Raum, hat Lerche bislang seine Werke gezeigt.
In der Pandemie mit Künstlern zusammengetan
In Frankenthal war Lerches Schaffen bislang nicht vertreten. Mit seiner Teilnahme an der Leerstandskunst-Kunst betritt er Neuland. „Es ist eine tolle Idee, seine Werke in einem ungenutzten Geschäft zeigen zu können“, sagt Lerche. „Eine Miniaturausstellung im Herzen der Stadt, wo viele Passanten vorbeikommen.“
Die Pandemie bezeichnet Lerche als „anstrengend“, da reale Kontakte schwierig seien. Zugute kommt ihm dabei, dass er sein Atelier im Heidelberger Dezernat 16 hat – in der ehemaligen Feuerwache befindet sich ein Kreativ-Zentrum, das sich Kunstschaffende teilen. Das schafft für Lerche Synergien. Mit Sabine Arndt hat er etwa ein Gemeinschaftsprojekt entwickelt, bei dem beide Künstler die Werke ihres Gegenüber zu neuen Kunstwerken verarbeiteten. Und gern folgte Lerche den Einladungen der Lyrikerin Michaela Vogls, die Künstler im Lockdown zu einer virtuellen Kaffeepause einlud. „Der Gedankenaustausch im Netz war spannend und inspirierend“, findet Lerche.
Noch Fragen?
- In loser Folge stellen wir Künstler vor, deren Arbeiten in den nächsten Wochen im Schaufenster in der Speyerer Straße 14 in Frankenthal zu sehen sind.
- Näheres zu der von der Frankenthaler Kunstkoordinatorin Nicoleta Steffan initiierten Aktion „Raum für Kunst“ steht im Internet unter www.steffanartkonzepte.de.
- Zu Atelierbesuchen und Kunstkursen lädt Lerche Interessierte ein. Kontakt: Dezernat 16, Emil-Maier-Straße 16 in Heidelberg. Anmeldungen sind erbeten unter Telefon 0151 201 924 90 oder per E-Mail an lerche@design-lerche.de. Informationen gibt es auch im Netz unter www.michael-lerche.de. Seine Werke sind bis 25. März in Frankenthal zu sehen.