Frankenthal Rück-Spiegel:

91-88487394.jpg

In der Adam-Opel-Straße sind sich am Dienstag für ein paar Stunden zwei Welten begegnet: Die Feier anlässlich der Grundsteinlegung für die im Industriegebiet geplante Moschee der Ahmadiyya Muslim Jamaat gewährte den Gästen Einblick in eine Gemeinschaft, die als integriert gelten möchte und deren zentralistisch-hierarchische Organisation doch zuweilen merkwürdig fremd wirkt. Der Auftritt des aus dem fernen London angereisten geistlichen Oberhaupts, Kalif Hadhrat Mirza Masroor Ahmad, mit seiner Respekt einflößenden Entourage sonnenbebrillter Leibwächter und den gepanzerten Limousinen war irgendwie irritierend. Warum Frauen mit Ausnahme der weiblichen Ehrengäste von den Männern getrennt in einem (kleineren) Zelt zu feiern hatten, beschrieb der Ahmadiyya-Bundesvorsitzende Abdullah Uwe Wagishauser sinngemäß so: „Wir sind zwar offen, aber wir sind auch wertkonservativ.“ Auch das ist irgendwie irritierend. Doch auch die Ahmadi-Muslime sollten ein Gefühl bekommen haben, dass die Grundsteine für den großen Traum vom eigenen Gebetshaus zwar gesetzt sind, es für ihr Projekt aber durchaus ein paar Hindernisse zu überwinden gilt. Da wäre der noch ausstehende Bauantrag. Oberbürgermeister Martin Hebich signalisierte in orientalischer Blumigkeit, dass die Stadt die Pläne genau zu prüfen gedenkt. Mit seinem Gastgeschenk, einem Bäumchen, verknüpfte er den Hinweis, dass es aus dem Rathaus gewiss noch ein paar Auflagen bei der Begrünung des kargen Baugrunds geben werde. Der weißbärtige Kalif nahm es mit der Würde desjenigen, der sich mit weltlichem Kleinkram gar nicht erst abzugeben braucht. Schon viele Jahre macht sich der Trend zum Großanbieter und Internetkauf in allen Branchen bemerkbar. So ist es sicher auch nicht verwunderlich, dass kleine Biogeschäfte, die oft an Tante-Emma-Läden früherer Zeiten erinnern, inzwischen verdrängt werden. Vor allem Familien, bei denen in der Regel beide Partner berufstätig sind, haben oft nicht mehr die Zeit oder vielleicht auch nicht die Lust, mehrere Läden aufzusuchen. Also wird bei Bio-Lebensmitteln und Kosmetik gern ein Supermarkt angesteuert. Schade, denn die kleinen Läden, egal welcher Branche, bieten nicht nur ausführliche Beratung, sondern auch das Gefühl, der Kunde sei mit seinen Fragen willkommen. Deshalb ist das Anliegen der Initiative zum Erhalt des Biomarkts Schwarzwurzel sehr lobenswert. Dafür Mitstreiter zu finden, die ehrenamtlich tätig werden wollen, dürfte aber schwierig werden. Außerdem erhebt sich die Frage, warum sie das tun sollen. Mit dem Verkauf wird Geld verdient und bisher sorgte der Biomarkt ja offenbar auch für ein Auskommen. Heute Abend beginnt die Lambsheimer Kerwe – und die nach Einwohnern größte Ortsgemeinde der Verbandsgemeinde Lambsheim-Heßheim ist in der Bredouille: Ihr ist der Kerweborsch abhanden gekommen. Jetzt sucht sie einen Nachfolger. Und zwar über das Amtsblatt für eingefleischte Lambsheimer und solche, die sich dafür halten. Denn so ein Kerweborsch muss über Insiderwissen verfügen, also wissen, wer mit wem (politisch gesehen natürlich) und wo es rumort, wo Sand im Dorfgetriebe ist. Und charmant soll er auch sein. Nein, nicht erst den Ortsbürgermeister fragen, was er sagen darf. Als richtigen Kerweborsch soll ihn die Damenwelt lieben, ihn wie Mücken umschwärmen. Insofern sollte sich kein steifer Lokalpolitiker angesprochen fühlen. Die sind manchmal weniger charmant, reden dafür gerne um den heißen Brei herum. Aber Brei will das Volk zur Kerwe nicht, sondern eben Deftigeres. Und scharfzüngig soll der Charmebolzen auch sein, also Gerüchte unerschrocken aufgreifen, kein Blatt vor den Mund nehmen. Ob es diesen Mann tatsächlich gibt? Vielleicht sollte die Gemeinde lieber die Suche ausweiten. Auf eine Kerwemaid ... | Jörg Schmihing

Ihre News direkt zur Hand
Greifen Sie auf all unsere Artikel direkt über unsere neue App zu.
Via WhatsApp aktuell bleiben
x