Frankenthal Pop ist wie ein Polaroid

Stefan Gebert (Saxofon) und Frank Steuerwald (Piano) erzählten Geschichten rund um berühmte Songs aus Rock und Pop.
Stefan Gebert (Saxofon) und Frank Steuerwald (Piano) erzählten Geschichten rund um berühmte Songs aus Rock und Pop.

In Melodien und Gefühlen schwelgen konnten am Sonntagabend rund 60 Zuschauer im Foyer des Theaters Alte Werkstatt (TAW) bei der Musikshow „Meilensteine live!“. Die Mannheimer Musiker Stefan Gebert (Saxofon, Gesang) und Frank Steuerwald (Piano) erzählten Geschichten rund um berühmte Songs aus Rock und Pop und spielten dazu 22 Hits von Supertramp, Queen, Billy Joel, Robbie Williams, Herbert Grönemeyer und Wolfgang Ambros.

Wer kennt es nicht, das Saxofon-Solo aus Gerry Raffertys „Baker Street“? Gebert, Saxofonist seit Schülerband-Zeiten, zelebrierte Richi Jones’ unsterbliches Blues-Riff von 1978 mit Inbrunst. Jones hatte dafür einst schlappe 50 Pfund Gage bekommen – und konnte fortan für Abba, Pink Floyd und Tina Turner spielen. Dutzende von Storys wie diese über Helden und Hits, die quasi aus dem Nichts entstehen, hat Radiojournalist Gebert für seine Morgensendung „Kickstart“ bei Radio Regenbogen 2 recherchiert und in einer Zwei-Mann-Musikshow zusammengestellt. Ein Programm, das changiert zwischen Infotainment und Jukebox. Saxofon spielen, vorlesen, singen – dass auch Männer multitaskingfähig sind, bewies der Pophistoriker volle drei Stunden lang. Er las verblüffende Geschichten vor, seine Liedtext-Rezitationen gingen ans Herz, er spielte das Saxofon mit Leidenschaft und sang mit rockiger Stimme und sanfter Seele. An seiner Seite: Frank Steuerwald am Keyboard. Gelassen bediente der Musikkollege aus Ladenburger Gymnasialzeiten die Tasten, brillierte mit ausgedehnten Solopassagen unter anderem bei Supertramps jugendlichem Selbstfindungssong „School“ und Santanas instrumentalem Sonnenaufgangsstück „Europa“ und ließ den Elvis-Revival Song „Crazy Little Thing Called Love“ – von Freddy Mercury (Queen) in einer Münchner Badewanne ersonnen, in bester Rock’n’Roll-Manier brennen. Das Publikum erfuhr einiges über die Hintergründe der Hits – etwa über Bruce Springsteens reimverliebten „Schwachsinnstext“, der als Coverversion „Blinded By the Light“ für Manfred Manns Earthband ein Erfolg wurde. Und dass Wolfgang Ambros und André Heller eine lyrisch intensive Austria-Version von Bob Dylans „Forever Young“ machten: „Du sollst vor Liabe brenna, un vor Begeisterung un wann’s willsd, bleibst imma jung.“ Was macht einen Hit zum Hit? Die eine Antwort konnten Gebert und Steuerwald auch nach 22 eingehend sezierten Songs erwartungsgemäß nicht geben. Stattdessen lieferten sie viele Ansätze zum Verständnis: Manchmal führe bescheidenes Können zum Erfolg – etwa bei den richtigen drei Akkorden in Supertramps „Give a Little Bit“ – manchmal gar eine Katastrophe wie das Schulmassaker 1978 in Kalifornien, das Bob Geldof und seine Boomtown Rats zu „I Don’t Like Mondays“ inspirierte. Manchmal hat ein Lied mehrere Leben wie „I Ain`t Got Nobody“ alias „Schöner Gigolo, armer Gigolo“. Wie sagte doch die Neue-Deutsche-Welle-Begründerin Annette Humpe: „Jeder bunte Popsong ist wie ein Polaroid.“ Mit ihrem musikalischen Bilderalbum waren Gebert und Steuerwald zum zweiten Mal zu Gast im TAW – und hoffentlich nicht zum letzten Mal. Ihr Kompendium durften sie erst nach zwei Zugaben („Ride Like the Wind“ und „Take the Long Way Home“) wieder zuklappen.

x