Frankenthal Pointen und Politmission

Das obligatorische Weizenbier und ein Stehpult reichen Urban Priol als Kulisse aus. Daraus und aus Ereignissen wie der Papstwahl, der Fußball-WM und dem Bau des Flughafens BER bastelt der Kabarettist einen dreistündigen Abend. Wie am Donnerstag im Wormser Theater erklärt der Kabarettist in seinem Rückblick auf das Jahr 2014 den Zuschauern mal eben die Irrungen und Wirrungen der Weltpolitik.

Urban Priol teilt nicht nur aus, er steckt auch ein – und zwar auf selbstironische Weise: Er weiß wohl, dass seine Programme durchaus auch kürzer sein könnten. Es gebe ein Früh-Café in Worms, habe er gehört, das mache um halb sechs auf, „bis dahin müssten wir eigentlich ...“. Lautes Gelächter im Saal. Auch zwischendurch stichelt der Kabarettist über die Männer, deren Mütter die Karten für sein Programm gekauft haben, und die jetzt im Theatersaal die Zeit absitzen müssen. So dürfte es allerdings keinem der Zuschauer im ausverkauften Saal gehen – Urban Priol sorgt dafür, dass nie Langeweile aufkommt. Sicher, ein Abschweifen kann man sich nicht erlauben – ein Priol erfordert Konzentration in seinem anspruchsvollen Programm. Bekannt ist er für seinen höchst politischen Humor. 2014 sei ein Jahr, „in dem wir 100 Jahren Erster Weltkrieg, 75 Jahren Zweiter Weltkrieg und 25 Jahren Mauerfall gedenken – drei großen deutschen Tragödien ...“. Deutschland habe Silberhochzeit gefeiert, „statistisch gesehen werden da die meisten Ehen geschieden“. Priol ist mittendrin. Nach seiner anfänglichen Selbstironie sind jetzt die anderen dran: Horst Seehofer beispielsweise, der „Alpen-Taliban“, der mit seinem Radikalkurs „Wer betrügt, der fliegt“ gegen Rumänen und Bulgaren als „Anti-Europäer“ in der Kritik stand. „Nach sieben Jahren EU-Zugehörigkeit waren auf einmal alle völlig überrascht, dass Rumänen und Bulgaren auch arbeiten dürfen“, bemerkt Priol dazu. Er imitiert einen klassisch-traditionellen bayerischen Ureinwohner-Stammtisch: „Der Seehofer sagt, was wir denken, und wir denken, was der sagt.“ Dann ist da noch die Rede vom Alexander Dobrindt, dem „mentalen Einzeller“, und vom „Drohnen-Tommy“ Thomas de Maizière, der von „der letzten Blendgranate im Munitionsdepot der Bundeswehr“ (Ursula von der Leyen) als Verteidigungsminister abgelöst wurde. „Dann kam die Bahn und sagte: Freunde, den kriegen wir bei uns nicht auch noch unter – unser Luschen-Parkplatz ist voll. Und dann hat die Union gesagt: Okay, dann wird er Innenminister, Hauptsache weg von der Straße.“ Natürlich darf auch Angela Merkel nicht fehlen, „das Loipen-Luder“, das in den Augen von Priol „nichts, aber auch gar nichts kann, nicht einmal Langlaufen“. Als sie in den ersten Wochen des Jahres auf Krücken ging, habe der Regierungssprecher immer von „Gehhilfen“ gesprochen. „Ich habe immer nur Gehilfen verstanden – das hätte es ja auf den Punkt gebracht“, so der Kabarettist. Urban Priol bringt Politik auf den Punkt. Manchmal erwischt man sich selbst dabei, über Dinge zu lachen, die aber bei näherer Betrachtung durchaus der Realität entsprechen. Priols probates Stilmittel ist es, manche Gedanken nicht zu Ende zu sprechen, sondern sie bei Halbsätzen zu belassen und mit der Fantasie der Zuschauer zu spielen. Nach dem Ende von Priols mehr als dreistündigem Mammut-Programm haben in Worms übrigens die Restaurants bereits geschlossen und die Bäckereien noch nicht auf. Egal, man wird noch eine ganze Weile zehren von Priols Mix aus Pointen und Polit-Missionierung.

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