Frankenthal „Muss Kompromisse machen“

Im Sommer, wenn überall Straßen- und Weinfeste gefeiert werden, haben viele Unterhaltungsbands Hochsaison. Auch Gitarrist Christopher Wüst, der mit seiner eigenen Band und bei den Beat Brothers Hits der 60er- und 70er-Jahre spielt, hat zurzeit einen vollen Terminkalender. Wir sprachen mit ihm über das Leben als Berufsmusiker und fragten, was einen 26-Jährigen an den Pilzköpfen aus Liverpool fasziniert.

Vor gut 50 Jahren hatten die Beatles ihre großen Erfolge. Sie sind grade mal halb so alt. Was reizt Sie an der Musik?

Die Beatles sind für mich der Prototyp einer Rockband: vier Freunde, die Musik machen, weil sie Spaß daran haben, ohne große Technik, ehrlich und roh. Im Grunde ist ihre Musik das, was dabei herauskommt, wenn man eine Gitarre in die Hand nimmt. Es ist deshalb schwer, sich nicht von den Beatles inspirieren zu lassen. Ihre Eltern wird’s freuen, ist das doch die Musik ihrer Jugend. Diese Vorliebe kommt nicht von meinen Eltern – obwohl sie bei vielen Konzerten dabei sind. Würde ich Metal-Musik spielen, wäre das sicher nicht so. Ob man diese Musik der 60er mag, ist also für Sie keine Frage des Alters? Überhaupt nicht. Es gibt ja auch viele Britpopbands wie Oasis oder Coldplay, die von den Beatles beeinflusst sind. Das hören dann auch jüngere Leute. Trotzdem sind Sie in Ihren Bands mit Abstand der Jüngste. Das liegt eher daran, dass sich in meinem Alter wenige trauen, Berufsmusiker zu werden. Wenn man das aber richtig machen will, braucht man Profis als Kollegen, die richtig Zeit investieren können. Beatles-Fan oder Stones-Fan, das waren vor 50 Jahren zwei verschiedene Welten. In Ihren Programmen sind diese aber friedlich vereint, oder? Ich bin definitiv mehr Beatles-Fan. Aber das Ganze war wohl eher eine geschickte Marketingmasche, die Bands selbst sahen das nicht so. Es ist auch zu einfach zu sagen, dass die Beatles die Braven waren. Sie hatten in ihrer Laufbahn eine große Bandbreite mit Pop, Rock, Folk und psychedelischer Musik und waren vielfältiger als die Bluesrock-Helden von den Stones. Träumt man als Musiker davon, auch mal so berühmt wie die Pilzköpfe zu werden? Klar, der Traum ist, mit einer Gruppe von Kumpels und eigener Musik erfolgreich zu sein. Aber man kommt als Berufsmusiker schnell in der Realität an. Und wie sieht die aus? Man muss vielfältig und für vieles offen sein. Nur sein eigenes Ding durchziehen, das klappt nicht. Spielen Sie deshalb auch mit Ihrer Band mehr Covers als eigene Stücke? Wenn ich eine Firma habe, muss ich auch das anbieten, was die Leute kaufen wollen. Es gibt einfach eine größere Nachfrage nach Coverbands. Sobald man den Lebensunterhalt damit verdient, muss man Kompromisse machen. Was aber nicht heißt, das man sich komplett verbiegt. Eigene Homepage, Infos auf Facebook – was gehört heute dazu, um auf sich aufmerksam zu machen? Ohne Internet könnte ich mir nicht vorstellen, Musiker zu sein. Wer bucht Bands, wo kann man spielen: Alles läuft darüber. Veranstalter kommen heute nicht zu einem Konzert, sondern schauen sich ein Video auf Youtube an, bevor sie einen buchen. Auf Ihrer eigenen Internetseite bieten Sie auch Wohnzimmerkonzerte vor kleinem Publikum im privaten Rahmen an. Wie oft wurde das schon gebucht? Ich werde immer mal wieder bei Auftritten angesprochen und mache das gerne. Das sind dann meist Solokonzerte mit akustischer Gitarre beim Gartenfest oder runden Geburtstag. Und Sie können von der Musik leben? Ja. Neben den Auftritten mit den beiden Bands gebe ich auch noch Gitarrenunterricht, meine Frau arbeitet ebenfalls freiberuflich und macht musikalische Früherziehung an der Musik- und Malschule. Mit drei Kindern ist das mutig, oder? Ich hätte mehr Angst, wenn ich von einem Arbeitgeber abhängig wäre, der mir immer nur befristete Verträge anbietet. Ich habe zwar viel Arbeit, auch mit der Organisation von Engagements und Proben, aber ich kann mir meine Zeit selbst einteilen. Jetzt im Sommer haben Sie Hochsaison. Ja, leider. Ich würde die Auftritte lieber mehr über das Jahr verteilen. Mit meiner eigenen Band geht das etwas besser. Wir treten oft in Musikclubs auf, etwa in Janssens Musikbar in Leimen. Und in Frankenthal? Hier entsteht ja gerade das Kulturzentrum Gleis 4. Ich hoffe, dass es dort regelmäßig gut besuchte Konzerte geben wird.

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