Frankenthal Manager von Falco: „Er war nicht schwierig, er war professionell“

Zehnmal Gold und dreimal Platin bekam Falco für seine Plattenverkäufe allein in Deutschland. Hier 1986 mit Manager Horst Bork.
Zehnmal Gold und dreimal Platin bekam Falco für seine Plattenverkäufe allein in Deutschland. Hier 1986 mit Manager Horst Bork.

Interview: Auch über 20 Jahre nach seinem Tod sorgt Superstar Falco für ausverkaufte Säle. Für ein Musical, das am Montag, 14. Januar, im Congress-Forum Frankenthal an eines der größten Genies in der Geschichte der deutschsprachigen Popmusik erinnert, gibt es keine Tickets mehr. Wir sprachen mit Falcos ehemaligem Manager Horst Bork darüber, wie exzentrisch der Sänger, der mit bürgerlichem Namen Johann „Hans“ Hölzel hieß, wirklich war.

Das Lied „Jeanny“ löste vor 33 Jahren einen der größten Skandale in der Geschichte der deutschen Popmusik aus. Der Vorwurf: Es verherrliche eine Vergewaltigung. War der Eklat für Falcos Karriere förderlich oder hinderlich?

Sicher förderlich. Uns war klar, dass die Interpretation des Songs von Falco in Kombination mit dem Video provokant ist, aber nicht, dass die Sache so hohe Wellen schlagen würde. Ich hätte in meinen kühnsten Träumen nicht zu hoffen gewagt, dass man uns dieses wunderbare Geschenk „Boykott“ machen würde. Nachdem sich Dieter Kronzucker im ZDF-heute-Journal mit harschen Worten gegen den Song ausgesprochen hatte, wurden täglich mehr als 90.000 Exemplare der Single verkauft. Und die Geschichte wirkt bis heute nach. So gab es zuletzt kritische Reaktionen, als Helene Fischer 2016 mit unserem Falco-Darsteller Alexander Kerbst „Jeanny“ sang. War Falco aus Sicht des Managers ein schwieriger Künstler? Falco war nicht schwierig, er war sehr professionell, wenn es um seine Karriere ging. Schwierig war er nur bei Details. Wie sehr haben Sie versucht, ihn zu ergründen? Man versucht bei jedem Menschen, mit dem man über lange Jahre privat oder geschäftlich zu tun hat, hinter die Fassade zu gucken. Mir ist das bei Falco weitestgehend gelungen, aber es gab auch Bereiche, die mir verborgen blieben. Zum Beispiel sein Privatleben. Da habe ich oft den Kopf geschüttelt und gedacht: „Das verstehe ich nicht.“ Falco ließ einen Sechs-Millionen-Dollar-Deal mit Virgin-Records-Gründer Richard Branson platzen und verweigerte sich einem geplanten Duett mit Madonna. Welche Vorstellungen hatte er von seiner Karriere? Sicher welche, die sich mit meinen nicht gedeckt haben. Manager sind mehr aufs Geschäft fixiert, während die Künstler mehr den kreativen Aspekt sehen. Wir haben immer versucht, die elementaren Dinge der Zusammenarbeit zu diskutieren. Falco war offen für vernünftige Argumente. Was war für Sie der bewegendste Moment mit Falco? Vielleicht in unserem gemeinsamen Arbeitsurlaub in Italien. Am dritten Tag beschwerte ich mich bei ihm, dass bei meinem Frühstück immer irgendetwas fehlte. Am letzten Tag hat er mir dann selbst das Frühstück gebracht, und da war wirklich alles drauf. Er sagte zu mir: „Heute ist das Frühstück tutto completo.“ Falco konnte ein sehr herzlicher und liebenswürdiger Mensch sein. Das war ein ganz bewegender Moment. Falco hatte einen selbstzerstörerischen Anteil, den er nicht kontrollieren konnte. War das seine Art, mit dem Druck umzugehen? Ich glaube, dass aus dem Druck, der sich da aufgebaut hat, große Selbstzweifel erwachsen sind. Als dann die ganz großen Erfolge ausblieben, hat ihn das unwahrscheinlich getroffen. Für die Medien war eine Nummer 9 in Amerika schon eine Niederlage. Einmal rauschte er mit seinem Peugeot 205 durch die Glasschiebetür eines bekannten Wiener Hotels und blieb kurz vor der Bar stehen. Ein anderes Mal zerschlug er all seine Gold- und Platinplatten. An welche Katastrophe erinnern Sie sich besonders gut? Am Spektakulärsten war, als er in Tokio im Hotel die Sprinkleranlage auslöste, weil er ein brennendes Stück Papier unter die Tür geschoben hatte. Das war leider auch das kostspieligste Ereignis. War Ihr Künstler gegen solche Katastrophen versichert? Nein, das musste aus der eigenen Tasche bezahlt werden. Er war sich dessen bewusst und hat auch gar nicht groß rumdiskutiert. Er ärgerte sich sogar über sein Verhalten und bemühte sich, dass so etwas nicht mehr vorkam. Wie bewerten Sie heute, knapp 21 Jahre nach seinem Tod, Falcos Einfluss auf die deutschsprachige Musik? Darüber könnte man jetzt eine mehrseitige Abhandlung verfassen, ich versuche es in einigen Sätzen: Falco hatte vom ersten Moment an die Absicht, auch außerhalb der deutschsprachigen Grenzen erfolgreich zu sein. Und sein Beispiel, neue Wege zu gehen und alle musikalischen Konventionen außer Acht zu lassen, hat sicher eine Generation von Musikern beeinflusst. Er hat mit unverschämter Selbstverständlichkeit seinen Weg gesucht und gefunden. Als deutschsprachiger Sänger peilte er von Anfang an eine Weltkarriere an. Muss man im Musikgeschäft ein bisschen größenwahnsinnig sein, um vorwärts zu kommen? Größenwahn ist sicher nicht sehr hilfreich, aber eine Portion Mut bis hin zum Übermut gehört unbedingt dazu. Erfolg in Falcos Dimensionen funktioniert nur, wenn alle Parameter im entscheidenden Moment deckungsgleich sind, dann kann etwas Großartiges passieren. Worauf haben Sie bei der Zusammenarbeit mit Falco besonderen Wert gelegt? Als Künstler wird man unter anderem am Erfolg gemessen. Der Künstler erwartet, dass man als Manager den Erfolg nicht verwaltet, sondern weiterführt. Falco hat keinen Hehl daraus gemacht, dass sein Hauptaugenmerk auf den Einnahmen lag. Was ja nichts Negatives ist für einen Künstler. Nur ein toter Star bewegt die Menschheit noch mehr als ein lebender, siehe Michel Jackson. Gibt es Parallelen zwischen ihm und Falco? Es ist in der Branche ein offenes Geheimnis, dass Künstler nach ihrem Tod sehr gut verkaufen. Zwischen Michael Jackson und Falco gibt es jedoch einen kleinen Unterschied: Falco hatte zum Zeitpunkt seines Todes bereits eine neue Platte eingespielt. Die wäre sowieso veröffentlicht worden. Durch seinen Tod bekam sie bloß einen anderen Twist. Plattenfirmen sind keine karitativen Einrichtungen. Warum sollten sie nicht die Früchte ihrer Investitionen ernten? Es gab bereits das Musical „Falco Meets Amadeus“ und „F@lco – A Cyber Show“. Was hat „Falco – Das Musical“ dem Mythos noch hinzuzufügen? Es ist die erste echte Musical-Biografie, die sich dem musikalischen Werdegang des Popstars Falco und dem Menschen hinter den Kulissen nähert. Es gibt Schattenseiten in Falcos Leben, die man nicht verschweigen sollte. Das Musical gibt Einblicke in die Gefühlswelt von Johann Hölzel und setzt dem Weltstar Falco damit dennoch oder gerade ein würdiges Denkmal. Träumen Sie in manchen Nächten noch von Falco? Nein, eigentlich nicht. Ich bin mit einem heilsamen Schlaf gesegnet und habe keine Albträume. Ich habe meistens sehr angenehme Erinnerungen an die Zeit, die wir zusammen verbracht haben. Zur Person Der Ingolstädter Horst Bork arbeitete 1982 für eine Plattenfirma, als er in Wien Johann Hölzel kennenlernte. Er nahm den noch relativ erfolglosen Sänger exklusiv unter Vertrag und brachte ihn mit den Hit-Produzenten Bolland & Bolland zusammen. Bork war für Falco Manager, Berater, Geschäftspartner und Freund. Die Zusammenarbeit endete 1993. 2007 war Bork Fachberater für das biografische Filmdrama „Falco – Verdammt, wir leben noch!“, 2009 erschien sein Buch „Falco: Die Wahrheit“. Auch bei „Falco – Das Musical“ war er Berater. Bork arbeitete mit Shirley Bassey, Ike & Tina Turner, Chris Rea, Udo Lindenberg, Elton John, den No Angels und BroSis. Der 67-Jährige berät heute Promi-Köche, Show-Magier und Musiker. Er ist seit 42 Jahren mit Ehefrau Marianne verheiratet. 

„Falco - Das Musical“ (hier eine Szene) setze dem Weltstar ein würdiges Denkmal, findet der ehemalige Manager Horst Bork.
»Falco - Das Musical« (hier eine Szene) setze dem Weltstar ein würdiges Denkmal, findet der ehemalige Manager Horst Bork.
Alexander Kerbst, Hauptdarsteller des Falco-Musicals, mit Horst Bork in Wien.
Alexander Kerbst, Hauptdarsteller des Falco-Musicals, mit Horst Bork in Wien.
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