Frankenthal Kostümwechsel im Zirkustreiben
Eine Treppe in der Mitte, rechts und links rote Vorhänge, oben eine große 25: Viktor Viktoria feiert ihr Jubiläum. Die Travestiegruppe ist nun ein Vierteljahrhundert auf der Bühne präsent, und im Theater Alte Werkstatt (TAW), wo man seit zwei Jahrzehnten regelmäßig zu Gast ist, war am Freitag die Premiere der neuen Show „Traumland der Fantasie“. Der überwiegende Teil der gut zwei Dutzend Programmpunkte war auch für eingefleischte Fans neu.
Das Travestiequartett bietet wie erwartet wieder einen opulenten Augenschmaus mit vielfältigen bunten Kostümen und Lichteffekten. Allein 58-mal ziehen sich die Künstler während der Show um. Der Ton kommt nur teilweise aus der Konserve, überwiegend wird live gesungen, wobei die eben doch etwas dunkleren Stimmen der Akteure reizvoll kontrastieren zu ihrem Outfit und den imitierten, teilweise auch karikierten Stars. Helene Fischer, Cher und auch Tina Turner werden recht ausdrucksvoll verkörpert; parodistisch wird’s, wenn Altstar Heino mit seinem rumpeligen Auftritt dem Disco-Duo Baccara seinen Rhythmus aufzwingt. Jeder der vier Künstler (oder sollte man vielleicht doch Künstlerinnen sagen?) durfte sich für die gezeigten Höhepunkte aus früheren Auftritten ein Lieblingsstück aussuchen. Egal, ob altes oder neues Material – jeder der Vier hat seine ganz eigene Ausdrucksfähigkeit. Priscilla (Armin Eltze) gesteht mit laszivem Hüftkick, dass Liebe ihre Rebellion ist, während Fabienne (Jürgen Walter) im langen Paillettenkleid schwungvoll-augenzwinkernd ihre Wünsche artikuliert. Herzblut bringt Oliver Dietrich rüber, wenn er gleich anfangs beteuert „Die Show ist mein Leben“ oder später sehnsuchtsvoll vom Clownsein träumt. Andreas Adams beweist eine für seine Stämmigkeit erstaunliche Bewegungsfreude nicht nur beim Tina-Turner-Medley. Für große Heiterkeit im Publikum sorgt der makaber-skurrile Auftritt zweier Rollator-Omas (Oliver Dietrich und Jürgen Walter), die frei nach Georg Kreisler vom Taubenvergiften im Park schwärmen. Zwischen den Einzel- oder Paarauftritten gibt es immer wieder Ensembledarbietungen. Da wird dann beispielsweise eine orientalische Zaubershow geboten, rhythmisch und optisch aufgemotzt unter anderem mit Farinas (Andreas Adams) üppigem Schleiertanz. Im munteren Zirkustreiben werden blitzschnelle Kostümwechsel demonstriert, und optisch, akustisch sowie choreographisch eindrucksvolle Tanz- und Gesangsformationen lassen Pariser Revueatmosphäre entstehen. Zum Finale wird dann noch mal tief in die Kostümkiste gegriffen: Farbe, Glimmer und Federn vereinigen sich zu einem opulenten Augenschmaus, der das Publikum zu begeistertem Beifall animiert. Im Nachspann wird die Atmosphäre noch einmal melancholisch: Abschminken, Demaskieren ist angesagt. Und so tauchen im schlichten schwarzen Overall die vier Akteure auf, die hinter der Maskerade stehen. Der Streifzug durch die Glitzerwelt ist beendet. Alles war eben doch nur „schöner Schein“. Von Mittwoch bis einschließlich Samstag sind Viktor Viktoria mit ihrer schillernden Traumlandpoesie noch im TAW präsent. Die Aufführungen beginnen jeweils um 20 Uhr. Restkarten sind noch verfügbar, sodass man eigentlich nur raten kann: ansehen und genießen.