Frankenthal Jeder hat sein Päckchen

„Ansichtssache“ im Kunsthaus Frankenthal ist eine Ausstellungskooperation des Kunstvereins „Die Treidler“ und des Berufsverbands Bildender Künstlerinnen und Künstler (BKK) Rheinland-Pfalz. Zu sehen sind Arbeiten von 20 BBK-Mitgliedern in einer attraktiven Schau. Dass diese optisch nicht auseinanderfällt, bewirkt ihr konzeptioneller Grundzug. Die von einer externen Jury aus rund 40 Bewerbungen ausgewählten Künstler haben das Thema aus einer persönlichen Perspektive bearbeitet. Ein Rundgang.

Eine Vorgabe des BBK bei der Ausschreibung war, dass die eingereichten Werke nicht traditioneller Natur, sondern außergewöhnlich sein müssen. Dadurch sollen sie zur Diskussion herausfordern. Die geforderte Genetik der Werke entspricht dem Konzept der aktuellen Schau im Frankenthaler Kunsthaus. Denn die Objekte haben einen auffordernden Charakter, drängen den Betrachter, sich mit ihnen auseinandersetzen zu wollen. Die Schau zeigt Konzeptkunst. Auf den Punkt gebracht heißt das, Gedanken zu visualisieren. Das macht sie interpretationsoffen, aber auch interpretationsbedürftig. Die Veranstalterinnen Alis Hoppenrath, Vorsitzende der Treidler, Sylvia Richter-Kundel und Anne-Marie Sprenger, Vorsitzende und Stellvertreterin des BBK, kamen diesem Bedürfnis bei der Ausstellungseröffnung entgegen, indem sie anstelle der üblichen Laudatio zu einem geführten Rundgang einluden. Eine gute Idee, die öfter umgesetzt werden sollte. Meist stehen in Gruppenausstellungen die großformatigen Gemälde im Vordergrund, im Kunsthaus jedoch sind es durch Menge und Verschiedenheit die kleineren luftigen Arbeiten auf Papier. Matthias Strugalla zeichnet in Graphit und Tusche „Ansichten“ vom Menschen. Bei Hedda Wilms sind es Muster von Piktogrammen in Tusche und Bleistift. Veronika Olma setzt Digitaldruck für ihre Zeichnungen in Landkartenoptik ein. Rita Eller gestaltet ein „Künstlerbuch“ aus weißen, leeren, transparenten Büttenpapierblättern. Collage-Technik war in letzter Zeit etwas aus dem Blickfeld geraten, in der Frankenthaler Ausstellung findet sie vielfältige Anwendung. Christine Fischer, die im Vorjahr den Pfalzpreis für Plastik erhielt, baut aus farbigen Papieren kompakt wirkende Bilder. Mittels Aufgeklebtem verwandelt Sylvia Richter-Kundel gewöhnliche Tüten in „Wundertüten“ (wir berichteten). Papieroptik prägt auch die beiden raumgreifenden Installationen in der Ausstellung. Usch Quednau ordnet eine Ansammlung von Kartons der lebensgroßen Zeichnung eines Menschen zu. In den Kartons sind verrostete Stahlhelme und anderes Kriegsgerät verpackt. Die „Botschaften“, so der Titel, sind einfach zu lesen. Die Videoinstallation „Heterotopie“ von Berit Jäger ist komplizierter. Ästhetisch gesehen ist Jägers Beitrag einer der interessantesten der Schau: In einem Holzlatten-Gestell sind vier papierbogenartige weiße Flächen hintereinander montiert. Die hineingeschnittenen Öffnungen werden nach hinten zunehmend größer, die letzte Fläche besteht nur noch aus gezackten Rändern. Schaut man von vorn, sieht man durch kleine Fenster die Videoprojektion einer Frau in einem komplexen Raum, die dabei ist, die Scheibe zu putzen, durch deren Guckfenster man sie beobachtet. Sieht man von der rückwärtigen Seite in den Raum hinein, erscheint die Frau wie eine Schattenfigur. Man meint ein Vexierbild in einem luftleeren Raum zu sehen. Die Erklärung der Künstlerin selbst ist profan. Es gehe ihr um die unterschiedliche Rolle der Frau in verschiedenen Lebensräumen: Familie, Beruf, Weiterbildung. So reiben sich Absicht und Wirkung bisweilen in der banalen Realität des Ausstellungsraums. Einfach sind die Botschaften der großformatigen Gemälde. Vera Zahnhausens Wohnwagen-„Standort“: Prekariat. Violetta Vollraths „Nachrichten aus dem Wald“: aktualisiertes Jagdbildzitat. Katharina Worrings „Aus dem Rahmen fallen“: innere Landschaft. Die Plastiken sind dinghaft einmotivisch: Stühle aus Stahlstäben bei Uli Schreiber, Lasercut eines Autos bei Jesco von Puttkamer.

x