Frankenthal Frankenthal: JVA-Mitarbeiter prangern Missstände an

Weil die Notstromversorgung während eines Stromausfalls versagte, waren die Türen zu den Hafträumen der JVA elektronisch verrieg
Weil die Notstromversorgung während eines Stromausfalls versagte, waren die Türen zu den Hafträumen der JVA elektronisch verriegelt. Laut Ministerium konnten diese jedoch mit einem Spezial-Schlüssel geöffnet werden.

Dem Justizministerium liegt eine anonyme Dienstaufsichtsbeschwerde gegen Leiterin Gundi Bäßler vor.

Im Raum stehen teils gravierende Kritikpunkte. Unter anderem würden durch veraltete Technik die Sicherheit der Mitarbeiter gefährdet und Arbeitszeitregelungen wiederholt missachtet, heißt es aus dem Personalrat (wir berichteten). Diese und andere Vorwürfe werden in der anonymen Dienstaufsichtsbeschwerde, die der RHEINPFALZ vorliegt, wiederholt. Konkret wird dort zudem ausgeführt, dass jüngst bei einem Stromausfall die fernblockierbaren Schlösser nicht mehr zu öffnen gewesen seien. Mitarbeiter seien mit Gefangenen in den Hafthäusern eingesperrt gewesen.

Ministerium sieht keine Gefährdung des Personals

Das Justizministerium bestätigt den Vorfall. Die automatische Verriegelung für den Fall eines Stromausfalls sei aus Sicherheitsgründen erforderlich und deutlich besser als ein unkontrolliertes Öffnen der Türen, heißt es auf Anfrage. Durch einen technischen Defekt sei die Notstromversorgung nicht angesprungen. Der Fehler sei inzwischen behoben. Trotz der elektronischen Verriegelung hätten die Bediensteten die Türen mit einem extra Schlüssel öffnen und schließen können. Das Ministerium sieht deshalb keine Gefährdung des Personals. JVA-Leiterin Gundi Bäßler ergänzt, dass ihr gegenüber kein Mitarbeiter „von einer brenzligen oder psychisch belastenden Situation“ gesprochen habe. Noch bevor der Spezialschlüssel aus seinem Depot geholt war, seien die Türen nicht mehr blockiert gewesen.

Ministerium: "Vorwürfe bekannt"

Weil die vorliegende Dienstaufsichtsbeschwerde anonym eingereicht wurde, werde diese nicht weiter verfolgt, so ein Ministeriumssprecher. Im Übrigen seien die Vorwürfe bekannt und bereits überprüft worden. Sie habe bereits im Zuge einer Sitzung des Rechtsausschusses im Januar Stellung dazu bezogen, sagt Bäßler. Das anonyme Schreiben, in dem viele Interna genannt werden, nennt sie „feige“. Sie weigere sich aber, ihre Mitarbeiter unter Generalverdacht zu stellen.

"Umfangreiche Baumaßnahmen bekannt"

Missstände in der JVA Frankenthal sind der Fachabteilung des Ministeriums nicht bekannt. Wie im gesamten rheinland-pfälzischen Justizvollzug sei die hohe Auslastung belastend. Der Zustand des Gebäudes aus den 70er-Jahren sei „nicht mehr der beste“. Es stünden viele aufwändige Sanierungen an. Der Landesbetrieb Liegenschafts- und Baubetreuung (LBB) sei seit Längerem eingeschaltet und plane umfangreiche Baumaßnahmen.

Personalrat sieht sich bei Mitbestimmung beschnitten

Der Personalrat der JVA sieht sich von wichtigen Planungen und Besprechungen, unter anderem nach dem Stromausfall, ausgeschlossen und so in seinem Mitbestimmungsrecht beschnitten. Bereits am Montag habe man eine Klage beim Verwaltungsgericht eingereicht, teilt der Vorsitzende des Gremiums, Jörg Jokisch, auf Nachfrage mit. Beim Ministerium wolle man prüfen lassen, ob das Landespersonalvertretungsgesetz übertreten worden sei.

Unterstützung von Unfallkassen?

Um kontrollieren zu lassen, ob der Arbeitsschutz ausreichend eingehalten werde, will der Personalrat die Unfallkassen kontaktieren. Diese zahlen im Falle eines Arbeitsunfalls für die gesetzlich Beschäftigten in dem Gefängnis – also alle Mitarbeiter, die nicht Beamte sind – unter anderem die medizinische Betreuung und Wiedereingliederung. Die Unfallversicherungsträger haben laut Gesetz jederzeit Zutrittsrecht zu den betreffenden Unternehmen, auch unangemeldet. Der Personalrat erhoffe sich hier Unterstützung in seiner Forderung nach verbesserten Vorkehrungen für Sicherheit und für den Gesundheitsschutz, sagt Jokisch.

Unfallrisiko: Fehlende Barrierefreiheit

In einem RHEINPFALZ-Gespräch im Januar hatten Mitglieder des Gremiums unter anderem kritisiert, dass es in der Sicherheitszentrale keine funktionierende Lüftungsanlage gibt. Trockene Luft und Wärmestrahlung in dem geschlossenen Raum seien eine Belastung für die Gesundheit der Mitarbeiter. Ein Unfallrisiko sei die fehlende Barrierefreiheit. Weil es keine Rampen gibt, müssten Inhaftierte im Rollstuhl von Mitarbeitern beispielsweise in den Hof getragen werden.

Im April kommt ein Staatssekretär

In der Sitzung des Rechtsausschusses im Landtag am 15. März werde Justizminister Herbert Mertin (FDP) ausführlich zu Vorwürfen aus der JVA Frankenthal und zur Situation des rheinland-pfälzischen Strafvollzugs Stellung nehmen, heißt es aus dem Ministerium. Im Januar hatten Fachleute aus der Praxis, darunter Jokisch als Vorsitzender der Fachkommission Strafvollzug der Gewerkschaft Verdi, in dem Gremium landesweit Missstände angeprangert. Im April werde Staatssekretär Philipp Fernis als Vertreter des Justizministeriums Frankenthal besuchen; dieser Termin sei unabhängig von den aktuellen Vorwürfen geplant gewesen, so ein Ministeriumssprecher.

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