Frankenthal Frankenthal: AEG hängt KG bei Neuanmeldungen ab

Am KG werden nach dem Sommer nur drei Eingangsklassen gebildet, am AEG dagegen neun.
Am KG werden nach dem Sommer nur drei Eingangsklassen gebildet, am AEG dagegen neun.

Die Anzahl der Neuzugänge an den beiden benachbarten Frankenthaler Gymnasien klafft erstmals stark auseinander: 245 Jugendliche wollen zum Albert-Einstein-Gymnasium (AEG), nur 81 zum Karolinen-Gymnasium (KG). Dessen Direktor Christian Bayer sieht die Außenwirkung eines kritischen Leserbriefs als eine von mehreren Ursachen.

Bislang waren beide Gymnasien mit 1200 bis 1300 Schülern nahezu gleich groß. Auch die Meldezahlen an beiden Schulen hielten sich mit Abweichungen die Waage. Bis auf 2013 lag stets das AEG vorne. So teilt die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) auf Anfrage mit: „An den Frankenthaler Gymnasien hatten wir in den letzten Jahren in der Regel 13 Klassen, aufgeteilt in sechs und sieben Klassen pro Schule.“ Dieses Jahr aber klafft die Schere erstmals weit auseinander: Beim AEG gingen 66 Anmeldungen mehr ein als 2017, am KG hat sich die Anzahl der Neuzugänge mit einem Minus von 83 halbiert. „Von Seiten der Schulaufsicht und aus pädagogischer Sicht kann über das Anmeldeverhalten der Eltern nur spekuliert werden“, teilt eine Sprecherin der ADD mit. „Fundierte Gründe wie veränderte Schwerpunktsetzungen oder neue pädagogische Konzepte hat es nicht gegeben.“ Neu ist Christian Bayer: Seit September 2016 ist er Direktor des KG. Er sieht die Ursachen in der fatalen Außenwirkung eines Leserbriefs in der RHEINPFALZ vom November 2017, die er nach eigenen Worten unterschätzt hat. Darin wurde Bayer vorgeworfen, in seiner Ansprache beim Tag der offenen Tür elitäre Maßstäbe an die Schule anzulegen. Im Brief hieß es: „Es wird das Problem der Vererbung des Bildungsniveaus verschärft. Das ist traurig.“ „Ich will nicht nur Akademikerkinder – das ist Quatsch“, sagt Bayer. Er glaubt, dass diese Vorwürfe auf fruchtbaren Boden fielen, da das KG ohnehin in der Bevölkerung als anspruchsvolle Schule galt. „Das hat mich sehr betroffen gemacht, denn es spiegelt so gar nicht meine pädagogischen Ansprüche und die meiner Kollegen wider.“ In der Tat habe er gesagt, dass die Bildungspolitik mehr verspreche, als die Realität halten könne. Aber er betont: „Wir bemühen uns um jedes einzelne Kind. Deshalb fühle ich mich so wohl am KG: Das ist eine Schule, wo man auch als Mensch ankommen darf.“ Bayer ist überzeugt, dass auch das Gros der Schüler zufrieden ist mit der Schule und gut lernt. Und der KG-Direktor glaubt daran, dass das Gymnasium die Schulform ist, die einen gesellschaftlichen Aufstieg ermöglichen könne – unabhängig vom Elternhaus. Das habe er auch bei der Informationsveranstaltung seinerzeit gesagt, verbunden mit einem „flammenden Plädoyer an die Eltern“, daheim den für das Lernen wichtigen Rahmen zu schaffen. Dass das KG bereits zuvor als elitär galt, macht sein Direktor an der sprachlichen Ausrichtung mit dem bilingualen Zweig fest. Die Einführung der zweiten Fremdsprache werde überall als große Erschwernis angesehen, da tauchten auf den Zeugnisse auf einmal vermehrt Fünfer auf. Und an einer Schule mit diesem Profil hätten die Sprachen eben einen besonders hohen Stellenwert. Jetzt suche man in den Fachschaften nach Wegen, den Schülern zu besseren Lernerfolgen zu verhelfen. Überhaupt habe der Einbruch der Anmeldezahlen am KG bewirkt, dass Prozess der Qualitätsverbesserung beschleunigt laufe, den er angestoßen habe, sagt Bayer. Er habe jetzt eine Konferenz einberufen, bei der er die Kollegen nach den Gründen und Verbesserungsideen befragt habe. Die Kollegen ihrerseits hätten sich unter den Schülern erkundigt. Jetzt soll ein Katalog der Änderungsvorschläge erarbeitet werden, die in Kollegium, Elternbeirat und Schülervertretung die meiste Zustimmung erhalten. Manche Probleme seien schnell zu lösen wie ein verbesserter Fluss der Informationen, die Lehrer über die Schüler wissen müssten. „Andere wie die Digitalisierung, der alle Schulen ohnehin hinterherhinken, brauchen mehr Vorlauf“, sagt Bayer. Neben dem genannten Effekt der Außenwirkung sieht der KG-Leiter noch weitere Gründe für den Einbruch der Anmeldezahlen. So habe der besagte Tag der offenen Tür am KG, an dem sich die weiterführenden Schulen vorstellen, unglücklicherweise zur gleichen Zeit auch an anderen Schulen in Frankenthal und Umgebung stattgefunden. Einen weiteren Grund sieht Bayer darin, dass sich Kinder klassenweise anderen anschließen bei der Schulwahl, um zusammenbleiben zu können. Die ADD bringt als mögliche Ursache auch noch vor, dass sich „die IGS in Frankenthal etabliert“ hat, „sodass auch hier Kinder angemeldet werden“. Insgesamt sind die Anmeldezahlen an beiden Gymnasien zusammengenommen in der Tat um 17 zurückgegangen, was eine ganze Klasse ausmacht. Warum dann die Zahlen am AEG so stark stiegen, dafür kann diese Erklärung allerdings nicht herhalten. AEG-Direktorin Sabine Schanz jedenfalls freut sich über den großen Zuspruch für ihre Schule. Er zeige, „dass die Arbeit der Kollegen geschätzt wird“. Beides seien normale Gymnasien, sagt sie zur Frage der pädagogischen Ausrichtung. Das AEG hebe sich durch seine Bläser- und Chorklasse und das Begabtenförderprogramm Begys ab. Die ADD-Sprecherin teilt mit, dass sie dem Elternwunsch entsprechen will. „Prinzipiell besteht kein Rechtsanspruch auf eine bestimmte Schule, sondern das Recht an einer Schule dieser Schulart einen Platz zu erhalten“, so die Sprecherin. „Ist allerdings Platz vorhanden, werden alle Kinder an der angemeldeten Schule auch aufgenommen. Diese Möglichkeiten sind in Frankenthal gegeben.“ So wird es am AEG im neuen Schuljahr neun Eingangsklassen geben, am KG nur drei. Das wird freilich die Raumnot am AEG noch verstärken. „Wir haben ja ohnehin seit Jahren viel zu wenig Platz“, sagt Schanz. Bis der seit Jahren angekündigte Erweiterungsbau des AEG steht und auch der gemeinsame Neubau von KG und Pfalzinstitut gebaut ist, werden derzeit Container für beide Schulen als Provisorium auf dem KG-Schulhof aufgestellt (wir berichteten mehrfach). Wie die beiden Direktoren sagt auch Oberbürgermeister Martin Hebich (CDU): „Beide Schulen stehen in einem guten Verhältnis zueinander.“ Bei Raumbedarf würden sie sich aushelfen. „Dies wird schon seit Jahren so gehandhabt und funktioniert auch.“ Der Raumbedarf kann also auch am AEG laut Hebich durch die geplanten Erweiterungsbauten und in der Zwischenzeit durch die Container abgefangen werden.

In Zahlen

  • Anmeldungen am AEG 2018: 245 (75 Prozent der Gymnasien), 2017: 179 (52 Prozent), 2016: 198 (62 Prozent), 2015: 180 (53 Prozent), 2014: 173 (53 Prozent), 2013: 121 (39 Prozent), 2012: 180 (65 Prozent).
  • KG 2018: 81 (25 Prozent), 2017: 164 (48 Prozent), 2016: 122 (38 Prozent), 2015: 160 (47 Prozent), 2014: 156 (47 Prozent), 2013: 187 (61 Prozent), 2012: 95 (35 Prozent).
x