Frankenthal Erdig, zart und verträumt

Ob es ein Wunder war oder Petrus einfach nur Lust auf Wunderfinger hatte, lässt sich schwer sagen. Auf jeden Fall blieb den Besuchern des Konzerts am Mittwochabend beim Frankenthaler Sommerfestival in der Erkenbert-Ruine trotz Wolkenhimmels die feuchte Ernüchterung von oben erspart. Dafür durften sie umso mehr die Musik genießen und dank der professionellen Bewirtung ohne lange Wartezeiten sich feucht-fröhlich der grandiosen Darbietung des Quartetts hingeben.

Wunderfinger erlagen nicht der Versuchung, die großen Hits in gefälliger Manier herunterzuspielen. Ihr sehr individuell gestaltetes Programm gab viel preis von den persönlichen Befindlichkeiten Fingerles und Wunders sowie des kongenialen Sängers und Percussionisten Jimy Carrow. Gemeinsam mit dem Drummer und Backgroundsänger Andy Pilder boten sie ein Musikerlebnis, das man so nur bei Wunderfinger hören kann. „Love Is The One You With“ gab den elektrisierenden Opener dieses außergewöhnlichen Abends. Der oft gecoverte Hit von Stephen Stills markierte einen Markstein des musikalischen Terrains, auf dem sich Wunderfinger bewegt: Herausragende Kompositionen von Elton John bis Burt Bacharach auf der einen, schwarze Musik aus Soul und Gospel, jazzige Balladen und Blues auf der anderen Seite. Elke Wunderle gab dabei die leidenschaftliche Frontfrau. Mal glänzte sie mit einer erdigen Soulstimme, dann wieder zart und verträumt, wenn sie jazzig und bluesig wie Billy Holiday „Moonlight In Vermont“ oder „The Ole Devil Called Love“ intonierte. Bill Withers „Harlem“ geriet zur eruptiven Liebeserklärung an die Welt des Gospels, die Wunderle dort bei einem Besuch vor zwei Jahren erleben durfte. Bacharachs „What The World Needs Now Is Love“ war die Antwort der Sängerin auf die brisante Weltlage, sie nannte die Stichworte Syrien, Isis, Israel und Palästina. Im Duo mit Andreas Finger, der seine Vorliebe für Elton John und Billy Joel nicht verleugnete, gab Wunderle eine spritzige Kiki Dee in „Don’t Go Breaking My Heart“. Finger ist als Elton-John-Interpret unschlagbar. Seine eindringliche und doch verhaltene Stimme, die kunstvoll vertrackte Art seines Klavierspiels, der ganze Habitus ließen das Vorbild lebendig werden. Auch die Einflüsse eines Stevie Wonder und Ray Charles waren unverkennbar. Fingers Spielwitz und Tastenkunst ist ein Garant dafür, dass sich die Titel des Quartetts in dieser Formation überhaupt spielen lassen. Neben den Stimmen ist er das einzige Melodie- und Harmonieinstrument. Er sorgt für einen groovigen Bass, Synthesizersounds mit ebensolcher Selbstverständlichkeit wie für die Piano und E-Pianoklänge. Kunstvoll umwoben von einem filigranen Netz feinsinniger Rhythmik ließ das Quartett einen authentischen Santana-Klang lebendig werden und bot den groovenden Background für ein mitreißendes „I Feel Good“, das die Sängerin gemeinsam mit Jimy Carrow zum Besten gab. Carrow agierte meist bescheiden als feinfühliger Percussionist und Backgroundsänger. Doch bei dem James-Brown-Hit und Stevie Wonders „All I Do“ präsentierte er sich als Solist mit großer und wandlungsfähiger Stimme. Andy Pilder am Drumset hat sich in Frankenthal schon als Schlagzeuglehrer einen Namen gemacht. Seine unermüdliche Rhythmusarbeit, seine Kreativität und sein Einfühlungsvermögen runden das Konzept von Wunderfinger ab, geben diesem mit der Chorstimme des Drummers eine weitere, reizvolle Klangfarbe. Mit Ausflügen in karibische und brasilianische Klangwelten zeigten die Musiker eine weitere Facette ihres Repertoires und ließen bei „A Night Like This“ und dem mit dem Santana-Titel „Jingo“ gemischten „Now That We Found“ eine exotische Sommerstimmung entstehen. Zum Schluss hielt es die wenigsten auf den Stühlen, das Publikum tanzte ausgelassen der Zugabe entgegen. Elke Wunderle verabschiedete es mit einer emotionsgeladenen Version von Leonard Cohens „Halleluja“.

Ihre News direkt zur Hand
Greifen Sie auf all unsere Artikel direkt über unsere neue App zu.
Via WhatsApp aktuell bleiben
x