Frankenthal Eine prominente Stimme im Chor der Vertriebenen

Zu dem Ausstellungszyklus der Initiative Buchkultur in Erinnerung an die Deutsche Freiheitsbibliothek in Paris trägt das Schillerhaus in Oggersheim eine Ausstellung zu Heinrich Heine bei. Sie wurde 1956 zu dessen 100. Todestag unter Mitwirkung westdeutscher und französischer Wissenschaftler in der DDR als Wanderausstellung erstellt und versank danach im Archiv. Erstmals wird sie nun im Westen gezeigt.

Die Initiative Buchkultur, eine der Pflege von Buch und Buchdruck verschriebene Ludwigshafener Vereinigung, präsentiert in Stadtmuseum, Schillerhaus und Ernst-Bloch-Zentrum Ausstellungen mit literarischem und wissenschaftlichem Begleitprogramm zu einem Thema, das „der Mantel der Geschichte“, so der Veranstaltungstitel, überdeckt hat: die Deutsche Freiheitsbibliothek in Paris. Sie war fünf Jahre lang, von 1934 bis 1939, Sammelbecken und Sprachrohr der deutschen Exilliteratur. In den 50er-Jahren war die Exilliteratur zwar in vieler Munde, aber eigentlich beschäftigt hat sich damit so gut wie niemand, außer vielleicht einige Wissenschaftler in der DDR. Am 10. Mai 1934 wurde in Paris die Deutsche Freiheitsbibliothek gegründet, ein Jahr nach den nationalsozialistischen Bücherverbrennungen in Deutschland. Einer ihrer Hauptinitiatoren war der so gut wie vergessene Publizist Alfred Kantorowicz, ihr Präsident der unter dem Schatten seines Bruders Thomas nahezu verschwundene Heinrich Mann. Das Dunkel, das über dem Ende im Jahr 1939 liegt, Monate vor dem Einmarsch der Wehrmacht, konnte nur wenig gelüftet werden. Den Publikationen und der Büchersammlung der Freiheitsbibliothek widmet sich eine Ausstellung im Stadtmuseum. Die Ausstellung im Schillerhaus folgt anhand von Text-Bild-Tafeln, deren Layout die 50er-Jahre erkennen lassen, Heinrich Heines Biografie und zeigt an seinen Werken dessen politische Überzeugungen auf. Heine ist der älteste und prominenteste deutsche Exildichter. In seiner unfreiwilligen Pariser Wahlheimat war er ein literarischer Star und rangiert in der Wertschätzung der Franzosen gleich hinter Goethe. Wie kein anderer vor und nach ihm hat er dem Leiden des Vertriebenen und der Vermittlung seiner Heimatkultur an das Gastland eine Stimme gegeben. Für die Freiheitsbibliothek in Paris war er Leitfigur und Schutzpatron. Zur Eröffnung zeichnete Joseph Kruse, ehemaliger langjähriger Leiter des Heine-Instituts in Düsseldorf, dieses „Dichterleben zwischen den Welten“ nach. In prägnanter Kürze beleuchtete er dessen Stationen. Heine war ein Schillerverehrer; mit Schiller verband ihn der Kampf mit der Feder für die Idee der Freiheit. Die Vorfahren von Heines Mutter waren die Finanziers von Kurfürst Carl Theodor. In der Oggersheimer Ausstellung sind alte, zum Teil illustrierte Ausgaben einzelner Heine-Bücher und auch Gesamtausgaben zu bewundern. Als ästhetische Zugabe darf ein expressionistischer Lithographie-Zyklus zu Heines „Hebräischen Melodien“ gelten. Er wurde von Rahel Szalit-Marcus geschaffen, die 1942 in Auschwitz ermordet wurde.

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