Frankenthal „Ein Siegerauto“

Praktisch sind beim Neuen in der Meyer-Garage die vier Türen. Im Fond ist genügend Platz für Servicematerial und Ersatzreifen. U
Praktisch sind beim Neuen in der Meyer-Garage die vier Türen. Im Fond ist genügend Platz für Servicematerial und Ersatzreifen. Und man kommt leicht dran.

«Frankenthal.» Das auf historischen Motorsport spezialisierte Team Meyer hat einen Ford Escort MK2 aus dem Jahr 1975 als Rallyewagen aufgebaut. Ziel der Frankenthaler ist es, mit dem Boliden beim Langstreckenklassiker London – Sydney zu starten. Die Premiere hat der orangene Escort bravourös gemeistert. Mit Beifahrerin und Ehefrau Gaby gewann Thomas Meyer die Osterburg Rallye Weida.

Die Veranstaltung Mitte Juni in Thüringen sollte eigentlich nur ein erster Testlauf für den Escort sein. Der neu aufgebaute Wagen sollte unter Wettbewerbsbedingungen auf Herz und Nieren geprüft werden. „Mit ihrem breiten Spektrum an Strecken bietet die Osterburg Rallye Weida dafür das ideale Terrain. Von schnellen Landstraßenabschnitten bis hin zu engen Wirtschaftswegen und Schotterabschnitten ist alles dabei“, erklärt Thomas Meyer. „Vor allem der wellige Asphalt ist ein perfekter Fahrwerkstest.“ Da Stammbeifahrer und Sohn Nico Meyer als Fotograf bei der Rallye-Europameisterschaft auf Zypern im Einsatz war, nahm Ehefrau Gaby auf dem Beifahrersitz Platz. „Die Veranstaltung lief besser als gedacht, wir konnten uns von Anfang an im vorderen Feld behaupten. Der Motor lief ohne Probleme“, berichtet Thomas Meyer. Nach sechs anspruchsvollen Wertungsprüfungen stand das Frankenthaler Duo überraschend ganz oben auf dem Podest. Für Gaby Meyer war es der erste Sieg bei einer Rallyeveranstaltung überhaupt. „Die Freude war natürlich groß“, sagt Ehemann Thomas Meyer. Der ist das Gewinnen durchaus gewöhnt. Zweimal holte er in den vergangenen Jahren den Titel in der Südgruppe der ADAC Retro-Rallyeserie. Aktuell liegt der 59-Jährige in der Meisterschaft dicht hinter dem Zweiten auf dem fünften Platz. Meyers Fazit nach dem ersten Einsatz des Ford: „Der Escort ist ein Siegerauto. Der Wagen ist extrem und verdammt schnell.“ Auf einer Geraden im Wald sei er 214 Stundenkilometer gefahren: „Da hat meine Frau weggeschaut.“ Der Bolide sei aber nicht einfach zu beherrschen, betont der erfahrene Pilot, der vor allem Autos von Opel einsetzt. „Die Charakteristik ist ganz anders. Ich musste den Escort erst fahren lernen.“ Mit ein Grund dafür ist das Zwei-Liter-Aggregat, das dem Ford in der Rheinlandgarage in Köln eingepflanzt wurde. Die auf langstreckentaugliche 200 PS gedrosselte Maschine sei von den Motorenbauern auf den Rundstreckeneinsatz und nicht auf Rallyes ausgelegt worden, berichtet Meyer. „Das war eigentlich nicht das, was wir wollten.“ Unten herum gebe der Motor kaum Leistung ab. Die komme erst bei hohen Drehzahlen, dann aber mit voller Wucht. Weil der Wagen deshalb nur zäh aus Spitzkehren herauskomme, werde er ihn wohl nicht in der Retro-Rallyeserie einsetzen, sagt Meyer. Praktisch seien auch die vier Türen. „Im Fond haben wir genug Platz für Servicematerial und Ersatzreifen. Durch die beiden hinteren Türen kommen wir da auch leicht dran“, erläutert Meyer. Die vier Türen verweisen auf das erste Leben des Escort als brave Familienlimousine. Die Meyers haben ihn einem Mitarbeiter der Ford-Werke in Saarlouis abgekauft. „Der Wagen war aus erster Hand und unverbastelt“, erzählt Thomas Meyer. Danach stand für das Team die Aufbauplanung an. Konnten die Frankenthaler bei ihren bisherigen Projekten mit Fahrzeugen der Marken Opel und Porsche auf viele Erfahrungswerte zurückgreifen, war bei ihrem ersten Ford alles Neuland. Den Umbau übernahm Ralf Sturm aus Daaden im Westerwald, der bereits mehrere Ford für den Motorsporteinsatz restauriert hat. Sturm nahm den Escort MK2 bis auf die Rohkarosse auseinander, ehe die für den Rallyeeinsatz notwendigen Verstärkungen vorgenommen wurden. Vom großen Bruder RS wurden das Getriebe und die Hinterachse mit einer 80-prozentigen Sperrwirkung eingebaut. Das Fahrwerk stammt von der Firma Bilstein. Schalensitze, Rennsport-Sicherheitsgurte und insgesamt zehn Felgen komplettierten die Verwandlung des Youngtimers zum historischen Rallyeboliden. Mit dem Escort will sich Thomas Meyer einen langgehegten Traum erfüllen: Eine Teilnahme an der seit 1968 ausgetragenen Marathonveranstaltung London – Sydney. Bei der letzten Auflage der Rallye vor vier Jahren waren die Meyers als Zuschauer dabei, als der Tross am Gardasee Station machte. Nach Gesprächen mit den Teilnehmern und Veranstaltern war Thomas Meyer endgültig mit dem London-Sydney-Virus infiziert. Wann der Klassiker das nächste Mal stattfinden wird, steht allerdings noch nicht fest. Auch ein Start bei einer anderen Langstreckenveranstaltung wie der Rallye Nairobi – Nakuru in Kenia sei denkbar. Bis dahin stehen am Escort MK2 aber noch einige Optimierungen an. Neben härteren Blattfedern an der Hinterachse soll der Ford auch noch einen 100-Litertank bekommen. „Der Serientank fasst nur 40 Liter Benzin. Wenn man da zweimal Gas gibt, sind die weg“, sagt Meyer und lacht.

Nicht zu übersehen und verdammt schnell: Der knallorangene Ford Escort hat seine Bewährungsprobe bestanden. Bei der Osterburg-Ra
Nicht zu übersehen und verdammt schnell: Der knallorangene Ford Escort hat seine Bewährungsprobe bestanden. Bei der Osterburg-Rallye in Weida gewann das Frankenthaler Team Meyer/Meyer mit dem neuen Auto. In Zukunft soll der Ford aber eher auf der Langstrecke zum Einsatz kommen.
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