Frankenthal Zusammenspiel von Zwei- und Vierbeinern

«Frankenthal/Mannheim.» Schnee ist hierzulande eine Seltenheit. Schlittenhundefahren kann man trotzdem – wenn man so ausgerüstet ist wie Michael Scholz. Der Frankenthaler nimmt seit 2012 mit seinen Samojeden an Rennen und Touren teil. Ein Selbstversuch bei einer Übungsfahrt.

Der Wind weht um die Nase. Es ist ruhig im Wald, nur das Hecheln der Hunde ist zu hören. Zu Beginn fühlt es sich noch etwas wackelig an auf dem Tretroller, vor den Samojedenhündin Snow gespannt ist. Doch die Aufregung legt sich schnell. Snow reagiert auf jeden Zuruf, jedes leichte Drücken der Bremsen, wird langsamer, wenn sie soll. Ihre Freude und Ruhe strahlen aus. Vor und hinter unserem Gespann genießen Michael Scholz und seine Trainingspartnerinnen Jacqueline Jager und Silke Jacoby die Ausfahrt mit den Hunden. Michael Scholz ist seit 2012 mit Leib und Seele Schlittenhundesportler. Drei Samojeden hat der Frankenthaler. 2004 kam die erste Hündin dieser Rasse, Pepsi, die inzwischen verstorben ist, in sein Leben. „Wir haben einen Familienhund gesucht“, erzählt der 47-Jährige. Eigentlich habe er sich einen Husky zulegen wollen. Aber mit drei kleinen Kindern hätte er diesem nicht gerecht werden können, sagt er. Dem gemäßigteren Samojeden schon. Ein Jahr nach Pepsi legte er sich Tala zu, die heute Rentnerin ist. Schlittenhundesport stand aber erst 2011, als Takoda (sieben), ein lauffreudiger Rüde, Teil von Scholz’ Familie wurde. Ein Jahr später stieg er aktiv in die Hundesport-Szene ein. Er weiß: Wenn ein Hund dieser Rasse Spaß an viel Bewegung zeigt, sollte man die ihm auch bieten. 2013 kam Yuma (vier) dazu. Inzwischen ist bei seinen Ausflügen noch Hündin Sunny (zwei bis drei) dabei. Dreimal pro Woche spannt Scholz seine Vierbeiner mit einer Zugfeder vor Tretroller, Mountainbike oder Trainingswagen. Zwischen elf und 13 Kilogramm wiegt der Roller, der Wagen rund 30. Für die Hunde kein Problem: Sie können das fünf- bis sechsfache ihres Körpergewichts von 20 bis 25 Kilogramm ziehen. Meistens bei den Ausflügen mit dabei ist Scholz’ Lebenspartnerin Beate Kuczera mit ihrem Eurasier Alwin sowie Trainingspartnerin Jacqueline Jager samt ihren Samojeden Trip und Snow. Seit gut einem Jahr ist Silke Jacoby mit ihrem Alaskan Malamuten Prince Teil des Teams. Gemeinsam drehen sie ihre Runden um den Lambsheimer Weiher oder in Mannheim-Blumenau vor den Toren von Lampertheim. So wie heute. Während die „Oldies“ Tala und Alwin zurückbleiben, sind Yuma, Takoda, Trip, Snow und Prince schon aufgeregt, bellen um die Wette und schnuppern neugierig an der Besucherin. Doch bevor das Übungsprogramm startet, müssen die wuscheligen Vierbeiner sich wie „richtige Sportler“ aufwärmen. Sonst drohen Muskelverletzungen. Munter rennen sie durcheinander den Waldweg entlang, bleiben nur stehen, um mal hier und da ihre Schnauze in Blätterhaufen und Büsche zu stecken. Nach rund einer Viertelstunde geht es los: Die fünf werden vor die Roller gespannt. Neben dem Training stehen während der Saison von Oktober bis April Rennen und Touren an. Anders als in der Vergangenheit möchte Scholz in dieser Saison das Augenmerk auf Touren legen. Das heißt: weg von der Geschwindigkeit, hin zu Ausdauer und Distanzläufen. Im Gegensatz zu den fünf bis sieben Kilometer langen Rennen sind Touren keine Wettkämpfe – bei ihnen geht es darum, mit anderen Teams, den Mushern, Strecken von 20 bis 40 Kilometern zu überwinden. Wie bei menschlichen Sportlern, spielen bei den Vierbeinern Gesundheit und Fitness eine große Rolle für Erfolge. Kuczera kümmert sich darum, dass in dieser Hinsicht alles stimmt. In der Saison beispielsweise wird die Nahrung der Samojeden um mehr Fett ergänzt. Auf sein Saisonziel arbeitet Scholz seit Oktober akribisch hin. „Anfang der Saison waren wir bei sechs bis acht Kilometern. Inzwischen sind wir bei 26 Kilometern“, berichtet er. Das A und O sei die Krafteinteilung: Zu Beginn einer Tour müssen die Vierbeiner ihrer Energie freien Lauf lassen, sagt der 47-Jährige. Nach wenigen Kilometern gehe es aber darum, Yuma und Co. einzubremsen, sie in einen leichten Trab statt dynamischen Galopp verfallen zu lassen. Mit Trab braucht man den fünf Vierbeinern an diesem Tag gar nicht erst kommen. Kaum dürfen sie, stürmen sie los. 25 bis 30 Stundenkilometer können sie in dieser Anfangsphase laut Scholz schnell werden. Nach dem ersten Sprint sind es noch rund zwölf Kilometer pro Stunde. Bei dieser gemäßigteren Geschwindigkeit traue auch ich mich auf den von Snow gezogenen Roller. Und erkenne nach der ersten mehr schlecht als recht genommenen Kurve, was Scholz an dem Sport so fasziniert. Snow will der Besucherin ihr Können zeigen und gibt Gas. Fast fühlt sich die Tour an wie eine schnelle Abfahrt mit dem Fahrrad. Nur viel intensiver und interessanter durch das Zusammenspiel von Mensch und Hund. Jager und Scholz wollen bald die Leistungsprüfung 1 in der Tasche haben. 200 Tourenkilometer in einer Saison müssen sie dafür nachweisen. Doch je näher das Frühjahr und damit das Ende der Schlittenhundesport-Saison rückt, desto mehr heißt es aufpassen. Denn zu hohe Temperaturen tun den Vierbeinern nicht gut. Schon Werte zwischen zehn und 15 Grad merke man der Leistung der Samojeden an. In der wärmeren Jahreszeit steht deshalb ein anderes Training auf dem Programm: das Canicross zum Beispiel. Dabei schnallt sich Scholz einen Bauchgurt um, an dem die Hunde befestigt werden. Dann rennt das Team durchs Gelände. Die sonst weißen Pfoten der Samojeden sind nach rund fünf Kilometern durch den Wald schmutzig braun; auch die Tretroller und ihre Fahrer haben einiges abbekommen. „Das wird später abgerubbelt“, sagt Michael Scholz gut gelaunt. Nun übernimmt Kuczera wieder den Roller mit Snow. Für die Vierbeiner ist noch lange nicht Schluss. Sie sind heiß aufs Laufen. Weitere Bilder in der App

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