Frankenthal Wiedergeburt durch die Kettensäge

Grobschlächtig, rundgesägt, angebrannt: Mit 36 Holzköpfen empfängt Michael Lubasch die Besucher seiner Ausstellung im Alten Rath
Grobschlächtig, rundgesägt, angebrannt: Mit 36 Holzköpfen empfängt Michael Lubasch die Besucher seiner Ausstellung im Alten Rathaus Großkarlbach.

36 auf Metallstangen gespießte Holzköpfe blicken dem Besucher im Hof des Alten Rathauses in Großkarlbach entgegen: grobschlächtig, rundgesägt, eckig und kantig, angemalt, angebrannt oder naturbelassen. Neben solchen Porträts – Michael Lubasch nennt sie Gesichter in Holz – zeigt der Bildhauer bis 28. Oktober beim Sieben Mühlen Kunst- und Kulturverein auch mannshohe Figuren.

Die Gesichter bestehen meist aus vier schmalen Kerben, zwei für die Augen, einer für die Nase, einer für den Mund. „Blind gesetzt“ seien diese Schnitte, heißt in einer Erläuterung. Lubasch nutzt vorzugsweise Findlinge mit Gebrauchsspuren: Treibholz, Abbruchholz, Fachwerkbalken, Baumfragmente, alte Zaun- oder Türleibungen. Die Wahl ist für seine Arbeit wesentlich. Bei den aktuellen Exponaten hat der gelernte Schreiner Platane, Eiche, Kirsche, Fichte, Douglasie, Nussbaum und Ahorn verwendet. Er arbeite mit allen Hölzern, sagt Lubasch. „Wenn ich was sehe, nehme ich es mit.“ Und mittlerweile kenne er auch einige Leute, die ebenfalls für ihn Ausschau halten. Astlöcher und die individuelle Maserung, die besonders bei Obsthölzern sehr schön sei, bezieht er in seine Arbeiten ein. Holz lebe. Und was zunächst unbrauchbar scheint, erfährt durch seine Behandlung eine Art Wiedergeburt. „Bei manchen Sachen habe ich schon eine Vorstellung, anderes ergibt sich“, erzählt Lubasch. Die Kettensäge treibt er ins Holz, setzt tiefe Schnitte – blind, wie gesagt, aber er hat mittlerweile wohl schon ein Händchen für die richtige Position. Danach legt er die Oberfläche des Porträts ebenfalls mit der Kettensäge frei, trennt also das Gegenstück zum maskenhaften Konterfei heraus. Seinen Kopfbildern gibt er Farbigkeit mit Kalk-, Aquarell-, Acryl- oder Druckerfarben, mal dezent, mal bunt, mal edel in Goldton, mal flammt er sie bis zur Verkohlung. Für die Ausstellung in Großkarlbach sind einige Porträts neu entstanden. Die minimalistischen Konterfeis sind reliefartig in das Holz gearbeitet, sind eins mit einem angedeuteten Rahmen, in einen Holzklotz eingegraben oder auf einem dreischichtigen Fichtenplatte „gezeichnet“. Titel sucht man vergebens. „Figur nenne ich alles, ich gebe bewusst keine Titel.“ Lubasch will Freiräume für Fantasie und die Begegnung mit dem Gesicht in Holz lassen, das je nachdem, wie die Kettensäge ansetzt, durchaus auch Mimik offenbart. Neben den Frontalporträts und Porträtgruppen zeigt er in Großkarlbach mannshohe Skulpturen. Es sind hohe, geschwungene Objekte aus einem Stück, fest und derb, doch mitunter fragil gearbeitet, als grobes Holz belassen oder seidig-weich geschliffen. Auch hier schaffen farbliche Fassungen und Verkohlungen Akzente, sollen der Fantasie des Betrachters Flügel verleihen. Bemerkenswert sind auch die Fotografien, mit denen Veerle Verhaert den Arbeitsprozess des Flammens festgehalten hat. Sie geben einerseits Einblick in den Entstehungsprozess, sind aber für sich allein betrachtet fotografische Kunstfertigkeit, die für einen Moment den Schleier einer geheimnisvollen inneren Welt des Bildhauers lüften. Der heute 58-Jährige Michael Lubasch hat nach dem Abitur zunächst mit Keramik gearbeitet. Nach Schreinerlehre und einem Studium in Kunsttherapie besuchte der selbstständige Schreiner Kunstkurse. Künstlerisch designte Nutzobjekte sowie Wohn- und Geschäftsmobiliar waren sein Metier. Künstlerisch arbeitet er seit den 1980er-Jahren, seit 2008 im eigenen Atelier in der Großkarlbacher Weidenmühle, wo er auch regelmäßig ausstellt. Heute hat Michael Lubasch neben Schreinerei und Kunst noch ein weiteres Standbein: In seinem Atelier bietet er Bildhauerkurse an von der Auswahl des Holzes bis zum Finish. Interessenten können sich auch über die Volkshochschule eine Holzkiste mit Klötzen füllen und unter seiner Anleitung bearbeiten. Termin Michael Lubasch „Begegnung im Gegenüber: Gesichter in Holz“ im Alten Rathaus Großkarlbach, Kändelgasse 4: geöffnet an den Sonntagen 14., 21. und 28. Oktober, jeweils 14 bis 16 Uhr sowie nach Vereinbarung. Der Eintritt ist frei.

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