Rhein-Pfalz Kreis Von der Schere zur Schiene

Bernhard Werst mit einer der Modelleisenbahnen. Die Produkte werden sogar nach Japan verkauft.
Bernhard Werst mit einer der Modelleisenbahnen. Die Produkte werden sogar nach Japan verkauft.

Anfang des Monats war Bernhard Werst wieder auf der Spielwarenmesse in Nürnberg. Das ist nicht nur Spaß für den 57-Jährigen, sondern auch Arbeit. Vor allem, was nach der Reise ins Fränkische ansteht. „Da sitze ich dann tagelang im Keller und verfasse die Beschreibungen der Neuheiten für den Online-Handel“, erzählt Werst. Aber so wie der Oggersheimer das sagt, merkt man auch, dass das keine Qual für ihn ist. Sondern dass der Mann seinen Job mit großer Leidenschaft macht, von seinen Spielzeug-Artikeln selbst fasziniert ist. Den Spielwaren Werst dürfte in Ludwigshafen wohl jeder kennen, der in seiner Kindheit oder bereits im Erwachsenenalter mit Modelleisenbahnen, Modellautos oder auch Modellbausätzen zu tun hatte beziehungsweise hat. Und wer jetzt fragen mag, wie lange es den Werst in Oggersheim denn eigentlich schon gibt, dem sei gesagt: seit 1919, also seit nunmehr exakt 100 Jahren. Dabei hat alles mit einem Friseursalon begonnen, den Wersts Großvater Sebastian führte. Damals sei es nicht unüblich gewesen, dass ein Friseur auch Spielwaren verkaufte, erzählt der Enkel, der das Geschäft nunmehr in dritter Generation führt. Grund dafür sei gewesen, dass viele Friseure die Hersteller von Puppen mit Haarteilen belieferten. So betrieb Großvater Werst nebenher auch eine „Puppenklinik“ und baute allmählich das Sortiment an Spielwaren immer weiter aus. Dass die Wersts nach wie vor eigentlich eine Friseurfamilie sind, die heute im großen Stil im Spielwaren-Geschäft tätig ist, zeigt ein Blick auf die Berufsausbildungen der Familienmitglieder. Bernhard Werst ist wie sein Großvater und Vater Sebastian junior eigentlich Friseurmeister, seine Mutter Renate und seine Schwester Patricia, die beide ebenfalls im Geschäft mitarbeiten, sind gelernte Friseusen. Das berufsmäßige Haareschneiden habe die Familie erst 2003 endgültig aufgegeben, als die Entscheidung fiel, vom alten Standort in der Nachbarschaft ins jetzige Geschäftshaus in der Schillerstraße 3 umzuziehen, sagt Bernhard Werst. Für diesen Schritt habe er sich entschieden, „weil das Sortiment an Spielwaren ständig größer wurde und wir im alten Geschäft irgendwann einfach zu wenig Platz hatten.“ Heute führt Spielwaren Werst auf einer Verkaufsfläche von 600 Quadratmetern mehr als 250.000 Artikel, darunter viele Raritäten und Spezialanfertigungen, und ist damit im Alter von 100 Jahren laut Bernhard Werst das Geschäft mit der größten Auswahl an Modelleisenbahnen und Modellautos im Rhein-Neckar-Raum. Aber nicht nur in der Region ist der Name Werst längst zum Inbegriff für fachliche Kompetenz und umfassenden Service in Sachen Modellbau geworden. Über seinen Onlineshop versendet Werst seine Spielzeuge mittlerweile in alle Welt, wie der Geschäftsführer stolz erzählt. Inzwischen könne er Modellfreunde unter anderem in den USA, Russland oder auch in Japan zu seinen Kunden zählen. Und seine Kundschaft pflege er, betont Werst. Sei es durch die persönliche Ansprache beim E-Mail-Verkehr weltweit oder bei der telefonischen Fachberatung im Ladengeschäft. Wichtig sei ihm dabei, dass alle Vertriebskanäle miteinander verknüpft seien. So könnten Kunden sich etwa vor Ort informieren und dann online bestellen, oder aber umgekehrt sich im Internet informieren und kaufen und die Ware hinterher im Geschäft in Oggersheim abholen. Dort beschäftigt Werst mittlerweile 16 Mitarbeiter, darunter, wie gesagt, auch Mitglieder aus seiner Friseurfamilie und einen Auszubildenden. Seinen Umsatz will der 57-Jährige nicht exakt beziffern, spricht aber von „mehreren Millionen Euro pro Jahr“. Das runde Firmenjubiläum wird natürlich gefeiert, intern mit den Mitarbeitern, aber auch mit der großen spielfreudigen Kundschaft. So gibt es im November – wie in jedem Jahr – wieder die Modelleisenbahntage bei Werst. Das Zelt, das dafür aufgestellt wird, will Werst am Wochenende zuvor jedoch zunächst dafür nutzen, um mit seiner treuen Kundschaft auf den 100. Geburtstag anzustoßen. Gefeiert werden soll aber auch schon beim nächsten Oggersheimer Oldtimertag Mitte Juni, wie der Geschäftsinhaber verrät. Darüber hinaus werde es übers Jahr die eine und andere Rabatt-Aktion geben. 2019 dürfte somit ein einigermaßen stressiges Jahr für Werst und seine Mitarbeiter werden. Aber so wie der Oggersheimer von seinen Plänen erzählt muss man nicht befürchten, dass das eine Qual für das Werst-Team werden wird, das seinen Job mit großer Leidenschaft macht und von den Spielzeugen, die es an Mann, Frau und Kind bringt, selbst fasziniert ist.

x