Frankenthal Verantwortung für Ideen

Action ist angesagt: Rubens (David Zerfaß) hat einen Anfall, Zeder (Lena Leidemer), Stachelhaar (Karoline Rößler) und Bekka (Jos
Action ist angesagt: Rubens (David Zerfaß) hat einen Anfall, Zeder (Lena Leidemer), Stachelhaar (Karoline Rößler) und Bekka (Josephine Ludwig, von links) halten ihn vor dem Sprung ins Wasser zurück.

Mit dem Endzeitstück „Genesis“ hat die Wormser Theatergruppe Szene9 die Rousseauinsel im Herrnsheimer Schlosspark wieder als Bühne wachgeküsst. Die Inselfestspiele nach 55 Jahren feierten am Samstag und Sonntag Premiere. An beiden Abenden waren die 300 Sitzplätze ausverkauft, das Publikum war begeistert. Für die Vorstellungen am 16. und 17. August gibt es noch Karten.

Szene9, das sind theaterbegeisterte Jugendliche und junge Erwachsene, die ihren professionellen Kollegen in nichts nachstehen. „Genesis“ ist für das Ensemble, das sich ehrenamtlich vor und hinter den Kulissen – und gerade hier in mehreren Aufgabenbereichen – engagiert, das erste abendfüllende Stück. Die Geschichte: Das Leben auf dem Planeten ist ausgelöscht, die letzten Sechs finden jenen Mann, der die Welt ins Unglück stürzte, zurückgezogen als Eremit auf einer kleinen Insel, wollen ihn töten. Das misslingt jedoch und er gewinnt die Oberhand. Sie konfrontieren ihn mit seinem Satz „Nicht der Mensch ist das Problem, sondern die Menschen“ als Ursache der Katastrophe, der „schlecht gebaute“ Dämme brechen ließ und jeder gegen jeden kämpfte. Mit den letzten zwei Revolverkugeln erschießt nun der Eremit die Anführerin der Gruppe und deren Mann (Josephine Ludwig, Torben Hering), die den Tod ihres Kindes rächen wollen, findet in Zeder (Lena Leidemer) eine Bewunderin und Verbündete. Sie hat sich der Gruppe angeschlossen, weil sie „den gleichen Weg, aber andere Ziele“ hatte. Zeder langweilte das gleichförmige Leben, den Untergang fand sie spannend, ersehnt den Neuanfang „ohne langweilige Zitate einer Masse, die es nicht mehr gibt“. Nach sechs Tagen war die Erde erschaffen, hier scheint sie der totalen Ausrottung nahe. Nachdem nichts mehr zu essen da ist, denkt Zeder daran, Stachelhaar (Karoline Rößler), ein angeblich todgeweihtes Kind, das sie als Tier bezeichnet, zu opfern für frisches Fleisch. Doch dieser Schritt bringt den von Anfällen geplagten Rubens (David Zerfaß) und den ruhigen, wankelmütigen Aaron (David Heilig) nun endgültig gegen sie auf. Genesis bedeutet im Griechischen Geburt, Ursprung – für Christen ist es ein Synonym für die Schöpfungsgeschichte. „ Im Anfang schuf Gott Himmel und Erde“ heißt es dort, das Johannesevangelium bezieht sich darauf und beginnt „Im Anfang war das Wort“. Was aus dieser Welt noch wird, wissen wir nicht. Allerdings wissen wir schon, dass unbedachte Worte, von Populisten wie Donald Trump in die Welt verstreut, verletzen, Dämme der Menschlichkeit brechen lassen können. Kann sich hier der Einzelne aus der Verantwortung stehlen? Regisseur Christian Mayer sagt dazu: „Gerade in der heutigen Welt, in der jeder binnen Sekunden über Internet die ganze Welt erreicht, hat der Einzelne Rechte und Pflichten für die Sätze, die er in die Welt setzt.“ Trotz der Düsternis der Geschichte gefällt „Genesis“ aufgrund der Wahl des Ortes, der lyrischen und bildhaften Sprache und einer spannenden, aktionsreichen Handlung. Und natürlich wegen der Musik aus Stücken der Romantiker Schostakowitsch und Edward Elgar oder Filmmusik aus „Forrest Gump“. Die Musiker des Sinfonieorchesters der Lucie-Kölsch-Musikschule unter Wolfgang Neidhöfer haben aber noch eine andere Aufgabe. Wie die Lichteffekte von Alexander Bayerer unterstreichen sie musikalisch das Bühnengeschehen. Viele Künstler haben sich mit einem Endzeitszenario beschäftigt. Der Dramatiker Harald Mueller beispielsweise ließ vier ausgestoßene Überlebende auf einem Floß den Rhein hinuntertreiben. Überall abgewehrt, landen sie mitten im Meer. Auch „Genesis“ bleibt offen. Das regt an, nicht die Dystopie, das Ende, sondern eine Utopie, einen hoffnungsvollen Neuanfang fortzuspinnen. Immerhin entdeckt der Eremit eine junge Bohnenpflanze aus einem von ihm gesteckten Samen. Die Zuschauer des Premierenabends waren begeistert, standen spontan von den Sitzen auf, riefen Bravo – jedoch ein Schlauchboot, das den Akteuren auf der Insel Rosen bringen sollte, musste wegen eines Lecks ans Ufer gerettet werden. Termine Weitere Aufführungen finden am 16. und 17. August ab 20.30 Uhr im Herrnsheimer Schlosspark statt. Tickets kosten im Vorverkauf 14 (Abendkasse 16) Euro bei allen Ticket Regional Vorverkaufsstellen, über die Telefonnummer 0651 9790777 oder online unter www.ticket-regional.de/szene9.

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