Frankenthal Träumerische Klangbilder

„Die Welt dreht sich schnell, wir spielen langsam“ – dieses musikalische Motto nehmen Barbara Lahr und Bernhard Sperrfechter bei
»Die Welt dreht sich schnell, wir spielen langsam« – dieses musikalische Motto nehmen Barbara Lahr und Bernhard Sperrfechter bei ihren Auftritten sehr ernst.

Das Konzert und auch die weiteren Veranstaltungen im Ökumenischen Gemeindezentrum haben die Initiatoren der protestantischen Kirchengemeinde Pilgerpfad unter den Arbeitstitel „KuKuK“ (Kunst, Kultur und Kirche) gestellt. Und tatsächlich hätte man das, was sich am Samstagabend im großen Saal vor rund 40 Zuhörern abspielte, gar nicht treffender beschreiben können. Vor einer an der Wand hängenden modernen Jesus-Skulptur hatten die beiden ganz in Schwarz gekleideten Musiker einen Tisch aufgebaut, auf dem ein Sequenzer stand. Das Gerät, mit dem sich im Vorfeld aufgenommene Musik bei Bedarf in den unterschiedlichsten Klangfarben abrufen lässt, sollte im Laufe des Abends mehrfach zum Einsatz kommen. Schließlich bot es dem Duo die Möglichkeit, so zu klingen, als wäre ein ganzes Orchester im Einsatz. Barbara Lahr ist in der Nähe von Kaiserslautern aufgewachsen, später nach Mannheim gezogen und hat sich besonders in der Metropolregion Rhein-Neckar einen guten Ruf ersungen. Mitgliedschaften bei Guru Guru und De-Phazz sprechen für sich. Mit Bernhard Sperrfechter arbeitet sie seit 14 Jahren zusammen. Der Dudenhofener ist ein hoch angesehener Jazzer, der unter anderem mit Thomas Stabenow, Erwin Ditzner, Daniel Prandl oder Thomas Siffling spielt und der Gruppe Hot Four angehört. Mit „Sorrow“, einem verträumten Titel, der zu einem Gedicht von William Blake geschrieben wurde, eröffneten die beiden den Konzertabend. Gleich da zeigte sich, dass die Musiker ihr Motto „Die Welt dreht sich schnell, wir spielen langsam“ sehr ernst nehmen und die Stimme von Barbara Lahr, die auch Gitarre spielt, eine ganz besondere ist. Die 61-Jährige, deren androgynes Erscheinungsbild mit Anzug und Herrenhaarschnitt im krassen Gegensatz zu ihrer Stimme steht, vermag es wie kaum eine andere Sängerin, Klangbilder zu malen, die zum Träumen anregen und Gänsehaut erzeugen. Sowohl Lahr als auch ihr kongenialer Partner hielten sich während des Konzerts als Personen wohltuend zurück und ließen die herrlich entspannten Melodien für sich sprechen. Diese eigentlich gute Eigenschaft gibt aber gleichzeitig Anlass zu ein wenig Kritik. Barbara Lahr zeigte sich ihren Zuhörern gegenüber zwar sehr freundlich und aufgeschlossen, als Moderatorin blieb sie aber eher farblos. Gerade weil ihre Songs Aussagekraft haben und häufig Texte beinhalten, die von großen Dichtern und Schriftstellern wie Emily Dickinson, Oscar Wilde oder Henry Wadsworth Longfellow geschrieben wurden, sollte die Mannheimerin ihren Zuhörern die Stücke zumindest in wenigen Worten vorstellen. Schließlich ist nicht jeder des Englischen so mächtig, um gleichzeitig zuhören und übersetzen zu können. Zudem sind nicht jedem Konzertbesucher die Zusammenhänge zwischen Texter und Werk auf Anhieb geläufig. Wer kennt schon die Geschichte von „To The Moon (fragment)“ und dessen Schöpfer Percy Bysshe Shelley? Dabei wäre es nicht nur diese wert, erzählt zu werden. Shelley war ein 1792 geborener britischer Dichter. Einen Auszug aus dessen Klagegedicht „Adonaïs“ verlasen sogar die Rolling Stones bei ihrem berühmten Hyde-Park-Konzert 1969 anlässlich des Todes von Brian Jones. Bis zur offiziellen Premiere von „Lyrical Lounge“ im kommenden Monat sollten Lahr und Sperrfechter unbedingt mehr Informationen in ihre Show einfließen lassen. Der Einsatz des Sequenzers – das lässt sich dagegen heute schon vermerken – ist eine Bereicherung ihrer Musik, auch wenn dessen Bedienung noch flüssiger vonstatten gehen könnte, um unnötige Pausen zu vermeiden. Trotz dieser kleinen Probleme, die sich sicher leicht beheben lassen, war der Auftritt ein wahrer Kunstgenuss, der natürlich nicht ohne Zugabe enden durfte. Und so präsentierte sich das Duo zum Abschluss wieder rein akustisch mit einer vom Autor so noch nie gehörten Interpretation des Creedence-Clearwater-Revival-Hits „Have You Ever Seen The Rain“.

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