Frankenthal Smartphone als Museumsführer

Direktorin Ulrike Lorenz an der neuen Collection Wall. Hier erhalten die Besucher Zugang zur kompletten Mannheimer Kunstsammlung
Direktorin Ulrike Lorenz an der neuen Collection Wall. Hier erhalten die Besucher Zugang zur kompletten Mannheimer Kunstsammlung, also auch zu den Werken, die im Depot lagern.

Die Mannheimer Kunsthalle hat mit der Eröffnung ihres Neubaus einen fulminanten Neustart hingelegt. Auch digital will das Museum Vorreiter sein. Vor allem junge Menschen will Direktorin Ulrike Lorenz mit ihrer digitalen Strategie für die Kunst begeistern.

Smartphone und Tablet sollen Besucher auf unterhaltsame Weise durchs Museum führen, sie Neues entdecken und vieles vertiefen lassen. „Wir ermöglichen damit die aktive Teilhabe unserer Besucher an der Ausstellung noch stärker als bisher. Das soll Hemmschwellen senken“, so Lorenz. Für die Kunsthalle sei dieser Weg überlebenswichtig, denn so könne man junge Menschen besser ansprechen: das Publikum der Zukunft. Zu den neuen Medien gehören die große Collection Wall im frei zugänglichen Foyer des Neubaus, das Creative Lab und eine Multimedia-App. Die Collection Wall ist dabei das attraktivste Instrument. Die Wand setzt sich aus 16 großen Monitoren zusammen, die wie eine Werbefläche im urbanen Raum wirken und mit Gesten gesteuert werden können. Mit ihr erhalten die Besucher Zugang zur kompletten Mannheimer Kunstsammlung, also auch zu den Werken, die im Depot lagern. Die Digitalisierung aller Exponate ist zurzeit noch im Gange, doch 1100 Kunstwerke können bereits betrachtet werden. Nach Interesse tippt man eine Skulptur, ein Gemälde, eine Zeichnung an und erhält weitere Informationen oder eine Verlinkung mit der Multimedia-App. Unter anderem sieben mediale Museumsführungen bietet die App den Nutzern an. Hier können sie gezielt Infos zu den 742 ausgestellten Kunstwerken abrufen. Es warten auch einige Überraschungen auf die Anwender. Beispielsweise die Easter Eggs, von denen rund 150 Stück im gesamten Museum verteilt sind. Kommt man in die Nähe eines dieser medialen Ostereier, klingelt plötzlich das Smartphone oder das Tablet. Wer abhebt, kann sich eine zum jeweiligen Kunstwerk passende, kleine geschichtliche oder humorvolle Episode erzählen lassen. Alles läuft natürlich nur, wenn Kopfhörer angeschlossen sind, damit eine gewisse Ruhe in den Räumen gewahrt bleibt. Mit dem Creative Lab setzt die Kunsthalle in vier Räumen des Jugendstilbaus einen neuen Schwerpunkt bei der Entwicklung und Erprobung digitaler Werkzeuge. Einerseits sollen im Labor Sammlungsthemen vermittelt, aber auch Denkimpulse gesetzt und Wahrnehmungsexperimente ermöglicht werden. Herzstück ist ein elektronischer, interaktiver Grafiktisch, der den Weg zum größtenteils verborgenen Schatz der Grafiksammlung per Touch-Display frei macht. Die originalen und lichtempfindlichen Papierarbeiten werden geschont, können dennoch hoch auflösend erforscht werden. Aktuell sind 406 Papierarbeiten hinterlegt. Die Baden-Württemberg-Stiftung unterstützt das digitale Angebot mit 1,85 Millionen Euro. „Das ist die größte Summe, die wir im Bereich der Kunstförderung gegeben haben“, sagt Geschäftsführer Christoph Dahl. Die Stiftung verbindet damit die Hoffnung, dass die Kunsthalle Vorbild für andere Museen wird, die auf die Erfahrungen der Mannheimer bauen können.

x