Frankenthal Schnee in der Mensa

Vom Schultisch auf die Bühne: Bei den Proben in der Mensa verbinden die 50 jungen Schauspieler vom Pfalzinstitut für Hören und K
Vom Schultisch auf die Bühne: Bei den Proben in der Mensa verbinden die 50 jungen Schauspieler vom Pfalzinstitut für Hören und Kommunikation den Schulunterricht mit dem Einstudieren der »Frau Holle« auf der Bühne.

Die Esstische in der Mensa des Frankenthaler Pfalzinstituts für Hören und Kommunikation (PIH) sind überhäuft mit Schulbüchern und Arbeitsheften. Zwei Wochen lang ist die Kantine vormittags Schulzimmer. Dort findet ausnahmsweise der Unterricht für sechs Klassenstufen statt. Denn parallel zum Unterricht studieren hier die Schüler das Weihnachtstheaterstück „Frau Holle“ ein. In der Mensa eilen Lehrer von Tisch zu Tisch, Schüler beackern ihre Arbeitsblätter und springen abwechselnd auf die Bühne, wo sie sich in Brote, Äpfel und Brunnengeister verwandeln. „Lernen und Theaterspielen zugleich, das klappt prima“, sagt Iris Klag, stellvertretende Schulleiterin der Augustin Violet-Schule des PIH. Es ginge auch nicht anders: Kurz vor der Premiere müssten die rund 50 Schauspieler der fünften bis zehnten Klasse täglich fünf Stunden proben. Unterricht dürfe aber nicht ausfallen. „Ach, zieh uns raus! Denn sonst verbrennen wir, oh Graus!“, jammern drei Schüler in Brot-Kostümen im Ofen auf der Bühne und werden sogleich von der hilfsbereiten Goldmarie (Mia Skripitz) herausgezogen. Schon wartet auf das fleißige Mädchen die nächste Aufgabe: Über drei Meter hoch ist der Apfelbaum aus Pappe. Hinter ausgestanzten Löchern erscheinen zwischen den Zweigen fünf rot geschminkte Gesichter und bitten: „Ach, schüttle mich, ach, rüttle mich, all meine Äpfel rufen dich!“ Das PIH inszeniert das beliebte Kindermärchen „Frau Holle“ klassisch. Dazwischen gibt es acht Tanzeinlagen im Stil des Street-Dance, bei denen die Kids zu fetzigem Pop, Rock und Rock `n` Roll die Hüfte schwingen. Wie in jedem Jahr haben auch diesmal wieder die Kinder des integrativen PIH-Kindergartens ihren großen Auftritt: Acht weiße Schneeflöckchen in weißem Plüsch und Glitzer wirbeln zum weihnachtlichen Evergreen „Let It Snow!“ über die Bühne. „Jetzt kann es auf Erden endlich Winter werden, und die Kinder können im Schnee toben“, freut sich die Goldmarie – und dann schneit es in der Mensa tatsächlich, eine Seifenblasenmaschine pustet Schaumflocken in die Luft. Da die Schule integrativ ist, besteht das Ensemble aus hörenden und hörgeschädigten Mitgliedern. Felicitas Kreutzer zum Beispiel ist die Zweitbesetzung für die Rolle der Frau Holle. Die Elfjährige hat sich, obwohl sie keinen Hörschaden hat, die Gebärdensprache so perfekt angeeignet, dass sie beim Sprechen ganz automatisch die Gebärden ausführt. Skripitz wiederum hat eine mittelstarke Schädigung des Gehörs und trägt ein Hörgerät. Ihre vielen Sprechpassagen bringt die 14-Jährige souverän und ausdrucksvoll rüber. „Wir legen großen Wert auf korrekte Lautsprache“, erklärt Klag, die alljährlich bei den traditionellen Weihnachtsstücken Regie führt. Da mit einer Hörschädigung häufig auch eine Sprachbehinderung einhergehe, sei das Einüben der Texte harte Arbeit, die die Schüler ganzjährig leisten. Sprechunterricht ist Teil des pädagogischen Konzepts. Seit Jahren sind die PIH-Stücke beliebter Anziehungspunkt im Advent. Neben den jeweils zwei öffentlichen Aufführungen gibt es neun Vorführungen für Schulen und Kitas. „Die Anmeldelisten sind nach einigen Tagen voll“, sagt Klag und erzählt nicht ohne Stolz, dass jedes Jahr über 3000 Zuschauer zum Weihnachtstheater ins PIH kommen. Pünktlich um 13 Uhr packen die Schüler ihre Bücher und Kostüme ein. Der Proben- und Unterrichtsraum wird wieder zur Mensa, in der das Besteck klappert. Termin Die öffentlichen Aufführungen von „Frau Holle“ finden statt am Dienstag, 18. Dezember, sowie am Mittwoch, 19. Dezember, jeweils ab 17 Uhr in der Mensa des PIH-Internatsdorfes, Meergartenweg 24, Frankenthal. Der Eintritt ist frei.

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