Frankenthal Politiker, Künstler und Sportler im Porträt

Frühes Selbstporträt: Emil Stumpp im März 1914.
Frühes Selbstporträt: Emil Stumpp im März 1914.

Emil Stumpp war ein exzellenter Zeichner und kritischer Zeitzeuge. Für uns heute interessant sind seine Porträts von den Großen seiner Zeit, eine Dokumentation in Bildern. Die Ausstellung „Emil Stumpp – Köpfe der Weimarer Republik“ ist noch bis 2. September im Kleinniedesheimer Schloss zu sehen.

Die Ausstellung auf Einladung des Rhein-Pfalz-Kreises und der Verbandsgemeinde Lambsheim-Heßheim hat der Autor und Journalist Oliver Bentz kuratiert. Das Besondere: Die 20 Emil-Stumpp-Arbeiten sind Teil seiner eigenen Sammlung. Hauptsächlich auf Auktionen habe er diese ersteigert. Je nach dem Porträtierten reiche der Wert auch mal bis in dreistellige Höhe, erläutert er. Zusätzlich ist noch als 21. Bild ein Selbstporträt des Künstlers in seinem letzten Lebensjahr zu sehen, das die Familie zur Verfügung stellte. Und zur Eröffnung am vergangenen Sonntag brachte die Wormserin Hildegard Kuhfuß eine weitere Stumpp-Zeichnung mit: das Porträt seines Vaters Wilhelm Stumpp. Von den rund 40 Gästen hatten einige aus Worms und von weiter her den Weg ins Schloss gefunden. Froh, noch im letzten Moment davon erfahren zu haben, waren Gunter Heilmann und seine Ehefrau. Die beiden kamen eigens aus dem Zellertal nach Kleinniedesheim geradelt. Der Saal im Kleinniedesheimer Schloss wirkt derzeit wie eine Ahnengalerie, nur dass die Porträtierten nichts miteinander zu tun haben – außer, dass sie alle in den 1920er-Jahren bekannte Persönlichkeiten waren. Zu den heute noch bekannten Köpfen der Ausstellung zählen etwa die Schauspieler Albert Bassermann und Heinrich George, der Dramatiker Franz Molnar, der Boxer Max Schmeling, der Wormser Bildhauer Adam Antes, der Maler Ernst Fritsch, die Politiker Gustav Stresemann und Rudolf Breitscheid. Ob Malerkollegen, Autoren, Politiker, Sportler – Emil Stumpp zeichnete, was Rang und Namen hatte. Und die Porträtierten bestätigten die Echtheit mit ihrer Unterschrift – ein Novum damals. Über 20.000 Porträts zeichnete Emil Stumpp – sein Werk dürfte ein Who’s who der europäischen Gesellschaft der 1920er-Jahre sein. Auch ein Konterfei von Adolf Hitler fertigte Stumpp 1933 – eines, für das der Gezeichnete allerdings nicht gesessen hatte. Die Tageszeitung Dortmunder Generalanzeiger – eines von vielen Blättern, für das Stumpp als Pressezeichner – laut Bentz ein typischer Beruf dieser Zeit – tätig war – druckte es zu Hitlers Geburtstag ab. Die Karikatur, die den Diktator wenig schmeichelhaft abgebildet haben soll, brachte dem Zeichner Berufsverbot und der Zeitung die Gleichschaltung. In der Ausstellung sucht man das Bild vergebens. „Es war nicht mein Vorhaben, Emil Stumpp als Opfer darzustellen, seine künstlerischen Fähigkeiten, in den Porträts nicht nur die Physiognomie, sondern auch den Charakter des Abgebildeten durchscheinen zu lassen, war mir wichtig“, betont Oliver Bentz. Und er fügt hinzu: „Viel zu oft wird auf diese Aspekte Wert gelegt, steht das Opfer im Fokus, nicht der Künstler.“ „Sehen Sie, wie Stresemann seinen Blick nach innen richtet, wie er förmlich grübelt und Lösungen sucht“, ist Besucher Heilmann begeistert. „Oder hier Rudolf Breitscheid, ein Politiker, der unbeirrt geradeaus schaut.“ Stumpp ergänzt bei dem Conterfei die Worte „der schöne Rudi“ und dass es sich um den Chef der S.P.D. handle. Emil Stumpp muss ein guter Menschenkenner gewesen sein, seine Zeichnungen sind sehr sorgfältig und präzise, aber auch sehr sensibel. Und sie wirken lebendig, als ob man dem Menschen gegenüberstünde, der traurig oder ernst blickt oder schelmisch aus den Augenwinkeln heraus zu lächeln scheint. Für seine Lithodrucke hatte Emil Stumpp ein spezielles Verfahren entwickelt. Er malte mit einem besonderen Kreidestift auf einer butterbrotpapierähnlichen Unterlage. Dieses Bild druckte er auf den Lithostein auf, um die Porträts zu vervielfältigen. In der Ausstellung sieht man beides, Originale und Drucke.

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