Rhein-Pfalz Kreis Personalkosten und Schulden steigen

Yvonne Köstner – hier mit Tim, Anna und May – fühlt sich in der Bobenheim-Roxheimer Gemeindebücherei offensichtlich wohl. Die Ei
Yvonne Köstner – hier mit Tim, Anna und May – fühlt sich in der Bobenheim-Roxheimer Gemeindebücherei offensichtlich wohl. Die Einrichtung hat nur noch an vier Tagen in der Woche geöffnet, doch eine weitere Kürzung der Mittel für Medien bleibt ihr dieses Jahr erspart.

Mit Sorge blicken Bürgermeister Michael Müller (SPD), Kämmerin Claudia Kreitmair und die Mitglieder des Gemeinderats auf die Prognosen für die kommenden Haushaltsjahre. Zwar hat die Gemeinde in den zurückliegenden Jahren in relativ großen Schritten Schulden abgebaut, doch sie kann ihre Aufgaben und Ausgaben nicht mehr aus dem laufenden Geschäft finanzieren. Dieses Ziel wird Bobenheim-Roxheim Kreitmairs Berechnungen zufolge in diesem Jahr um fast 2,7 Millionen Euro verfehlen. Dazu gibt die Fachfrau im Vorbericht zu dem knapp 400 Seiten starken Zahlenwerk einige Erläuterungen. Die (gestiegenen) Personalkosten machen 35 Prozent der mit rund 19,5 Millionen Euro veranschlagten Aufwendungen aus. Dazu gehören nicht nur die Gehälter für die 108,61 Planstellen, sondern auch die Aufwandsentschädigungen für Ehrenamtliche (76.300 Euro). Zuwendungen und Umlagen haben einen Umfang von 29 Prozent aller Aufwendnungen, gefolgt von Ausgaben für Sach- und Dienstleistungen mit zwölf Prozent. Die Einnahmen der Gemeinde speisen sich zu 59 Prozent (knapp 9,9 Millionen Euro) aus Steuern. Den größten Nutzen (fünf Millionen) zieht sie aus dem Anteil, der ihr aus der Einkommensteuer zusteht. Mit der Gewerbesteuer nimmt Bobenheim-Roxheim 2,75 Millionen Euro ein. Interessant: Von 642 angemeldeten Betrieben haben 2017 fast 77 Prozent keine Gewerbesteuer gezahlt. Nur fünf Firmen zahlten mehr als 100.000 Euro. Mit der Grundsteuer nimmt die Gemeinde in diesem Jahr laut Plan rund 1,24 Millionen Euro ein. Entgelte für Leistungen, die die Verwaltung für ihre Bürger oder andere erbringt, sowie laufende Erträge aus der Verwaltungstätigkeit machen 17 Prozent der Einnahmen beziehungsweise rund 2,78 Millionen Euro aus. Das Defizit im Finanzteil des Haushalts, in dem die Investitionen berücksichtigt sind, fehlen nach aktueller Schätzung am Jahresende 9,65 Millionen Euro. Die Lücke wird aus den Rücklagen und mit einem 2018 vom Rat genehmigten Kredit über 2,3 Millionen Euro geschlossen. Der Schuldenstand wird wieder steigen: auf fast 2,5 Millionen. Investiert wird unter anderem in Sozialwohnungen, den Ausbau von Theodor-Heuss-Straße und der Straße Am weißen Pfad, in den Neu- und Umbau von Bushaltestellen, die Kita Löwenzahn und eine Drehleiter für die Feuerwehr. Den Etatentwurf hatten die Ratsmitglieder Mitte Januar ohne die bisher übliche Haushaltsrede des Bürgermeisters bekommen. Die Fraktionen hatten dann Gelegenheit, Änderungen zu beantragen. „Neu hinzugekommen sind deshalb die Anschaffung einer mobilen WC-Anlage und eine volle Vollzugsdienststelle“, berichtet Claudia Kreitmair. Zuletzt gab es in diesem Bereich seit der Pensionierung der Politesse nur noch 1,5 Stellen. Vom Tisch sei die erneute Kürzung der Mittel für Büchereimedien (siehe „Zur Sache“). „Wir bleiben bei 18.000 Euro“, so Kreitmair. In ihrer Rede zum Gemeindeetat kritisierte Simone Lobocki (FWG) am Donnerstagsabend auf charmante Art, dass Bürgermeister Müller den Haushalt ohne Rede eingebracht hat. Er orientiere sich da am Beispiel des Landrats des Rhein-Pfalz-Kreises, hatte Müller gesagt. Die FWG wünsche sich dagegen, dass er das Zahlenwerk mit seinen Gedanken und Visionen zur Entwicklung der Gemeinde fülle und eine politische Marschrichtung vorgebe, sagte Lobocki. Lob gab es von der Fraktionsvorsitzenden, die alle geplanten Investitionen positiv bewertete, für die papierlose Online-Version des Haushaltsplans. Schade sei es, dass die jüngsten großen Bemühungen, mehr Kindergartenplätze zu schaffen, immer noch nicht ausreichten. Mit Blick auf die gestiegenen Personalkosten forderte Lobocki, dass sich das im nächsten Jahr endlich durch weniger Dienstleistungen von Externen bemerkbar machen müsse. Die Sprecherin der CDU-Fraktion, Sylvia Lobocki, benannte angesichts des Defizits die Hausaufgabe für den neuen Gemeinderat, der im Mai gewählt wird: „Da unser Tafelsilber verkauft ist, stellt sich die Frage: Wie können wir unsere Aufgaben weiterhin erfüllen?“ Sie warnte davor, Investitionen aus Spargründen zu lange aufzuschieben. Als der CDU wichtig nannte Lobocki unter andere, die „für Eltern passgenaue Betreuung ihrer Kinder“, die neue Stelle im Vollzugsdienst und die Realisierung von Umgehungsstraße und zweitem Bahnhaltepunkt. Froh sei man, dass nach der großen Fluktuation in der Bauabteilung dort bald wieder alle Stellen besetzt seien. Rainer Schiffmann (SPD) konzentrierte sich nach einem Ausflug in die Weltpolitik auf die jüngsten Errungenschaften der Gemeinde, zum Beispiel die gelungene Aufnahme von Migranten, und auf die Initiativen seiner Fraktion, zum Beispiel was die Erneuerung der offenen Jugendarbeit oder den sozialen Wohnungsbau betrifft. Schiffmann kündigte an, dass die SPD ihr Augenmerk auf Einsparungen im Ergebnishaushalt richten werde. Denn nach jetziger Planung werde die Gemeinde ab 2021 Kredite aufnehmen müssen, um liquide bleiben zu können. Solche Kassenkredite hätten andere Kommunen schon in schwierige Lagen gebracht. Den im jetzigen Haushalt stehenden Investitionen stimmten die Sozialdemokraten zu. Das täten im Großen und Ganzen auch die Grünen, sagte deren Sprecher Matthias Vettermann. Für ihn waren aber die mangelnde Umsetzung langfristiger Ziele ein Grund, dem Etat nicht zuzustimmen. Sein Parteifreund Manfred Pfeifer enthielt sich. Er könne nicht erkennen, dass der Erhalt der Artenvielfalt und der Klimaschutz eine Bedeutung für die Verwaltung hätten, sagte Vettermann und nannte die Stichworte Baumfällungen, Mähaktionen, Silbersee-Bebauungsplan. Ursula Reinhart (fraktionslos) lehnte den Haushalt 2019 ebenfalls ab. Sie stellte zum hörbaren Missfallen der Sozialdemokraten das Wachstum der Gemeinde in einen Zusammenhang mit deren Ausländeranteil und forderte eine stärkere innerörtliche Entwicklung von Wohnraum. Reinhart kritisierte unter anderem den Stellenzuwachs im Vollzugsdienst, die Personalprobleme im Bauamt und Preissteigerungen bei aktuellen Bauprojekten.

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