Frankenthal „Natürlich ist die SPD ganz klar eine Volkspartei“

9,7 Prozent bei der Landtagswahl in Bayern, interne Debatten um die Zukunft der großen Koalition – die SPD ist um ihre aktuelle Situation gewiss nicht zu beneiden. Martin Haller (35), sozialdemokratischer Landtagsabgeordneter aus Lambsheim, sieht das alles vergleichsweise gelassen. Um die aktuelle Krise zu bewältigen, sagt der parlamentarische Fraktionsgeschäftsführer im RHEINPFALZ-Interview, müsse die Partei überall wieder dorthin kommen, wo sie in Rheinland-Pfalz sei: nah bei den Leuten.

Der Stimmenanteil der Bayern-SPD hat sich gegenüber der Landtagswahl um gut die Hälfte verringert. Angesichts dieses Abschneidens kann zumindest im Freistaat von einer Volkspartei kaum mehr die Rede sein, oder?

In diesem Ergebnis kann man nicht ansatzweise etwas Positives finden. Das Ergebnis wird einer Volkspartei nicht gerecht. Aber natürlich ist die SPD mit bundesweit 463.000 Mitgliedern, einer Vielzahl von Regierungsbeteiligungen und ihrer breiten Programmatik ganz klar eine Volkspartei. Das Ergebnis vom Wochenende in Bayern befeuert auch die Krise der Bundespartei. Gibt es einen Ausweg aus dieser Misere? Davon bin ich fest überzeugt. Es muss und wird in den kommenden Monaten intensiv analysiert, wie wir bei den Bürgern wieder mehr Vertrauen gewinnen können. Sich jedoch vor der Wahl in Hessen mit sich selbst zu beschäftigen, wäre fatal. Die ganze SPD muss nun alle Kraft in den Machtwechsel in unserem Nachbar-Bundesland stecken. Das bedeutet: keine inhaltliche oder personelle Debatte vor der Hessen-Wahl? Ja. Nicht wenige Genossen hätten die SPD nach der Bundestagswahl lieber in der Opposition gesehen als in einer neuen großen Koalition. Wie sehen Sie das rückblickend? Viele waren von Beginn an skeptisch, dass sich die Arbeit in einer GroKo für die SPD auszahlt. Diese Verunsicherung ist in den vergangenen Tagen noch gestiegen, und ich kann das nach den vergangenen Monaten auch verstehen. Im Moment kann man feststellen, dass uns die Verantwortung in der GroKo nicht guttut. Das klingt ein bisschen so, als sollte die SPD schnellstmöglich den Ausgang aus diesem Bündnis finden ... Nein, ich meine, aktuell stellt sich diese Frage nicht. Inzwischen ist Rheinland-Pfalz ja so etwas wie das Best-Practice-Modell der Sozialdemokratie. Was kann Berlin von Mainz lernen? Die SPD in Rheinland-Pfalz ist „nah bei de Leut“ – das zählt. Ein Beispiel sind meine Bustour „Mit Haller durch die Region“ oder andere Veranstaltungsformate wie zur Datenschutzgrundverordnung. Jetzt haben sich wieder über 120 Menschen für die Informationsveranstaltung zur Kita-Novelle angemeldet. Solche gemeinsamen Ausflüge oder Veranstaltungen sind super, um in den Gesprächen genau zu erfahren, was die Menschen bewegt. Das nehmen wir in Rheinland-Pfalz dann als Ampel-Koalition auf. Hier wird unter Malu Dreyer nach dem Motto regiert: den Mensch in den Mittelpunkt stellen, Debatten in der Sache führen, aber keine Zankereien zwischen Parteien pflegen. Politik wird nicht nur in Bund und Land gemacht. Welche Rolle kann die Basis spielen? Wie wichtig ist für die Partei nun ein engagierter Kommunalwahlkampf? Die kommunale Ebene ist die Herzkammer der Sozialdemokratie: Was vor Ort diskutiert und gestaltet wird, merken ja die meisten Menschen als erstes. Für uns ist die Kommunalwahl daher sehr wichtig: Wir sind auch schon weit in der Vorbereitung. Ich bin guter Dinge, dass wir als SPD mit Rheinland-Pfalz-Themen und örtlichen Themen bei der Kommunalwahl sehr gut abschneiden werden. | Interview: Jörg Schmihing

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