Frankenthal Monumentale Farbinszenierung

Ihre eigens für das Kunsthaus gefertigten Installationen sind begehbar: Franziska Hünig inmitten ihrer Gruppe seegrüner, volumin
Ihre eigens für das Kunsthaus gefertigten Installationen sind begehbar: Franziska Hünig inmitten ihrer Gruppe seegrüner, voluminöser Gebilde, die an domestizierte Natur erinnern.

Franziska Hünig malt nicht einfach Bilder und hängt sie an die Wand. Mit ihrer Malerei verwandelt sie Räume. Im Kunsthaus ist das jetzt zu sehen. Franziska Hünig ist in Dresden geboren und lebt in Berlin, wo sie auch studiert hat. Zu Rheinland-Pfalz aber hat sie eine enge künstlerische Beziehung. Die Ausstellung eröffnet heute um 19 Uhr.

Ihre Farbmalerei an sich und wie sie im Raum angebracht ist, sind von intensiver optischer und emotionaler Wirkung. In breitem Pinselstrich zieht Franziska Hünig Farbspuren auf langen Folienbahnen. Diese hängt sie an Wänden auf, dass sie von der Decke bis zum Boden reichen, meist mehrere eng nebeneinander und übereinander. Oder sie drapiert sie zu skulpturalen Volumen auf dem Boden. Es ist eine einfache Idee mit großer Wirkung. Eine Gruppe seegrüner Gebilde, die in Kübeln stecken, erinnern an schöne domestizierte Natur. Eine andere Arbeit in fahlem kaltem Gelb und viel Schwarz, mit Aufwölbungen, Spalten, Überlappungen, breitet sich wie eine großräumige verfremdete Landschaft aus. Diese Arbeiten existierten noch nicht, als Franziska Hünig im vergangenen Spätjahr das Kunsthaus aufsuchte, um sich einen Eindruck von den Räumen zu verschaffen, deren Architektur und Ambiente ja ein wichtiger Teil dessen sind, was sie unter Malerei versteht. So nimmt ihre Arbeit im mittleren Raum dessen hohe Fenster auf. „Es war ein dunkler Novembertag“, erzählt sie über ihren Besuch in Frankenthal, „ohne das Licht, das für meine Arbeit so wichtig ist. Ich bin froh, dass die Öffnungszeiten bei Tageslicht sind.“ Danach hat sie ein Modell für ihre künftige Ausstellung gemacht, aber jetzt im hellen Frühlingslicht wurde alles ein bisschen anders als vorausgeplant. „Ich reagiere immer auf die Räumlichkeiten“, erklärt die Künstlerin, die einen Lehrauftrag in Hamburg hat. Die Stauchungen, Knautschungen und Überlappungen des Materials bekomme man ohnehin erst vor Ort hin. Ihr Material sind gebrauchte Kunststoffplanen, die in der Werbung an großen Flächen eingesetzt werden. Sie sind zehn Mal zwölf Meter groß. Um sie handhaben zu können, zerschneidet Hünig sie in Bahnen und legt diese zum Bemalen auf dem Boden aus. In vielen Arbeiten verbindet sie bemalte Bahnen mit unbemalten, auf denen der Werbeaufdruck noch zu erkennen ist. Wie alle Kunst, ist Malerei im Wandel und antwortet auf die ästhetischen, sozialen, ökonomischen Bedürfnisse ihrer Zeit. Das Tafelbild, im allgemeinen Verständnis der Inbegriff eines Gemäldes, ist ungefähr ein Jahrtausend alt. Mit Innenräumen hat Malerei aber schon viel länger zu tun. Franziska Hünig setzt sie für Rauminstallationen ein als eine Kunst auf Zeit, die nach Belieben und nach Inspiration verändert werden und aus Modulen zusammengesetzt sein kann. Plastikbahnen sind unbequem zu bemalen, aber überaus praktisch zu transportieren und wiederzuverwenden. Die Malerin hat sehr viel mehr Rollen nach Frankenthal mitgebracht, als sie letztlich verwendet hat. Die Ausstellung als etwas Temporäres und Ideelles ist ein Unikat. Im Gespräch – während sie ihre Ausstellung aufbaut – erklärt sie, welche Gedanken, Gefühle, Vorstellungen sie in Frankenthal geleitet haben. Natürlich und künstlich seien Gegensätze, die sie in ihrer Malerei zu vereinigen sucht. Denkt man bei ihrem Grün, auch wegen der Kübel, in denen es steckt, unwillkürlich an Bäumchen, empfindet man es doch als nicht wirklich natürlich. Hünig nennt es „ein bisschen künstlich“. Was sie malerisch interessiert hat, sei die große Spannweite von Hell zu Dunkel. Die gelb-schwarze Installation wirkt kühl und streng. Hier geht es ihr um „verfremdete Natur“ und das „Abstrahlen der Farbe Gelb in den Raum“. Neben so viel überwältigend monumentaler Farbinszenierung könnte man eine Reihe kleinformatiger Arbeiten in Aquarell und Acryl auf Papier fast übersehen. Doch gerade diese komprimierten, vergleichsweise traditionellen Bilder geben Einblick in die Kunst ihres Pinselstrichs. In präzisen Schwüngen und transparenter Leuchtkraft erzeugt er eine abstrakte Tiefenwirkung. In Zukunft will Hünig wieder mehr und auch größere Gemälde dieser Art schaffen. Unter den Stipendien, die Franziska Hünig mit ihren Arbeiten gewonnen hat, war das von Schloss Balmoral 2013 besonders nachhaltig und machte sie in Rheinland-Pfalz landesweit bekannt. Es folgten große Ausstellungen in Kaiserslautern, Trier, der Staatskanzlei Mainz; Ankäufe der Landeskunstsammlung Rheinland-Pfalz, des Arp Museums, der Volksbank Kaiserslautern. Termine —Zur Vernissage heute, Freitag, um 19 Uhr im Kunsthaus Frankenthal führt Oberbürgermeister Martin Hebich (CDU) in die Ausstellung ein. Die Künstlerin beantwortet Fragen der Besucher. Für den musikalischen Rahmen sorgen Sabine Hund und Guido Paliot. —Geöffnet ist das Kunsthaus am Mina-Karcher-Platz dienstags bis sonntags von 14 bis 18 Uhr. Der Eintritt ist kostenlos. —Im Begleitprogramm gibt die Sängerin Elke Wunderle am Samstag, 28. April, um 19 Uhr in der Ausstellung ein „Kuschelkonzert“. Karten zu zehn Euro können in der Kulturverwaltung unter Telefon 06233 89456 reserviert werden.

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