Frankenthal Ludwigshafener Veit Schmidleitner macht international Karriere

Mit seiner schwarz-blau-rot-weißen Farbgestaltung sieht sich Veit Schmidleitner in der Tradition des abstrakten Expressionismus.
Mit seiner schwarz-blau-rot-weißen Farbgestaltung sieht sich Veit Schmidleitner in der Tradition des abstrakten Expressionismus.

Der Künstler Veit Schmidleitner arbeitet mit ungewöhnlichen Materialien: Lack und Metall. Und an einem ungewöhnlichen Ort. Sein Atelier befindet sich im Gewerbegebiet im Ludwigshafener Stadtteil Maudach. Gerade hat Schmidleitner in der europäischen Kunstmetropole London den London Contemporary Art-Preis gewonnen.

Unter Veit Schmidleitners Atelier sollte man sich weniger ein kleines Studio vorstellen als eine weiträumige Halle. Was der Künstler seine „Werksgalerie“ nennt, nimmt allein eine Fläche von 200 Quadratmetern ein und ist etwa acht Meter hoch. Daran schließt sich eine ebenso große Werkstatt an. Hier hängt noch die ältere, vor vier Jahren entstandene Intarsienarbeit aus Aluminium mit dem Titel „Hail Mary“. Sie besteht aus einer angekitschten Darstellung der Jungfrau Maria vor grünschwarzem Tarnmuster und umgeben von Kriegsgeräten wie U-Booten.

Von der Firma zur Kunstwerkstatt

Damals habe ihn der schreiende Widerspruch beschäftigt, wie zur Friedfertigkeit aufrufende Religionen dazu missbraucht würden, Kriege zu rechtfertigen, sagt Schmidleitner. Inzwischen hat er sich stilistisch völlig von figürlichen Darstellungen ab- und der Abstraktion zugewandt. „Quantum Oddity“ nennt der 33-Jährige sein Atelier, was auf den Namen einer Firma zurückgeht, die er hier anfangs mit seinem Vater Günter De Rosa unterhalten hat. Vor zweieinhalb Jahren wurde aus der Firma zur Herstellung von Metallobjekten eine Kunstwerkstatt. Der Name blieb, denn „Mengen-Seltsamkeit“, wie sich „Quantum Oddity“ übersetzen ließe, ist für Schmidleitner Programm. Neben einem Interesse an Astrophysik war für den Namen ausschlaggebend seine Überzeugung, dass die Natur und das Universum unausrechenbar sind. „Es bedeutet, alles infrage zu stellen und etwas Neues zu finden“, erklärt der Künstler den Namen. Von Neugierde und Neuerungstrieb ist auch Schmidleitners Verhältnis zur Kunst geprägt: Mit elf Jahren begann er sich für Lack zu begeistern. Nach dem Abitur an einem Mannheimer Gymnasium machte er ein Praktikum bei einem Lackierer in Münster. Die Speed-Boote und Formel-1-Rennwagen interessierten ihn freilich weniger als die Lacke und das Handwerk. „Das war für mich fast schon Magie“, erinnert er sich. Nach einer wegen seiner ausgezeichneten Leistungen verkürzten Lehrzeit studierte er Grafikdesign in Marbella als Vorbereitung auf ein Leben als Künstler, das er von Anfang an angestrebt hatte.

Lack im Vorteil

Von seiner Neugierde und Aufgeschlossenheit zeugt seine enge Verbindung zur Farbforschungsabteilung der BASF. Sein Atelier hat eine eigene abgeschlossene Lackierkabine. Die Chinesen, die vor Jahrtausenden die Technik des Lackierens entwickelt hätten, erzählt er, seien weit hinaus aufs Meer gefahren, um staubfrei lackieren zu können. Der Ursprung sei wohl in dem Auftrag des Kaisers von China zu suchen, Holz zu versiegeln, ohne dass es vermodere. Bis heute, sagt Schmidleitner, sporne es den Lackierer an, eine glasähnliche Oberfläche zu schaffen. Die höchstdotierten Künstler der Gegenwart würden ebenfalls mit Lack arbeiten. Er nennt Jeff Koons und dessen „Balloon Dogs“ oder Damien Hirst und Anish Kapoor. Lack habe gegenüber Öl- und Acrylfarben den Vorteil, Wind und Wetter zu trotzen. Seit zwei Jahren arbeitet Schmidleitner an einer Serie, die er mit dem französischen Wort für Schnitt „Coupure“ nennt. Bemerkenswert daran ist seine Malerei auf Metall. In der Fahrzeugindustrie ist der Auftrag von Lackfarbe auf Metall gang und gäbe, in der Malerei hingegen außergewöhnlich. Für die schwarzen Aufträge verwendet Schmidleitner Lack, wie er Steinway-Flügeln ihren Glanz verleiht. Raffiniert an der Serie ist außerdem, dass der Künstler die Metallplatten in mehrere Segmente unterteilt – daher der Name „Schnitt“. So will er erreichen, dass dem Betrachter neben einem Gesamteindruck einzelne Impressionen vermittelt werden. Mit seinen schwarz-blau-rot-weißen Farbexperimenten sieht sich Schmidleitner in der Nachfolge des abstrakten Expressionismus. Die reflektierenden, glänzenden Flächen wirken dabei zerbrechlich wie Glas.

LCA Art Price für Gegenwartskunst

2016 war ein entscheidendes Jahr für Veit Schmidleitner. Ein französischer Galerist in London wurde auf ihn aufmerksam und verschaffte ihm seine erste Soloausstellung in St. Etienne in Frankreich. Danach stellte eine Galerie in Berlin seine Arbeiten aus. Jetzt ist ihm als einzigem Deutschen mit etwa einem Dutzend anderen Künstlern in allen Kunstformen und aus aller Welt der LCA Art Price für Gegenwartskunst zugesprochen worden. Damit verbunden ist ein Ein-Jahres-Vertrag mit der Store Street Gallery in London, wo seine Arbeiten nun ausgestellt sind. Selbstverständlich ist der 33-Jährige darüber sehr erfreut, beklagt aber die mangelhafte Kunstförderung in Deutschland: „Es gibt zu wenig Ermutigung“, sagt er.


Termin

Eine Auswahl von Schmidleitners Arbeiten der vergangenen Jahre zeigt das Stadtmuseum Villa Böhm, Maximilianstraße 25, Neustadt, vom 23. November bis 16. Dezember. Der Eintritt ist frei.

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