Frankenthal Kollektive Glücksgefühle

Wer das Genre Operette leichtfertig als verstaubt und anachronistisch abtut, sah sich am Donnerstagabend im Congress-Forum Frankenthal eines Besseren belehrt. Mit einer sehr lebendigen und hochemotionalen Inszenierung des Franz-Lehár-Klassikers „Das Land des Lächelns“ versetzte das Pfalztheater Kaiserslautern das Publikum im vollbesetzten großen Saal zeitweise in helles Entzücken.

Das spielfreudige und stimmlich gut disponierte Ensemble aus der Barbarossastadt hatte dabei relativ leichtes Spiel. Denn das fast schon opernhaft angelegte Erfolgswerk – unter dem ursprünglichen Titel „Die gelbe Jacke“ noch ein Flop – bietet ein wahres Feuerwerk bekannter und zu Herzen gehender Melodien. Regisseur Cusch Jung ging keine Experimente ein und verzichtete weitgehend auf einen modernistischen und politisierenden Duktus, wenngleich aus der Geschichte durchaus aktuelle Bezüge herausgelesen werden können. Letztlich geht es um den grandios scheiternden Versuch, kulturelle Grenzen zu überwinden und das zweifelhafte Frauenverständnis im fernen China.

Im Mittelpunkt der Handlung steht Lisa, eine Wiener Grafentochter, die den chinesischen Diplomaten Prinz Sou-Chong kennenlernt und sich von seiner exotischen Aura in Bann ziehen lässt. Blind vor Liebe begleitet sie ihn in das fremde Land des Lächelns, wo sie mit unerwarteten Sitten und Gebräuchen konfrontiert wird. Dass ihr Prinz gleich vier Mandschumädchen heiraten muss, bricht ihr das Herz. Tief gekränkt und desillusioniert verlässt sie das verhasste Land und kehrt in ihre europäische Heimat zurück.

Tanz mit fernöstlichem Flair

An optischen Effekten wird bei der Inszenierung wahrlich nicht gespart. Das beginnt bereits beim opulenten Bühnenbild von Thomas Dörfler: Vor einer ausladenden Treppenkonstruktion, eingerahmt von roten Vorhangattrappen und ausgestattet mit Wiener Accessoires (Riesenrad und Stephansdom), entwickelt sich eine turbulente Achterbahnfahrt der Gefühle. Ein echter Hingucker waren nicht nur die von Janet Calvert choreografierten und fernöstliches Flair versprühenden Tanzeinlagen zu Beginn des zweiten Aktes, sondern auch die von Sven Bindseil kreierten aufwendigen Kostüme.

Unter dem jungen russischen Dirigenten Anton Legkii gelang es dem beherzt aufspielenden Pfalztheater-Orchester, die reizvollen Kontraste zwischen wienerisch angehauchter Melodik und exotisch gefärbten Klangbildern herauszuarbeiten. Schlagwerk und Blechbläser waren bisweilen besonders eifrig bei der Sache – kein leichtes Unterfangen für die Solisten, sich durchzusetzen.

Frenetischer Schlussapplaus

Die schwierige Tenorpartie des Prinzen Sou-Chong war mit Daniel Kim optimal besetzt. In den mittleren Tonlagen entwickelte er eine beachtliche Strahlkraft, bei der Kopfstimme wirkte er – ausgerechnet beim Megahit „Dein ist mein ganzes Herz“ – nicht immer ganz sattelfest. Mit einem auch in den Höhen sehr kultivierten Sopran überzeugte Ruth Theresa Fiedler in der Rolle der Lisa. Die lyrischen Duette „Bei einem Tee en deux“ und „Wer hat die Liebe uns ins Herz gesenkt?“ zählten zu den Höhepunkten der Aufführung. Ein reizendes und sehr bewegliches Buffo-Paar gaben Daniel Böhm (Graf Gustel) und Monika Hügel (Prinzenschwester Mi) ab.

Auch wenn es am Ende nichts zu lachen gab, sorgte der Operettenabend bei aller Melancholie für kollektive Glücksgefühle. Den frenetischen Schlussapplaus hatten sich die Kaiserslauterer redlich verdient.

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