Frankenthal JVA Frankenthal: Zu wenig Personal, viel Arbeit

Innerhalb der ersten fünf Tage hat jeder neue Gefangene ein Zugangsgespräch. Dabei prüft der Sozialdienst unter anderem die Papi
Innerhalb der ersten fünf Tage hat jeder neue Gefangene ein Zugangsgespräch. Dabei prüft der Sozialdienst unter anderem die Papiere und klärt, ob Dinge »draußen« zu klären sind.

Von der Aufnahme bis zur Entlassung begleiten Markus Spieles und seine fünf Kollegen die Gefangenen der Justizvollzugsanstalt Frankenthal.

„Ich treffe hier viele interessante Persönlichkeiten“, sagt Sozialarbeiter Markus Spieles. Schwarzfahrer, Steuerbetrüger, Gewalttäter und Drogendealer sitzen ihm am Schreibtisch gegenüber. Der 50-Jährige arbeitet seit 21 Jahren in der JVA Frankenthal. Deutlich zugenommen habe in dieser Zeit der bürokratische Aufwand. Vordrucke ausfüllen, Stellungnahmen formulieren und Gespräche dokumentieren: „Das kostet Zeit, die ich gut für anderes gebrauchen könnte.“

Ein Sozialarbeiter für etwa 70 Gefangene zuständig

Zum Beispiel für soziales Training. Tatsächlich machen jedoch Angebote wie die Antigewaltkurse oder Runden zu Freizeitgestaltung, Umgang mit Geld und Schulden oder zu gesunder Ernährung nur einen Bruchteil der Arbeit des Sozialdienstes aus. „Ursprünglich hatte ich gedacht, dass das der wesentliche Teil meiner Arbeit sein würde“, sagt Spieles, der bereits im Studium den Fokus auf Straffälligenarbeit legte und sein Anerkennungsjahr in Frankenthal absolvierte.

Personalmangel erschwert die Arbeit

Ein Sozialarbeiter ist in der JVA für etwa 70 Gefangene zuständig. Die Arbeit in den Hafthäusern sei komplex. „Die Gefangenen leben und arbeiten hier, da gibt es vielfältige Themen und Kontakte.“ Spieles und seine Kollegen arbeiten eng mit anderen Abteilungen in und um die JVA zusammen. Auch hier gebe es bisweilen Konfliktpotenzial, etwa, wenn bei der Frage der Haftlockerung keine Einigkeit besteht. Personalmangel erschwere den Arbeitsalltag. Zusätzlich zu den täglichen Aufgaben leiten die Sozialarbeiter Fortbildungen, betreuen Praktikanten und bilden sich selbst weiter.

Vollzugsplan regelt Therapie für Gefangene

Innerhalb der ersten fünf Tage stehen für jeden Gefangenen Zugangsgespräche an. Spieles und seine Kollegen prüfen neben den persönlichen Papieren, ob es beispielsweise Kinder, pflegebedürftige Angehörige oder Haustiere gibt, die zu versorgen sind. Krankenkasse, Jobcenter, in Einzelfällen auch der Arbeitgeber, werden benachrichtigt, es gibt ein Suchtscreening. Wer zum ersten mal hinter Gittern ist, bekommt den Tagesablauf erklärt und Ansprechpartner genannt.

Individueller Eingliederungsplan

Anhand verschiedener Diagnoseverfahren erstellt die Vollzugsabteilungsleitung schließlich einen individuellen Vollzugs- und Eingliederungsplan. Der Sozialdienst steuert dazu Vorschläge zur Behandlung vor. Das kann eine Ausbildung sein oder eine Suchttherapie, ein Antigewalttraining oder ein Kurs zur besseren Kommunikation. Weil manches nicht in Frankenthal angeboten wird, kann der Gefangene dann auch in eine andere Haftanstalt verlegt werden. Die meisten Ausbildungen würden beispielsweise in Zweibrücken angeboten, spezielle Therapie für Sexual- und Gewalttäter gibt es in Ludwigshafen.

Sozialarbeiter leisten Hilfe zur Selbsthilfe

Gegen Ende der Haftzeit ist der Sozialdienst beteiligt an Stellungnahmen gegenüber der Staatsanwaltschaft, etwa, wenn es um Entlassprognosen geht. In Gesprächen gibt es Unterstützung bei der Wohnungs- und Jobsuche. „Übergangsmanagement“ nennt das Ministerium das. Eine Wohnung auf dem freien Markt zu finden, sei schwierig, sagt Spieles. Die meisten bekommen von der Kommune, bei der sie gemeldet sind, ein Quartier zugewiesen. In Frankenthal sind das beispielsweise Zimmer in der Albertstraße, in Ludwigshafen die Bayreuther Straße. Wer kürzer als ein halbes Jahr in Haft ist, für den kann die Kommune auf Antrag Mietkosten übernehmen, damit die Wohnung erhalten bleibt. „Ich kenne viele Adressen und Namen, an die man sich wenden kann auf der Suche nach Unterstützung“, sagt Spieles, der ehrenamtlich die Geschäftsstelle des Pfälzischen Vereins für soziale Rechtspflege Vorderpfalz betreibt.

Hilfe zur Selbsthilfe

Hilfe zur Selbsthilfe, das sei sein Rollenverständnis, sagt der erfahrene Sozialarbeiter. Der Gefangene müsse selbst motiviert sein. Wenn jemand nicht mitziehen wolle, dann halte man auch die Angebote auf niedrigem Niveau. Neuzugänge seien nicht planbar, ebenso wenig wie Anrufe von Behörden oder der Tod eines Verwandten von Gefangenen. Das mache die Arbeit nicht langweilig. „Man lernt viel über Biografien und über die Frage, wie Straffälligkeit entsteht.“

Einer von sechs Sozialdienst-Mitarbeitern: Markus Spieles.
Einer von sechs Sozialdienst-Mitarbeitern: Markus Spieles.
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