Frankenthal Im Rhythmus-Rausch

Shintoistische und buddhistische Trommelrituale, Kampfkunst und Rhythmen bilden die Basis für die Show der Tao-Künstler.
Shintoistische und buddhistische Trommelrituale, Kampfkunst und Rhythmen bilden die Basis für die Show der Tao-Künstler.

Tao – zu deutsch „Weg“, „Straße“ – so der Name des Ensembles – zielt auf die Prozessualität ihres Tun. Mit sichtbarer Leidenschaft und überbordender Energie waren die jungen Künstler am Sonntagabend in Worms zugange. Ihre gut zweistündige Show war ein auch als Zuschauer physisch intensiv erlebbarer Rausch an Rhythmen und Klängen. Sie verknüpften spektakuläre Kampftänze mit lyrisch-skulpturalen Bewegungen. Herzstück des Abends waren mehrere Dutzend der im Buddhismus und Shintoismus gebräuchlichen dicken Ritual-Trommeln (Taiko) – als zweiseitige Miya Daiko mit nagelfixierter Rinderhaut bespannt, als kleinere Shime Daiko mit stimmbarer Seilspannung und als leichte Okedo Daiko für den mobilen Einsatz während des Tanzens. Prunkstück der Show war die Odaiko, ein mehrere hundert Kilo schwerer Koloss, gefertigt aus einer zwei Meter breiten Baumscheibe. Eröffnet wurde der Abend mit dem Herzschlag-Rhythmus zweier gigantischer Exemplare, zu denen sich Taiko-Trommler mit motivierenden Rhythmen im Stil einer Marchingband gesellten. Auf eine spirituelle Reise durch Zeit und Raum nahmen die Künstler in „Samurai Of The Ocean“ ihr Publikum mit über Meereswellen und durch die Lüfte. Die Dramatik der Naturgewalten wechselte mit zarten, lyrischen Passagen von japanischen Harfen, groovenden Gitarren und sehnsuchtsvollen Bambusflöten. Dabei bewiesen außer den elf Männern im Ensemble auch die beiden weiblichen Solistinnen Saki Nakai und Shoko Sakaguchi, dass beide Geschlechter auf dem Weg des Samurai Gegensätze in sich vereinen. So zelebrierten die athletischen Musiker furiose physisch-fordernde Trommelsequenzen im Wechsel mit wilden Stockkampftänzen, Elementen des Kabuki-Theaters und mitreißenden Pop-Rhythmen. Im nächsten Moment verharrten sie mit zartfingrig gezupftem Saitenspiel in meditativer Musik. Die beiden Solistinnen bestachen an der Bambusflöte und als elegante Tänzerinnen In ihrem fulminanten Wechselspiel von kriegerischem Furor und spiritueller Fragilität waren die fünfzehn Darbietungen ästhetisch faszinierend und körperlich spürbar. Sie zielten auf Atemrhythmus und Solarplexus des Publikums und wirkten dort unmittelbar auf der Gefühlsebene. Kodai Hiwano, Ryudai Ko, Taro Harasaki, Shingo Kawahara, Yuya Hayashi, Daisuke Fumoto, Yasuyaki Ogino, Taketora Mitsuo, Hidefumi Konaka und Junnosuke Kodani boten ein faszinierendes Schauspiel aus Rhythmen und Athletik, Kampfkunst und Kontemplation. Auffallend war die Energie und Spielfreude der Künstler unter Leitung von Hiruyasu Yanaka. Das 1993 in Komaki (Präfektur Aichi) gegründete Ensemble ist eine Lebens- und Arbeitsgemeinschaft in fast klösterlichem Ambiente. Seit 2000 leben die Künstler auf einem Gelände im Hochland von Kyushu im Süden Japans und entwickeln ihre Fertigkeiten im täglichen Training. Seit 2002 findet dort auch das internationale Musikfestival „Beat Of Globe“ statt. In Europa erstmals 2004 beim „Edinburgh Fringe Festival“ vertreten, ging Tao anschließend mehrfach auf Welttournee. Ausgehend von shintoistischen und buddhistischen Trommelritualen hat die Truppe ein Konzept entwickelt, das Perkussion, Kampfkunst und Musik zu einem innovativen Showformat vereint. Das Gastspiel in Worms war der Schlusspunkt einer einmonatigen Tournee durch die Bundesrepublik und Österreich, auf der die Künstler viele neue Fans für ihren virtuellen Tao-Club gewinnen konnten. Das Wormser Publikum war begeistert und belohnte mit viel Applaus.

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