Frankenthal „Ich gehe an meine Musik journalistisch heran“

„Nichts hält ewig, schon gar keine Band“, sagt Nic Hillman Mondegreen (Zweiter von rechts). Der Name seiner Band Ephemerals soll
»Nichts hält ewig, schon gar keine Band«, sagt Nic Hillman Mondegreen (Zweiter von rechts). Der Name seiner Band Ephemerals soll ihn daran erinnern, auch wenn die seit Jahren ganz gut funktioniert.
Herr Mondegreen, es heißt, das erste Treffen Ihrer Band war 2014, als sie alle zusammen drei Tage ins Studio gingen, um das erste Album aufzunehmen. Wie geht denn sowas?

Ja, das stimmt. Das waren alles Freunde von mir, die ich schon lange vorher kannte. Und wir hatten nicht genug Geld, das Studio länger zu mieten. Ephemeral – kurzlebig – bei Ihrer Band stimmt das offensichtlich nicht. Warum der Name? Naja, meine vorherige Band hatte die Grätsche gemacht, und eigentlich hätte der Name da eher gepasst. Ich wollte weitermachen. Irgendwie hatte ich dann im Kopf, dass nichts ewig hält, schon gar keine Band. Ich hatte erst gedacht, die vorige Band ist die Band meines Lebens. Dann habe ich die nächste Band Ephemerals genannt, um mich daran zu erinnern. Es sollte nicht zu ernst sein, aber mich daran erinnern, dass ich mich über die Gegenwart freue und hier glücklich bin. Und die Ephemerals gibt es weiter, und das funktioniert offenbar gut. Was verbindet die Musiker untereinander, oder was haben sie gemeinsam? Oh, das ist eine wirklich gute Frage. Darüber machen wir uns auch viele Gedanken, und wir reden auf Tour ständig darüber. Tatsächlich sind wir nämlich ganz verschiedene Leute. Das ist sicher keine Band, in der alle dasselbe denken oder dieselben Sachen gut finden. Wir haben alle sehr unterschiedliche Lebenserfahrungen und haben unterschiedliche Musik gespielt. Ich kann nur sagen, dass wir ein gemeinsames Ethos haben, eine Einstellung zum Leben. Das bringt uns zusammen, auch wenn wir politisch unterschiedliche Ansichten haben. Da ist etwas, das ist größer als wir, das uns verbindet. Ihre Musik wird oft als „retro“ bezeichnet, aber ich finde, das trifft es nicht richtig. Wie würden Sie ihre Einflüsse und Ziele beschreiben? Der Ausgangspunkt für das erste Album war schon ein Soulsound wie aus dem Lehrbuch. Aber ich hatte da schon das Ziel, von diesem Punkt aus die Band weiterzubringen und ein eigenständiges Profil zu entwickeln. Das sollte man auch nachvollziehen können, wenn man unsere weiteren Alben hört. Die Band soll reifen, und das soll man hören. Ich wollte nicht, dass wir an einem bestimmten Sound und Stil festhalten. Also ein „Work in Progress“, ein Projekt, das sich stetig weiterentwickelt? Genau! Ich wollte bei den 70er-Jahren ansetzen und von dieser Musik aus eine Entwicklung starten. Daraus sollen sich neue Stile entwickeln. Eine Art alternative Zeitlinie, würden Science-Fiction-Fans sagen? Ja, ein alternatives Universum, in dem sich die Dinge anders entwickelt haben. Natürlich in sehr kleinem Maßstab, wie das für unsere Band eben möglich ist. Ich würde nicht sagen, dass wir Musik komplett neu erfinden. Nein, aber Sie entwickeln Ihren Stil ... Wir versuchen es. Das vierte Album wird wieder moderner klingen, aber eben nicht im Sinn der heute modernen Musik, sondern im Sinn einer Weiterentwicklung unserer Musik. Gehen wir noch mal in die 70er. Da waren Jazz, Soul und Funk auch sehr stark politisch motiviert. Die schwarzen Musiker kämpften für Bürgerrechte und eine gerechtere Gesellschaft. Ist das für Sie heute relevant? Absolut ja. Das ist ... hmmm ... komplex ... Ich sag’s mal so: In unserer Musik geht es darum, individuellen Ausdruck und individuelle Freiheit zu finden. Ich versuche, meine eigene Kultur zu schaffen, ohne dass mir jemand sagt, wie sie sein sollte. Deshalb bin ich sozusagen einen Schritt zurückgegangen, um meine Herkunft und meine Musik besser zu verstehen und von hier aus meine persönliche Kultur zu entwickeln. Klar kann man in ein Museum gehen und sich Dalí und Picasso ansehen und sagen: „Das ist unsere Kultur.“ Und diese Kunst mag ich auch – aber ich möchte herausfinden, wie sich meine eigene Kunst entwickelt. Können Sie kurz beschreiben, wie Sie sich als Künstler bisher entwickelt haben? Eigentlich bin ich zuerst Schriftsteller und dann Musiker. Bei allen anderen in der Band ist es umgekehrt. Ich habe schon früh angefangen zu schreiben, Geschichten, Gedichte, Filmskripte, Werbetexte – das mache ich heute noch. Als ich mit 15 eine Gitarre bekommen habe, begann ich, aus den Texten Songs zu schreiben. Letztes Jahr habe ich ein paar journalistische Stücke geschrieben. Ich mag Journalismus, da habe ich auch einen Abschluss ... Ach, echt? Ja, und ich gehe an meine Musik auch journalistisch heran. Ich stelle mir ein Thema, recherchiere viel in Büchern und Magazinen, und dann mache ich ein Album daraus. Was können wir in Worms erwarten? Das wird sicher richtig gut. Wir haben schon längere Zeit nicht mehr zusammen gespielt und brennen richtig darauf, wieder gemeinsam auf der Bühne zu stehen. Und da findet ein Austausch und eine Kommunikation statt. Wir sind keine Band, bei der nur einer im Mittelpunkt steht und alle anderen nur zur Unterstützung spielen. Wir begegnen uns auf gleicher Höhe, als Menschen und als Musiker, und das hat etwas Magisches. Das merkt auch das Publikum. Karten Eintrittskarten für das Festival, das vom 17. bis 19. August insgesamt 37 Konzerte auf fünf Bühnen rund um den Wormser Dom bietet, gibt es im Internet unter www.jazzandjoy.de: Tagespässe kosten im Vorverkauf 25 Euro, an der Abendkasse 30 Euro; Festivalpässe gibt es für alle drei Tage im Vorverkauf zu 40 Euro, an der Abendkasse zu 50 Euro; für das Sonderkonzert mit Sarah Connor muss man im Vorverkauf 49,90 Euro zahlen, an der Abendkasse 55 Euro. | Interview: Gereon HoffmannDOPPELTERZEILENUMBRUCH

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