Rhein-Pfalz Kreis Gefunkt hat es zunächst nur bei ihm

Für Menschen jenseits der 30 sieht Traurednerin Nadine Osterholzer im Internet eine „gute und bequeme Art, sich kennenzulernen“.
Für Menschen jenseits der 30 sieht Traurednerin Nadine Osterholzer im Internet eine »gute und bequeme Art, sich kennenzulernen«.

Wo lernen sich spätere (Ehe-)Paare kennen, wo findet man die Liebe seines Lebens? Es gibt unendlich viele Möglichkeiten: im Sandkasten, in der Tanzstunde bis zu Zufallsbegegnungen in der Straßenbahn oder im Supermarkt. Auch das Internet ist eine Option. Anlässlich des heutigen Valentinstages erzählen Simone und Jörn aus Ebertsheim, wie sie ihr Glück im Internet gesucht haben.

Ein Scherbenhaufen – so sah ihre langjährige Beziehung aus. Simone fühlte sich unverstanden, alleine, keiner war da, der einfach nur zuhörte. Durch Zufall entdeckte sie dann den Chat-Raum von web.de. „Es gab da einen virtuellen Raum, in dem man sich mit anderen unterhalten konnte, ohne Bild, völlig anonym – ähnlich, wie heute Whatsapp“, erinnert sie sich. Am 15. Februar 2002 war sie wieder einmal online und „unterhielt“ sich gut mit einem Mann, den sie hier schon öfter getroffen hatte. Sie wechselte dann mit ihm in einen privaten Raum, um sich nur noch ausschließlich mit ihm zu „unterhalten“. Obwohl sie sich für den nächsten Tag nicht verabredet hatten, suchte sie ihn. Er jedoch schrieb zurück: „Bin in einer Stunde wieder da.“ Sie sei zunächst enttäuscht gewesen, sei aber eine Stunde später wieder online gewesen und habe ihn wieder getroffen. „Unsere Gespräche wurden bald persönlicher – da war jemand, der hörte zu, war einfach nur da – bald stellten wir Gemeinsamkeiten fest, aber auch, dass zwischen uns 380 Kilometer lagen, denn er kam aus Münster und sprach reines Hochdeutsch“, erzählt die ehemalige Bockenheimerin. Beim ersten Telefonat habe es Verständigungsschwierigkeiten zwischen dem Westfalen und der Pfälzerin gegeben. Trotzdem folgten stundenlange Telefonate. Das habe ihrer Seele gut getan. „Vor dem ersten Treffen haben wir keine Bilder ausgetauscht, wir kannten nur unsere Stimmen und den Menschen dahinter ein wenig“, so Simone. Das Treffen sei nett gewesen, gefunkt habe es aber nur bei ihm. Sie hingegen schrieb am nächsten Morgen eine E-Mail an ihn und wählte darin harte Worte: „,Das war’s’ hab ich geschrieben“, erinnert sie sich. Es folgte eine Woche Funkstille, bevor er sich wieder meldete. „Ich war hartnäckig und ließ nicht locker“, bestätigt Jörn. Mit Erfolg. Sein zweiter Besuch folgte Mitte März. „Damals habe ich in einer Pension im Ort übernachtet, weil Simone noch bei ihrem Ehemann im Haus wohnte“, erzählt er. Danach sahen sie sich regelmäßig am Wochenende. „Schon bald suchte ich einen Arbeitsplatz in der Pfalz, weil uns klar war, wir wollen zusammenbleiben“, so Jörn, der im Januar 2003 bei Simone in ihrer neuen Wohnung einzog. „Für mich war der Umzug leicht, ich hatte meine große Liebe gefunden“, so Jörn. Die Frage nach einem Umzug von Simone nach Münster habe sich nicht gestellt. „Ich bin hier zu tief verwurzelt“, betont Simone. Und auch die Verständigung klappte mittlerweile besser, Jörn habe sich mit Bravour in ihre große Familie eingegliedert. 2004 hat das Paar in Ebertsheim ein Haus gekauft, in dem es mit zwei Katzen wohnt. 2010 haben die beiden geheiratet. „Uns hat das Internet Glück gebracht, wir hätten uns sonst nie kennengelernt“, sagt die Mittvierzigerin Simone und lächelt dabei glücklich ihren Jörn (Jahrgang 71) an. Gerade für Menschen jenseits der 30 sei das Internet eine gute und bequeme Art, sich kennenzulernen, sagt Nadine Osterholzer, freie Traurednerin aus Eisenberg. Zunächst wisse man natürlich nicht, auf was für eine „Mogelpackung“ man sich einlasse, aber es folge ja auch immer ein persönlicher Kontakt, bevor man sich eventuell entscheide. „Unter den 18 Paaren, die ich im vergangenen Jahr getraut habe, ist nur eines gewesen, das sich online kennengelernt hat.“ Diese geringe Quote liegt nach ihrer Vermutung an dem niedrigen Altersdurchschnitt ihrer Klientel von 25 Jahren. „Da sind die Leute noch aktiver, gehen auf Veranstaltungen, wo viele Menschen sind“, so Osterholzer. Diejenigen, die sie als Traurednerin engagiert haben, seien sich beispielsweise auf Oberstufenpartys oder Festivals über den Weg gelaufen. Bei einzelnen funke es im Fitnessstudio oder an der Arbeitsstelle. Studien besagten jedoch, dass sich inzwischen fast jedes vierte Pärchen im Internet kennengelernt habe, sagt sie. Tatsächlich unterscheiden sich die Untersuchungsergebnisse sehr. So finden laut dem Statistik-Portal Statista rund 21 Prozent der Paare online zusammen und nach der amerikanischen Umfrage Reporter Linker sind es acht Prozent. Beim Standesamt der Verbandsgemeinde Eisenberg erfahren die Mitarbeiter nach Auskunft der Fachbereichsleiterin Gudrun Salewski oft nicht, wie sich die Heiratswilligen kennengelernt haben. „Wir fragen auch nicht explizit nach, nur wenn die Rede etwas Persönliches enthalten soll“, erläutert sie. Nach Salewskis Eindruck werden die ersten Kontakte späterer Ehepartner eher selten übers weltweite Datennetz geknüpft.

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