Frankenthal Festival ohne BASF-Sponsoring verkleinert

Festivalleiter Marc Lewon spielt mit seinem Ensemble Leones das Eröffnungskonzert auf historischen Instrumenten.
Festivalleiter Marc Lewon spielt mit seinem Ensemble Leones das Eröffnungskonzert auf historischen Instrumenten.

Ohne die BASF als Sponsor fällt das Wormser Festival Wunderhoeren für Alte Musik in diesem Jahr sehr viel kleiner aus als zuletzt. „Der Programmumfang musste reduziert und mehr in Kooperationen umgesetzt werden“, bestätigt der Wormser Kulturkoordinator Volker Gallé auf Anfrage. 25.000 Euro umfasst das Budget nur noch. Im Vergleich: 2015 waren es noch 180.000 Euro, von denen 60.000 Euro die Stadt Worms getragen hat.

Zum achten Mal findet das Festival Wunderhoeren seit 2011 statt. Es bietet Alte Musik und Literatur von der Antike bis zur Renaissance an historischen Orten. Wie Karin Heyl von der BASF auf Anfrage erklärt, sei das Sponsoring nach sechs Jahren beendet worden, da das Unternehmen keine Dauerförderung betreibe und jetzt andere zum Zuge kommen sollten. Festivalhöhepunkt dürfte in diesem Jahr der Auftritt des britischen Ensembles Conductus am 2. September um 17 Uhr in der Magnuskirche werden. Einer der drei Tenöre ist John Potter, der 2011 nach 27 Jahren das Hilliard Ensemble verließ, um sich seiner Lehrtätigkeit an der Universität York zu widmen. Roger Covey-Crump war bis zuletzt Mitglied des Hilliard Ensembles, das sich 2014 auflöste. Christopher O’Gorman trat schon mit den Gothic Voices auf. Das Konzert ist Teil der Kultursommerreihe „Via mediaeval“. In ihrem Programm „Heilige, Sünder und Jungfrau Marias“ singt das Ensemble Conductus Musik des 12. Jahrhunderts. Es basiert auf neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen über die variantenreichen Organa und Conducti, den Begleitgesängen und den mehrstimmigen Gesängen. Anhand von Manuskripten aus Deutschland, Spanien, der Schweiz und Frankreich reflektiert die Musik die für das Mittelalter typische Beschäftigung mit dem menschlichen Dasein, den Heiligen und der Muttergottes Maria. Die Tenöre „gelten als drei der bestinformierten und erfahrensten Sänger der europäischen Szene für mittelalterliche Musik“, sagt Gallé. Auftakt für das Festival ist das Konzert „Der Nibelunge Not“ mit dem Ensemble Leones am 26. Juli um 20 Uhr in der Magnuskirche als Teil des Begleitprogramms der Nibelungen-Festspiele. Das Ensemble musiziert auf Instrumenten der Entstehungszeit des frühmittelalterlichen Epos. Hanna Marti (Gesang, Harfe), Baptiste Romain (Cwrth, Vielle, Dudelsack) und Marc Lewon (Gesang, karolingische Citole) erzählen das Nibelungenlied musikalisch: Sie improvisieren über erhaltene Rezitationsmodelle und modale Floskeln. Lewon ist seit Beginn Leiter des Festivals Wunderhoeren und lehrt wie Romain an der „Schola cantorum“ in Basel. Am 22. August um 19 Uhr liest der Schriftsteller und Übersetzer Ralph Dutli aus Heidelberg Texte des französischen Autors Rutebeuf (1230 bis 1285) unter dem Titel „Winterpech & Sommerpech“ im Chateau Schembs. Rutebeuf ist laut Gallé ein Poet völlig neuen Typs im Mittelalter, berichtet radikal persönlich von Armut, Missgeschick und Würfelspiel und gibt packende Einblicke in das Leben eines gesellschaftlichen Außenseiters. Als Zeitkritiker polemisiert er gegen die Allmacht des Gelds, gegen Heuchler und Wahrheitsverdreher und spricht von einer Welt in der Krise. Begleitet wird die Lesung von Gary Fuhrmann und Matthias Dörsam mit jazzigen Bearbeitungen von Melodien aus den Winter- und Sommerliedern Neidhart von Reuentals. Der Saxofonist Fuhrmann erhielt 2009 den Wormser Jazzpreis. Gregorianik ist das Thema beim Konzert „Lost in Spes“ von Vox Werdensis am 30. September um 18 Uhr im Wormser Dom. In der Reihe der Domkonzerte singt das Ensemble unter Leitung von Stefan Klöckner (Folkwang Universität) mittelalterliche Musik aus der Entstehungszeit der Kathedrale vor 1000 Jahren. „Luther aufs Maul geschaut“ heißt das Programm des Ensembles Ranunculus, das am 13. Oktober um 19 Uhr in der Friedrichskirche zu hören ist. Höfische Musik und Tanzmusik der Reformationszeit wird auf Dudelsäcken, Drehleier, Cornamusen, Lauten, Geigen, Flöten vorgestellt. Totentanz und Pestumzug, Bauerntanz und Kirchliches, all das wird von einem Lektor sprachlich begleitet mit Lutherzitaten. Wie es in der Zeit selbst durchaus üblich war, kommt auch der recht derbe Teil zu Gehör. Das Ensemble tritt in bunten, bäuerlichen Kostüme auf, die der Kleidung der Zeit nachempfunden sind. Im November können sich Klassen im Nibelungenmuseum zur Schulwoche anmelden, in der alte Musik und Literatur vermittelt werden. Karten Infos finden sich im Netz unter www.wunderhoeren.de. Karten gibt es außerdem im Vorverkauf beim Ticket-Service Worms.

Höhepunkt dürfte der Auftritt der drei Tenöre vom Ensemble Conductus werden mit (von links): Roger Covey-Crump, John Potter und
Höhepunkt dürfte der Auftritt der drei Tenöre vom Ensemble Conductus werden mit (von links): Roger Covey-Crump, John Potter und Christopher O’Gorman.
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