Frankenthal Des Königs verlorene Schneidezähne

Den vielfältigen Facetten im Leben des Preußenkönigs Friedrich II. und einigen kammermusikalischen Kostbarkeiten aus seiner Zeit widmete sich ein Gesprächskonzert, das – von der Volkshochschule Frankenthal veranstaltet – am Dienstagabend im Kunsthaus auf eine unerwartet starke Resonanz stieß.

Eilends mussten noch alle verfügbaren Sitzgelegenheiten für die mehr als 40 Zuhörer herangeschafft werden. Optisch eingestimmt auf ein von höfischem Glanz inspiriertes Programm wurden sie mit einem großflächigen Gemälde von Adolph von Menzel, auf dem ein Flötenkonzert des „Alten Fritz“ in illustrer Gesellschaft im Schloss Sanssouci festgehalten ist. Und schon war der Bogen gespannt zu den Protagonisten des Abends, dem langjährigen Leiter der Städtischen Musikschule, Hans-Jürgen Thoma am Cembalo, und der jungen Koreanerin Sohee Oh mit der goldenen Querflöte. Beide Vollblutmusiker gehören dem Trio Sanssouci an, das es in den gut 25 Jahren seines Bestehens mittlerweile auf rund 1350 Konzerte gebracht hat. Es waren freilich nicht nur die sechs gut ausgewählten spätbarocken Werke, die das andächtig lauschende Publikum entzückten, auch der mit heiteren Anekdoten gespickte Vortrag, in dem Thoma augenzwinkernd Friedrich den Großen und seine Zeitgenossen charakterisierte, war den Besuch allemal wert. Ein bedeutender Staatsmann sei der Preußenkönig gewesen und obendrein ein begabter Flötenspieler, der seinen Lehrer und Instrumentenlieferanten Johann Joachim Quantz fürstlich entlohnt habe. Von diesem interessanten Komponisten erklangen zwei Sätze des Duos in e-Moll für Flöte und Cembalo, brillant und mit großem Einfühlungsvermögen gespielt. Dass der Bach-Sohn Carl Philipp Emanuel, der mit zwei Sätzen seiner schon frühklassischen Geist atmenden g-Moll-Sonate zu Aufführungsehren kam, nicht sonderlich viel von den musikalischen Künsten des Königs hielt, mag an dem mageren Salär als Cembalist der Hofkapelle gelegen haben. Eine respektable Kostprobe des kompositorischen Schaffens von Friedrich II. gaben Thoma und Sohee Oh indes mit dem Grave- und Allegro-Satz aus der e-Moll-Flötensonate in traumhaft sicherem Zusammenspiel. Bei Hofe trübte sich ob der drohenden Kriegsgefahr und des gedeckelten Kulturetats die Stimmung. Dass dem König mehrere Schneidezähne ausgefallen waren, bedeutete das jähe Ende seiner Flötistenkarriere. Geprägt von tiefer gegenseitiger Enttäuschung war auch sein Verhältnis zu Voltaire in die Brüche gegangen. Und Kurfürst Carl Theodor, verächtlich als „Glücksschwein“ betitelt, war dem Preußen ebenso suspekt wie die Mannheimer Schule. Von deren wichtigstem Vertreter, Franz Xaver Richter, spielte das Sanssouci-Duo eine Sonate in G-Dur, zweifellos der Höhepunkt des 80-Minuten-Konzerts. Während Thoma durch subtil differenzierte Spielweise und stets exakte Rhythmik überzeugte, legte Sohee Oh bei den temporeichen Läufen eine faszinierende Virtuosität an den Tag. Im reizvollen Dialog beider Instrumente wurde der fröhlich-tänzerische Charakter des Stückes klangschön herausgearbeitet. Eher lyrische Grundstimmung verbreitete die F-Dur-Sonate von Prinzessin Anna Amalie von Preußen, der musikversessenen Schwester des Königs. Und dann wusste der wortgewandte Moderator noch von einem bemerkenswerten Treffen zwischen Friedrich II. und dem Thomaskantor Johann Sebastian Bach im Jahre 1747 zu berichten. Obwohl dieser sein Spätwerk „Das musikalische Opfer“ dem Monarchen widmete, fand er keine Anerkennung und musste ohne Honorar abziehen. Dabei brachte es der alte Bach mit der aus der Komposition hervorgegangenen „Kunst der Fuge“ zu Weltruhm. Daraus stammte der verträumt-langsame Satz, mit dem die beiden Instrumentalisten den Schlusspunkt ihres Konzerts setzten.

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