Frankenthal Der Dom ganz irdisch

Beim steinernen Löwen sticht insbesondere die wie züngelnde Flammen wirkende Mähne heraus, im Hintergrund die 3D-Animation zur J
Beim steinernen Löwen sticht insbesondere die wie züngelnde Flammen wirkende Mähne heraus, im Hintergrund die 3D-Animation zur Johanniskirche, links der Gewandete Arnulf Kienast bei einem Vortrag.

„Zwischen Himmel und Erde – 1000 Jahre Dom zu Worms“ – diesem Jubiläum widmet die Stadt Worms zwei Ausstellungen: Um Fakten, nämlich die Baugeschichte geht es im städtischen Museum Andreasstift. Dagegen lässt das Nibelungenmuseum die Menschen zu Wort kommen. Thematisiert wird der Königinnenstreit auf den Stufen des Nordportals.

Der Dom ist im Nibelungenlied Schauplatz des Streits zweier Frauen, von denen jede glaubt, ihr Mann sei der mächtigere. Und wer von ihnen folglich als erste den Dom betreten darf. In einer Zeit, als nur wenige lesen und schreiben konnten, seien solche Symbole sehr wichtig gewesen, informierte Kulturdezernent Hans-Joachim Kosubek (CDU) in seiner Begrüßung im Nibelungenmuseum. Dem Volk zeigten diese Gesten die Stellung des Einzelnen an. Passend zum Nibelungenmuseum, das von Geschichten, Schriften, Bildern lebt, wurde eigens für das Domjubiläum der Königinnenstreit als Raumperformance im Mythenlabor inszeniert. Dazu las die Mediävistin Ellen Bender den Originaltext (wer wollte, konnte im Druck die hochdeutsche Ausfertigung mitlesen), beginnend mit dem Turnier (Aventiure 814) – „... sie vergnügten sich mit Ritterspielen ...“, bei dem Kriemhild verkündete, dass der Vortritt in die Kirche ihr gehört –, endend mit der Aventiure 876, als König Gunter sich von Hagen überzeugen ließ, Siegfried zu töten: „... weil sich zwei Königinnen stritten, mussten viele Helden sterben.“ Als Ergänzung hat der Schweizer Simon Hauswirth dazu eine Musik komponiert aus digitalen, also künstlich erzeugten Tönen, und auf archaischen Instrumenten wie Windharfe und Ziegenhorn gespielte. Für jene, die tiefer einsteigen wollen, gibt es noch kurze Höressays von Ellen Bender, in denen sie den Dom als Ort der Gerichtsbarkeit beschreibt, den Königinnenstreit unter dem Gendergesichtspunkt untersucht oder Brunhilds Tränen analysiert. Kleine Geschichten werden auch im Andreasstift erzählt über das Turnier Kaiser Maximilians, die Hochzeit Kaiser Friedrichs II. mit der englischen Prinzessin Isabella oder die Zerstörung der Stadt am 31. Mai 1689, als die Offiziere des Sonnenkönigs den Befehl „Monsieurs, brennt die Pfalz nieder!“ ausführten. Die Menschen wurden gezwungen, Tore und Türme niederzureißen und beim Trommelschlag die Stadt zu verlassen. Der hölzerne Dachstuhl des Doms brannte, Bleiziegel schmolzen, aber die Steine widerstanden, sogar bei einem Sprengversuch. Mehr Informationen über den Dombau, Um- und Anbauten, Zerstörungen, Sanierungen gibt es in der Ausstellung. Abdrucke oder Teile von ausgetauschten Steinmetzarbeiten zeigen, dass Worms auch Baugeschichte schrieb, etwa mit dem „Wormser Kapitel“, mit Motiven und einer Formensprache, die im 12. und 13. Jahrhundert weit über die Grenzen von Worms hinaus Bauten prägte. Gezeigt wird, wie dicht der Dom früher umbaut war mit Bischofshof, Kapitelhaus, Kreuzgang und Johanniskirche. Die zehnseitige Taufkapelle St. Johannis – die Zehn weist hier auf den Wandel und Neubeginn hin – ist in einer 3D-Konstruktion des Karlsruher Bauforschers Julian Hanschke innen und außen umrund- und begehbar. Der Bauunternehmer Philipp Jakob Blattner ersteigerte die Kirche 1807 zum Abbruch, denn Baumaterial war kostbar. Blattner hielt aber in Zeichnungen Konstruktion und Details fest. Über 50 steinerne Fragmente sind zudem erhalten, wie die groteskenartigen Skulpturen als Säulenfüße, die Dämonen fernhalten sollten. Steinerne Zeugnisse gibt es auch über den 1520 fertiggestellten, prachtvollen gotischen Kreuzgang. Ähnlich neuzeitlicher Aktionen „Steine für den Dom“ wurde er durch Spender finanziert, die sich in Gewölbeschlusssteinen verewigen durften. Über 50 davon soll es gegeben haben. Neben diesen beiden komplettieren zwei weitere Ausstellungen das Bild eines über die Jahrtausende lebendigen Gotteshauses. Infos dazu im Netz unter https://pg-dom-st-peter-worms.bistummainz.de/aktuelles/1000-jahre-wormser-dom.

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