Frankenthal Bis unter die Haut

Manuel Radu ist der beste Billardspieler mit Handicap in Deutschland. Das hat ihm sogar schon Werbeverträge eingebracht.
Manuel Radu ist der beste Billardspieler mit Handicap in Deutschland. Das hat ihm sogar schon Werbeverträge eingebracht.

«FRANKENTHAL.»Manuel Radu ist das deutsche Aushängeschild im Poolbillard mit Handicap. Der Frankenthaler, der beim PBC Ludwigshafen-Oppau aktiv ist, hat Ende des vergangenen Jahres die German Tour gewonnen und wurde folgerichtig als Spieler des Jahres ausgezeichnet. Aber auch bei den Akteuren ohne Handicap hält der ehrgeizige Radu, der eine bewegende Lebensgeschichte hat, sehr gut mit.

Der „Frankenthaler Junge“, wie Radu sich selbst nennt, ist schon sein ganzes Leben lang ein Kämpfer. Er kam bereits mit einer Krebserkrankung auf die Welt. Ein Tumor befand sich zwischen seiner Lunge und Luftröhre, ein halbes Jahr später ein weiterer in seinem Rückenmark. „Ich habe die ersten zweieinhalb Jahre meines Lebens im Krankenhaus verbracht. Damals war klar, dass ich vom Bauchnabel ab querschnittsgelähmt sein würde“, erzählt Radu. Doch so einfach gab er nicht auf. „Ich habe mich zu Hause am Tisch hochgezogen und plötzlich auf den Beinen gestanden. Meine Eltern, die viel mit mir trainiert haben, bestellten daraufhin den Rollstuhl wieder ab. Die Ärzte haben dafür bis heute keine Erklärung“, sagt Radu. Zurückgeblieben ist eine Gehbehinderung, weil dem Frankenthaler die Kraft in den Beinen fehlt. Davon ließ er sich aber nicht abhalten, sein Leben zu genießen. Zeit mit seinen Freunden zu verbringen, Spaß zu haben und zusammen zu lachen, das ist dem 31-Jährigen wichtig. Seine Billardkarriere begann mit einem Spiel aus Spaß im Kreise der Freunde. Im ehemaligen Frankenthaler Billardcafé Storch wurde er als Jugendlicher von Billardspielern angesprochen. „Ich wurde gefragt, ob ich ein Turnier spielen wollte, weil ich Talent hätte“, erinnert sich Radu. Von nun an ließ ihn der Sport mit den kleinen, bunten Kugeln nicht mehr los. Billard wurde nicht nur ein Hobby, sondern eine richtige Leidenschaft, die in seinem Fall sogar unter die Haut geht. Auf dem rechten Unterarm hat sich Radu das Wort „Poolscorpion“ tätowieren lassen. „Ich weiß gar nicht mehr, wer mir diesen Spitznamen gegeben hat. Den habe ich schon immer“, erzählt er. Am Anfang habe er jeden Tag unzählige Stunden trainiert, berichtet Manuel Radu. „Billard ist ein Fleißsport. Das lernt man nicht innerhalb von drei, vier Monaten. Um auf ein Toplevel zu kommen, braucht man Jahre.“ Das Problem: In seinen ersten Jahren beim BC Fast Sharks wurde er kaum gefördert. Das änderte sich erst 2007 nach seinem Wechsel nach Oppau zum PBC Ludwigshafen. Seither absolvierte er mit der Mannschaft und im Einzel Spiele in den verschiedensten Ligen. Acht Landesmeistertitel, davon drei im Einzel, und eine Teilnahme bei den Deutschen Meisterschaften im hessischen Bad Wildungen, „ein absoluter Höhepunkt“, sprangen dabei für ihn bis heute heraus. Und das alles bei Turnieren für Spieler ohne Handicap. Von Wettbewerben für Menschen mit Beeinträchtigung erfuhr er erst 2006 und war sofort erfolgreich. „Ich habe mich dann gleich bei der Deutschen Meisterschaft angemeldet und diese auch gewonnen“, erzählt Radu und lacht. Drei weitere nationale Titel sollten folgen. Dass es in dieser Kontinuität nicht weiterging, lag laut Radu daran, dass der Billardsport bis vor etwa vier Jahren eine große Flaute erlebte. Erst durch Achim Gharbi, der die German Tour ins Leben rief, kam wieder ein Aufschwung. Und was für einer. „Es hat alles klein angefangen und wurde mit der Zeit immer professioneller, auch wegen der sozialen Netzwerke im Internet. Man wird heute viel mehr wahrgenommen“, sagt Radu. „Mittlerweile gibt es moderierte Livestreams von Turnieren, Zuschauer und sogenannte Fernsehtische.“ Es ist eine neue Billardwelt, die auch für Radu noch aufregend ist. „Am Anfang war ich schon sehr nervös“, räumt der 31-Jährige ein. Das hielt Manuel Radu nicht davon ab, im vergangenen Jahr die German Tour als punktbester Spieler zu gewinnen und in der Folge als Spieler des Jahres ausgezeichnet zu werden. Der zusätzliche Lohn: Radu wirbt auf einem Plakat zusammen mit Poollegenden wie Ralf Souquet, Efren Reyes, Francisco Bustamante oder Earl Strickland für die German Tour. „Das ist eigentlich unfassbar. Das sind die Idole meiner Jugend“, sagt Radu. Mittlerweile trainiert der Elektroniker nicht mehr so viel wie früher. Privat- und Berufsleben lassen das einfach nicht mehr zu. Ehrgeizig ist Manuel Radu aber nach wie vor. Und sein nächstes Ziel hat er auch schon fest im Blick: „Ich trainiere zwei- bis dreimal die Woche, um mein Level zu halten. Vor Turnieren dann auch mehr. Ich möchte wieder zur Deutschen Meisterschaft.“

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