Frankenthal Aus Kampf wird Liebe

Weckt in dem Prinzen (Thorin Kuhn) romantische Gefühle: das selbstbewusste Aschenbrödel (Julia Hiemer) beim Wormser Gastspiel.
Weckt in dem Prinzen (Thorin Kuhn) romantische Gefühle: das selbstbewusste Aschenbrödel (Julia Hiemer) beim Wormser Gastspiel.

Ein Feuerwerk aus Musik, Schauspiel und intelligenten Einfällen war das Familienmusical „Drei Haselnüsse für Aschenbrödel“ des a.gon Theaters München am dritten Adventssonntag im Kulturzentrum Das Wormser.

In der Weihnachtszeit haben Märchen Hochkonjunktur, und so bescherte das Gastspiel der achtköpfigen Münchner Tourneetruppe den Wormsern ein volles Haus. „Drei Haselnüsse für Aschenbrödel“ gehört seit 1973 zum kollektiven Kulturgedächtnis. Doch der Erzählstoff um das arme Mädchen, das vom Prinzen erlöst wird, hat jahrtausendealte Wurzeln, war in Ägypten, Rom, China und Persien bekannt, wurde von den Brüdern Grimm, der tschechischen Nationalschriftstellerin Bozena Nemcova aufgegriffen und oft verfilmt. In Worms geht der Vorhang auf, und zwei Theaterleute, Prinzipal und Prinzipalin (Oliver Severin und Miriam Neumaier, später auch als Königspaar), führen ihr Publikum direkt auf den Gutshof von Aschenbrödel. Dort singt sich die schrille Stiefmutter (Tanja Maria Froidl) in ihrer Arie „Als alleinerziehende Mutter“ erstmal ihren Frust von der Seele und überrascht dabei durch treffsichere Koloraturen. Als verhätschelte Lieblingstochter Dorchen steht ihr Eva Maria Schindele zur Seite, die als leicht denkgehemmte Tussi ihr komödiantisches Talent ausagiert. Mit blonder Lockenpracht, glockenhellem Sopran und anmutiger Ausstrahlung überzeugt Julia Hiemer in der Titelrolle des Aschenbrödels. Sie spielt das Aschenbrödel als kesses und selbstbewusstes Mädchen, das sich von einem Prinzen nicht einfach wegheiraten lässt. Den gibt Thorin Kuhn als jugendlichen Heißsporn mit rebellischer Ader. Das Aschenputtel weckt als unbekannte Jägerin im Wald erstmals romantische Gefühle in ihm, und so wird aus dem anfänglichen Kampfgerangel der beiden erst Freundschaft, dann Liebe. Die bekannte Spielhandlung war durchzogen mit 16 Liedern, die – von der Arie übers Couplet bis zum achtköpfigen Chor – Anklänge an Mozart, die komische Oper und typischen Musical-Sound hatten. Gezielt ließ Komponist Thomas Zaufke das Liebes-Thema der Original-Filmmusik von Karel Svoboda durchschimmern. Statt großem Orchester reichte ein Kammerquintett von fünf Musikern: Christian Auer und Peter Wegele, Markus Schlesag, Christian Bihlmaier und Michael Stark, die auch in die Spielhandlung einbezogen wurden. Die Gesangstexte waren frei von Kitsch, zeitgemäß und von intelligentem Sprachwitz. In weiteren Rollen waren Michael Müller (Prinzenbegleiter Vincent und Gutsverwalter Willi) und Fee Denise Horstmann (Karlchen und Küchenjunge) bestens eingespielt. Sie erfreuten das Publikum stimmlich und mit locker-lässigen Tanzeinlagen. Wesentlich zur märchenhaften Wirkung trugen auch die Kulisse und Kostüme bei. Dank klassizistischer Gobelinwände mit zentraler Guckkasten-Perspektive wirkten die drei Schlüsselszenen mit den Wunschnüssen als magische Schattenrisse. Originelle Regieeinfälle wie das Vogel-Mobile beim Täubchen-Lied „Ruckediguh“ und Zeitlupen-Sequenzen beim Ball peppten die Inszenierung auf. Insgesamt überzeugten die stimmlichen und schauspielerischen Leistungen der Akteure und die einfühlsame Inszenierung von Stefan Zimmermann. Turbulent wurde das Stück dann doch noch einmal zum Schluss: Nach der Pause mündete die Geschichte schließlich im langersehnten – diesmal gleich dreifachen – Happy End, eingeleitet von einer couragierten Rede der Königin (Miriam Neumaier). Die sichtlich spielfreudig agierenden Darsteller waren mit Herzblut bei der Sache und erhielten viel Applaus. Erst nach zwei Zugaben durften sie die Bühne verlassen.

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