Frankenthal Alis Hoppenrath nimmt Abschied

Schon einmal zum 40. Geburtstag des Kunstvereins hat Hoppenrath einen Rückblick mit Kostproben aus den Jahren seit 1999 gezeigt, die sie selbst als Vorsitzende verantwortet hat unter dem Titel „ausstellen und bewegen“. Aus derselben Zeit hat sie nun wieder 14 Künstler für „My Way“ ausgesucht – in einer auch für die Kunstwelt noch ungewöhnlichen Parität aus Männlein und Weiblein. Viele der Teilnehmer habe Hoppenrath, die im September 70 wird, schon als junge Leute kennengelernt. „Es hat in den Jahren sicher noch Aufregenderes gegeben. Ich will zeigen, was ich besonders würdige, meine eigenen Vorlieben“, sagt Hoppenrath im Gespräch. Keinen Eingang in ihr Best of fand beispielsweise der österreichische Aktionskünstler Hermann Nitsch, dabei war sein Gastspiel 2007 sicher der größte Aufreger in der Geschichte der Treidler, wie Hoppenrath bestätigt. Dabei hat Nitsch in Frankenthal gar nicht tatsächlich in Eingeweiden gewühlt, sondern sein blutiges Orgien-Mysterien-Theater nur anhand eines Films im Congress-Forum erklärt. Der Blick zurück scheint Hoppenrath zufrieden zu stimmen. „Ich habe die ausgewählt, von denen ich den Eindruck hatte, dass sie ihren eigenen Weg gesucht und gefunden haben.“ Ihr Hauptaugenmerk gilt dabei der Authentizität: „Es fasziniert mich, wenn Künstler besondere Techniken oder Materialien auswählen. Kunst sollte eine eigene Welt sein.“ Christine Fischer mit ihrer „Überraschung“ dürfte ein Paradebeispiel dafür sein: Dahinter verbirgt sich ein aus verschiedenen Materialien gefertigter Hase, der in einem Pappkarton liegt. Eine besondere Geschichte verbindet Hoppenrath mit dem Niederländer Jeroen Bechtold, den sie inzwischen auch zu ihren Freunden zählt. Ihn habe sie selbst entdeckt, als sie bei einem Ausflug nach Amsterdam an einer Galerie vorbeikam. Bechtold habe sie mit seinen Porzellanarbeiten inspiriert, bei der Stadt Frankenthal darauf zu dringen, dass der Perron-Preis nicht nur für Malerei, Grafik und Plastik, sondern im Wechsel auch für Porzellan ausgeschrieben wird in Erinnerung an die Vergangenheit als Stadt der Manufakturen. Bechtold arbeitet seine Unikate völlig frei. So hat er in Anlehnung an den belgischen Surrealisten René Magritte („Dies ist keine Pfeife“) eins seiner Objekte „Kein Gefäß“ genannt. Zu sehen ist auch Keramik, bei der der Schein bezüglich ihres Verwendungszwecks nicht trügt: Georg Schwarzbach bemalt Keramik mit gegenständlichen Motiven. Auch seine Arbeiten sind Unikate, aber durchaus beispielsweise als Dosen zu gebrauchen. Zu seiner Auswahl sagt Hoppenrath: „Man kann ja auch zeigen, was den Leute Freude macht, nicht nur die schwierigen Dinge.“ Besonders zu schätzen scheint die Kuratorin auch den Ungarn Sádor Kecskeméti, der nach dem Treidler-Jubiläum erneut mit Kleinplastiken vertreten ist. Zu den 14 Künstlern von „My Way“ zählt auch Christiane Grimm mit ihren Plexiglaskästen: Es sind sonderbare Arbeiten, die ganz ohne künstliches Licht leuchten, deren räumliche Wirkung aber nicht auf Fotografien festgehalten werden können. Katalin Moldvay ist dabei mit plastischen Arbeiten aus Textil. Und Anjali Göbel, die ihre Arbeiten aus Dingen fertigt, die sie in der Natur findet. Für die Frankenthaler Schau sei eine Direkttapete aus Mohnkapseln geplant, sagt Hoppenrath. Die meisten Künstler besucht sie in ihren Ateliers, reist hierhin und dorthin, um abzusprechen, was im Kunsthaus gezeigt werden soll. Hoppenrath nennt ihre Ausstellung mit Selbstironie einen „Gemischtwarenladen“. Und in der Tat sollte man meinen, dass nahezu alle Disziplinen der Kunst vertreten sein werden: auch Malerei durch Martin Conrad, Installation durch Svenja Ritter, Konzeptkunst durch Sylvia Richter-Kundel, Plastik durch Stefan Engel und Druckgrafik durch Hedda Wilms. Landart zeigt HAMA Lohrmann, der seinen Frankenthal-Kreis beisteuert: Um das Städtchen auf der Landkarte hat er – wie auch andernorts – mit dem Zirkel einen Kreis gezogen, den er in natura penibel und stur nachgegangen ist. Dabei hat er Erdproben gesammelt und deren Fundorte dokumentiert. Mit einer Kunstform, die in den vergangenen Jahren stark an Aufmerksamkeit gewonnen hat, fremdelt Hoppenrath: mit der Fotografie. In Reinform würde sie die nie ausstellen, sagt sie. Wohl aber, wenn Künstler mit den Lichtbildern noch mehr anstellen, als sie am PC zu bearbeiten. Wie Maria Maier, die sie wegen ihrer Energie beeindrucke. Die Künstlerin überarbeite die eigenen Fotos zu Collagen, indem sie sie übermalt, zerschneidet und reliefartig aufwölbt. Alis Hoppenrath, die kurz vor Eröffnung am 6. September ihren 70. Geburtstag feiert, leitet Die Treidler seit 1998. Nach der Ausstellung „My Way“ wird Schluss sein. Bei der jüngsten Mitgliederversammlung hat sie ihren Rücktritt erklärt. Um die Fortführung ihrer Arbeit macht sie sich keine Sorgen. Ohnehin seien die vier Ausstellungen der Treidler pro Jahr immer im Team organisiert worden: Ehrenamtlich sorgten Treidler-Mitglieder für die Einrichtung der Ausstellungen und der Beleuchtung, für die Künstlerbetreuung und auch ganz profan für das Verteilen von Einladungen. Hoppenrath lobt auch die gute Zusammenarbeit im Vorstand, angefangen beim ersten Führungstrio mit Peter Lechtken als stellvertretendem Vorsitzenden und Jürgen Schatz als Schatzmeister. „Diese gute Zusammenarbeit war sehr wichtig, um den Verein in eine gute Bahn zu lenken“, sagt Hoppenrath im Hinblick auf die Spaltung, auf die der Verein mit der Kandidatur des Frankenthaler Künstlers Harald Alexander Klimek vor ihrem eigenen Amtsantritt zuzusteuern drohte. Der damalige Oberbürgermeister Peter Popitz (SPD) hatte sie um eine Kandidatur gebeten, obwohl sie zuvor noch nicht einmal Treidler-Mitglied war. Nach Lechtkens Fortzug aus Frankenthal habe sich ein Vorstandsteam zusammengefunden, „das sich gemeinsam beteiligt und sich gemeinsam für das Programm und dessen Umsetzung verantwortlich fühlt“ – die Ämter würden in erster Linie nurmehr aus juristischen Gründen vergeben. Hoppenrath ist überzeugt: „Diese einvernehmliche freiwillige Arbeit ist eine wichtige Basis für den Erfolg.“ Termin Ausstellung „My Way“ vom 11. bis 30. September im Kunsthaus Frankenthal am Mina-Karcher-Platz: täglich außer montags von 14 bis 18 Uhr. Zur Eröffnung am Sonntag, 9. September, 16 Uhr, sprechen der stellvertretende Vorsitzende des Frankenthaler Kunstvereins Die Treidler, Christoph Braun, Oberbürgermeister Martin Hebich (CDU) und Salvatore Barbaro, Staatssekretär im rheinland-pfälzischen Kulturministerium. Einführungen geben die Kunsthistorikerin Simone Maria Dietz und Kuratorin Alis Hoppenrath. Führungen: am 16. September, 16 Uhr, mit Joachim Hanisch und am 23. September, 16 Uhr, mit Frieder Heil. Finissage am 30. September, 16 Uhr.

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