Rhein-Pfalz Kreis „Abspecken nicht möglich“

Marzena Schiff und Annelie Fuksa (von rechts) sind im Heßheimer Verbandsgemeindehaus nah dran an den Bürgern. Um den Service zu
Marzena Schiff und Annelie Fuksa (von rechts) sind im Heßheimer Verbandsgemeindehaus nah dran an den Bürgern. Um den Service zu optimieren, wurde hier wie auch in der Lambsheimer Verwaltungsstelle umgebaut.

Viele werden sich erinnern: Als es vor Jahren darum ging, dass sich die Gemeinde Lambsheim einer Verbandsgemeinde in der Region anschließen musste, war viel davon die Rede, dass eine größere Verwaltungseinheit kostengünstiger arbeiten könne. Allerdings: Die erste Stufe der Kommunal- und Verwaltungsreform in Rheinland-Pfalz hat eher qualitative Ziele. Aus dem Landesgesetz ergibt sich, dass durch Gebietsänderungen wie die von Lambsheim und der Verbandsgemeinde (VG) Heßheim vor allem Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit sowie die Verwaltungskraft kommunaler Strukturen gestärkt werden soll. Das, meint Verbandsbürgermeister Michael Reith SPD), sei zum Teil schon erreicht worden. Spezialisten und Bürgerbüros „Wir können uns jetzt Spezialisten leisten, die sich nur auf bestimmte Dinge konzentrieren“, sagt er und nennt als Beispiel die Aufgabengebiete Städteplanung und Tiefbau. Das wäre weder im eigenständigen Lambsheim noch in der VG Heßheim möglich gewesen, meint Reith. Auch die Einstellung der Schulsozialarbeiterin sei erst in der größeren Gebietskörperschaft finanziell machbar gewesen. Gut aufgestellt sieht Reith seine Verwaltung auch durch die beiden modern gestalteten Bürgerbüros. Die Kommunalberatung Rheinland-Pfalz sieht jedoch genau das wegen der Mehrkosten kritisch. „Nur ein Bürgerbüro zu betreiben, wäre politisch nicht durchsetzbar gewesen“, sagt Reith und verteidigt die Entscheidung der Kommunalpolitiker. „Der Zusammenschluss sollte schließlich nicht zulasten der Bürger gehen.“ Personalaufwand steigt Die Erwartung, dass nach dem Start der neuen Verbandsgemeinde die Personalkosten deutlich sinken, hat sich nicht erfüllt, obwohl ziemlich bald drei Inhaber der anfangs doppelt besetzten Fachbereichsleiterstellen in den Ruhestand gingen und damit 400.000 Euro im Jahr eingespart werden. Jedoch: Auf anderen Personalebenen muss wegen der höheren Einwohnerzahl mehr Gehalt gezahlt werden, und ein Gutachten kam 2015 zu dem Ergebnis, dass Reiths Mannschaft überlastet war und 3,16 Stellen mehr brauchte (wir berichteten). „So bleibt unterm Strich nur eine jährliche Einsparung von 200.000 Euro“, sagt der Bürgermeister. Manchem Ortsbürgermeister sind die Personalkosten der Verbandsgemeinde ein Dorn im Auge. Sie werden in diesem Jahr auf fast fünf Millionen Euro steigen, was laut Reith 48 Prozent aller Aufwendungen der VG sind beziehungsweise 292 Euro je Einwohner. „Das ist aber auch neu hinzugekommenen Aufgaben geschuldet, zum Beispiel dem Klimaschutz“, gibt Reith zu bedenken. Auch habe eine Teilzeitstelle für Brandschutz geschaffen werden müssen, weil der Rhein-Pfalz-Kreis dafür keinen Beauftragten mehr habe und die Kommunen bei Bauprojekten selbst für die entsprechenden Gutachten sorgen müssten. Was den Stellenplan betrifft, beruft sich der VG-Bürgermeister auf die Untersuchung der Kommunalberatung, der eine Querschnittsprüfung des Landesrechnungshofs zugrunde gelegen habe. „Da ging es um die Frage, wie eine Kommune personell ausgestattet sein sollte.“ Für Lambsheim-Heßheim gelte im Moment: „Wir sind so aufgestellt, wie wir sollten und können weder abspecken noch aufstocken.“ Plötzlich Fehler im Stellenplan Im Januar mussten die Mitglieder des über den Haushalt 2019 beratenden Hauptausschusses ganz schön schlucken. Da eröffnete ihnen der Bürgermeister, dass es sechs Personalposten gibt, die in den vergangenen Jahren nicht im Stellen- und Haushaltsplan eingetragen beziehungsweise fortgeschrieben waren. „Das sind keine vollen Stellen und keine in der Kernverwaltung“, sagt Reith, sondern es betreffe beispielsweise Betreuungskräfte und Sekretärinnen in Schulen oder Mitarbeiter in der Integrationsarbeit der VG. Teils sei nur die Erhöhung von Stundenkontingenten nicht berücksichtigt worden. Der damalige Büroleiter hätte das alles merken müssen, meint Reith. Nun sei es aber erst bei der Erstellung des Jahresabschlusses 2015 entdeckt worden. Umlage noch nicht gesenkt Die Verbandsgemeinde muss laut Gemeindeordnung ihre Aufgaben in erster Linie mit eigenen Finanzmitteln bewältigen. Reichen diese Mittel nicht, dürfen die Ortsgemeinden mit der Verbandsgemeindeumlage belastet werden. Der aktuelle und auch für 2019 vorgesehene Satz dafür beträgt in der VG Lambsheim-Heßheim 37 Prozent. „Das ist im Vergleich mit anderen Verbandsgemeinden ein guter Wert“, meint Michael Reith. In der ehemaligen VG Heßheim lag der Umlagensatz zwischen 2005 und 2013 konstant bei 40 Prozent. „Wenn die großen Brocken wie die Schulerweiterung in Beindersheim und die Feuerwehrhäuser gemacht sind, kann man 2020/21 mal über eine Umlagensenkung nachdenken“, so Reith. Für die Bürger hätten sich seit der Fusion keine direkten finanziellen Nachteile ergeben, sagt der VG-Chef. „An den Gebühren hat sich nichts verändert.“ Und bei der Angleichung des Abgabensystems für die Entsorgung von Schmutz- und Oberflächenwasser werde es vermutlich auf eine Entlastung der Grundstückseigentümer hinauslaufen. Reith: Wenig Bürgerbeschwerden Bleibt die Frage, ob die Verwaltung ihr Geld wert ist, ob sie sowohl den Bürgern als auch den Ortsgemeinden gute Dienste leistet. Ja, meint Michael Reith. „Hier wird mit fachlicher Kompetenz gearbeitet. Und einiges haben wir selbst initiiert, obwohl es die originäre Aufgabe der Ortsgemeinden ist. Zum Beispiel die Digitalisierung des Friedhofswesens. Da Reith ebenso wie Büroleiter Jens Kalkbrenner alle in der Verwaltung eingehende Post vorgelegt wird, auch die E-Mails, glaubt er sagen zu können, dass sich Bürger kaum über Verwaltungsvorgänge beschweren. Das Innenministerium in Mainz kann noch nichts über die Wirkungen von Gebietsänderungen wie die von Lambsheim und Heßheim sagen, dafür sei es noch zu früh. Auch wann und in welcher Form sie untersucht und bewertet werden, steht laut Ministeriumssprecher Joachim Winkler noch nicht fest.

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