Frankenthal „A wie Abschied“

Zum Abschied bekam Ingrid Göhler von Schülern Präsente überreicht– unter anderem Blasenpflaster zum Wandern.
Zum Abschied bekam Ingrid Göhler von Schülern Präsente überreicht– unter anderem Blasenpflaster zum Wandern.

150 Schüler und neun Lehrer lernen und arbeiten unter dem Dach der Carl-Bosch-Grundschule. Alle waren am Dienstagmittag in die Turnhalle gekommen, um ihr herzliches „Auf Wiedersehn, Frau Göhler“ zu sagen, zu singen und zu tanzen. Zwei Stunden lang wurde die Rektorin in die passive Zeit der Altersteilzeit und damit in den Ruhestand verabschiedet – ein Dankeschön für 16 Jahre als Schulleiterin mit Herz und Verstand.

Ingrid Göhler sollte nach 30 Jahren in Klassenzimmern nicht mit leeren Händen in den Ruhestand gehen. Das dachten sich ihre Schüler und Kollegen und machten ihr bei jedem der über ein Dutzend Beiträge ein passendes Geschenk. „A wie Apfel“ sangen etwa die Abc-Schützen der 1b und erklärten ihrer Schulchefin im Anlaut-Rap, dass auch der „Abschied“ mit diesem Buchstaben beginnt. Und weil nicht nur die Liebe, sondern auch das Lernen durch den Magen geht, überreichten sie Göhler russische Buchstaben – ein Gebäck in Alphabet-Form. Dass sich die in Kürze frischgebackene Pensionärin auf künftige Wanderjahre freut, ist an der Grundschule allen bekannt. Daher war die Bühne mit Papp-Bäumen und Wegschildern geschmückt. Und daher kam in jedem Programmpunkt das Wandern vor: Den roten Faden bildeten die Lehrer, die als fiktive Überraschung einen Schulausflug zur pensionierten Rektorin planten. Für eine so große Unternehmung muss man vorher bei wichtigen Leuten anklopfen – prompt wurde OB Martin Hebich (CDU) auf die Bühne gebeten. Ja, nickte das Stadtoberhaupt humorvoll, die Verwaltung würde den Ausflug bezuschussen. Und lobte die ersten bis vierten Klassen für ihre Beiträge: „Ihr habt euch viel Mühe gemacht, damit eure Frau Göhler viele schöne Erinnerungen nach Hause nehmen kann.“ Hebich dankte der scheidenden Rektorin „für ihren großen und unermüdlichen Einsatz zum Wohle der Schule“ und betonte, dass Göhler mit ihrem Leitsatz „Wir sind Gemeinschaft“ die Schule geprägt habe – zum Beispiel durch soziale Initiativen wie das Unicef-Projekt. „Den Gemeinschaftsgedanken spürt man auch heute“, hob der OB hervor. „Kollegen, Kinder, Eltern, alle sind gekommen.“ Was sagt die Aufsichts- und Dienstleitungsdirektion (ADD) in Neustadt dazu, wenn eine komplette Schule verreisen will? Schulrat Robert Wagner versprach schmunzelnd, dass auch seine Behörde mit Zuschüssen nicht geizen würde. Und er referierte die Eckdaten des Berufswegs Göhlers – beginnend mit der ersten Staatsprüfung am 5. Dezember 1980 nach ihrem Studium des Grundschullehramts bis hin zu ihren Frankenthaler Jahren in der Friedrich-Ebert- und Carl-Bosch-Grundschule. Wagner hatte eine Jahrzehnte alte dienstliche Beurteilung im Gepäck, in der die Pädagogin als kollegial und einfallsreich beschrieben wurde, „und genau so habe ich sie kennen gelernt“. Besonders beeindruckt zeigte sich der Gast aus Neustadt von der Geborgenheit, die an der Schule herrsche „und in der sich alle wohlfühlen“. Richtig laut wurde es zum Schluss, als die gesamte Schule nach der Melodie von „Eine Insel mit zwei Bergen“ ihr Abschiedslied sang: „... und wir wünschen alles Gute, denn die Schule ist jetzt aus!“ Nach dem Abschiedsfest hatte Göhler alle Hände voll – mit Wanderrucksack, Landkarte, Wanderführer, Blasenpflaster und Proviant. Das entsprechende Fachwissen zum Wandern hatten ihr die Schüler mündlich überliefert – zum Beispiel, dass Seilspringen die ideale Vorübung ist – und ein Sprungseil gleich mit geschenkt. „Ihr habt mir den Abschied sehr schwer gemacht“, sagte die 60-jährige Pädagogin gerührt. Offiziell endet ihr Amt mit dem Ende der Sommerferien. Wer Göhlers Nachfolge als Schulleiterin antreten wird, ist noch nicht beschlossen.

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