Donnersbergkreis Zwischen den Stühlen

Da kann man schon mal durcheinander kommen. Als ein Mitglied des Verbandsgemeinderates nach dem Vortrag von Stefan Christ über die flächendeckende Windkraft-Studie der Firma igr in der VG Rockenhausen eine Frage stellte, musste er sich von Michael Groß – Mitarbeiter der VG-Verwaltung und Geschäftsführer der kommunalen Windkraft-Gesellschaft Eniro – belehren lassen: Denn Christ referierte zu Abschnitt a) des Tagesordnungspunktes „Fortschreibung des Flächennutzungsplans, Teilplan Energie“ - der von der igr durchgeführten Untersuchung haben die (neueren) Kriterien zugrunde gelegen, die sich aus der Fortschreibung des Landesentwicklungsprogramms (LEP) IV (April 2013), dem Sonderrundschreiben Windenergie der Landesregierung („Windenergieerlass“; Mai 2013) und dem „Windatlas“ (Juli 2013) ergeben. Der Informationsbedarf des Ratsmitglieds bezog sich jedoch auf Abschnitt b). Thema dort: Die Aufnahme von Windenergie-Gebieten, für die bereits konkrete Bebauungspläne in der Aufstellung sind, in den Flächennutzungsplan. Die hier vorgegebenen (älteren) Rahmenbedingungen entstammen dem Raumordnungsplan Westpfalz, dessen Fortschreibung demnächst beschlossen werden soll. „Wir sollten das jetzt nicht miteinander vermischen. Das gehört zu Punkt b) – im Moment geht’s nur um a)“, vertröstete Groß den verdutzt blickenden Fragesteller. Nun ist dies keineswegs ein Beleg für dessen schlechte Auffassungsgabe – der VG-Vertreter ist ein alter Hase und stets auf der Höhe der Diskussion im Rat –, sondern vielmehr für die inzwischen hoch komplizierte Windenergie-Materie. Und damit sind nicht einmal die „großen“, viel diskutierten Fragen wie Trassenführungen zum Transport des erzeugten Stroms, Speicherkapazitäten oder die Wirtschaftlichkeit dieser Form der Energieerzeugung angesichts der – trotz des am Dienstag zwischen Bund und Ländern vereinbarten Kompromisses – zu erwartenden Kürzungen der Fördergelder für Ökostrom gemeint. Nein, die Rede ist hier „nur“ von den unterschiedlichen planungsrechtlichen Bedingungen, die den Kommunen das Windkraft-Leben mitunter ganz schön schwer machen. Zu „b)“ also: Wie mehrfach berichtet, hatte die igr im Jahr 2011 die 14 im Raumordnungsplan Westpfalz IV enthaltenen ausschlussfreien Gebiete in der VG Rockenhausen untersucht sowie anhand verschiedener Kriterien in gut, bedingt und schlecht geeignet zur Errichtung von Windkraftanlagen eingeteilt. Davon ausgehend hat die VG die Areale unter die Lupe nehmen lassen. Zwar ohne direkten Zusammenhang zur Fortschreibung des Flächennutzungsplans, aber doch zeitlich parallel ist die Gründung von Eniro in die Wege geleitet worden: Wie mehrfach berichtet, sind an der Gesellschaft zum Bau und Betrieb von Windrädern die VG und Stadt Rockenhausen sowie alle 19 Ortsgemeinden (finanziell) beteiligt. Im folgenden sind einige Gebiete als Standorte für Windräder ausgeschlossen worden – das prominenteste ist die auf Rockenhausener Gemarkung gelegene „Platte“ –, für andere Flächen haben die jeweiligen Ortsgemeinderäte das Aufstellen von Bebauungsplänen beschlossen, ohne die der Bau von Windkraftanlagen nicht möglich ist. Zugleich ist für die Errichtung die Aufnahme dieser Gebiete in den Flächennutzungsplan der VG erforderlich. Daher hatte der VG-Rat im Mai 2013 entschieden, die bis zu diesem Zeitpunkt ins Verfahren gebrachten Bebauungspläne in die weitere Betrachtung zur Fortschreibung des Plans aufzunehmen – das waren insgesamt neun Standorte auf den Gemarkungen Dörrmoschel, Teschenmoschel, Bisterschied, Schönborn, Imsweiler (Spreiterhof), Dielkirchen, Gerbach, Sankt Alban und Bayerfeld-Steckweiler (Schmalfelderhof). Seither sind jedoch von den Ortsgemeinden Gundersweiler, Rathskirchen, Seelen und Teschenmoschel weitere Bebauungspläne auf den Weg gebracht worden. „Aus Gründen der Gleichbehandlung“ hatte die Verwaltung daher vorgeschlagen, auch diese vier Gebiete in das Verfahren einzubringen. Dem sind die Ratsmitglieder bei einer Gegenstimme (Helmut Hyner, FWG) und einer Enthaltung (Jürgen Christmann, Grüne) gefolgt. Alle Projekte bedürfen im folgenden einer weitergehenden Beurteilung durch Fauna- und Schallgutachten, der Offenlage und somit auch der Bürgerbeteiligung; zudem sollen Einwohnerversammlungen zu den Windkraft-Plänen durchgeführt werden. So weit, so gut – könnte man sagen. Wenn sich nicht in der Zwischenzeit die Bedingungen für die Windkraft-Planung teils erheblich geändert hätten. So sind etwa durch das genannte Rundschreiben des Landes und die Fortschreibung von LEP IV die vorgegebenen Mindestabstände von Windrädern zu Siedlungsflächen von 500 auf 800 Meter vergrößert oder die maßgebliche Höhe zur Bestimmung der Windhöffigkeit aufgrund immer größerer Anlagen von 80 auf 100 Meter nach oben geschraubt worden. Zudem hat LEP IV eine erneute, nun aber flächendeckende Untersuchung des VG-Gebietes nach geeigneten Windenergie-Flächen durch die igr notwendig gemacht. Die bisherigen Ergebnisse hat Christ dem VG-Rat vorgestellt. Unter Beachtung von sogenannten harten (Siedlungsabstände, Straßen, geplante 110-KV-Leitung, Nato-Pipeline) und weichen (FFH-/Vogelschutz-Gebiete, Pfälzer Höhenweg) Kriterien, der Windhöffigkeit sowie des Konzentrationsgebotes – dieses sieht statt der „Verspargelung“ der Landschaft mehrere Windräder an einem Standort vor, wofür mindestens 20 Hektar benötigt werden – sind neun potenzielle Gebiete übrig geblieben: Sie liegen östlich von Bayerfeld-Steckweiler, zwischen Würzweiler und Gerbach, zwischen Bisterschied und Ransweiler, westlich von Bisterschied, östlich von Teschenmoschel, östlich von Rockenhausen, südlich von Seelen und Reichsthal, westlich von Gehrweiler sowie südöstlich von Gundersweiler und südlich von Imsweiler. Diese Areale werden nun von der igr anhand acht zusätzlicher Kriterien weiter überprüft und nach der dreistufigen Skala bewertet. Welche Gebiete dann tatsächlich für die Errichtung von Windrädern ins Auge gefasst und in den Flächennutzungsplan aufgenommen werden, „liegt in den Händen des VG-Rates“, betonte Christ. Zunächst hatten die Ratsmitglieder ein wenig Mengenlehre zu absolvieren: Denn auf Vorschlag der Verwaltung sollten die Flächen aus „a)“ (flächendeckende Untersuchung) und „b)“ (Geltungsbereiche der laufenden Bebauungsplanverfahren) zu einer „maximalen Anzahl von Gebieten“ vereinigt werden und, wie Groß betonte, „in die weitere Betrachtung einfließen“. Was konkret bedeutet, dass die (unter Berücksichtigung von Überschneidungen aus beiden Punkten) insgesamt 15 Areale vorerst nur als „Maximalplanung“ beschlossen und an die Regionalplanung für die Westpfalz weiter geleitet worden sind. Welche Standorte dann tatsächlich in den Flächennutzungsplan aufgenommen werden, wird erst nach Vorliegen weiterer Ergebnisse zu den jeweiligen Flächen entschieden. Die – um bei der Mengenlehre zu bleiben – Schnittmenge aus „a)“ und „b“) fällt übrigens aufgrund der genannten unterschiedlichen Kriterien relativ gering aus. Was bedeutet: Ändert man die vom Land vorgegebenen Parameter der jeweiligen Studie, ergeben sich beträchtliche Unterschiede bei der Bestimmung geeigneter Gebiete. Das macht die Aufgabe für die Kommunen nicht einfacher. „Teilweise sitzen wir zwischen allen Stühlen“, sagt Groß – verweist aber dennoch darauf, dass die VG und die Ortsgemeinden gut beraten seien, bei der Windenergie das Heft des Handelns in der Hand zu behalten: Eine (wenn zunächst auch nur grobe) Festlegung, wo Windräder gebaut werden dürfen, bedeutet umgekehrt, dass außerhalb dieser Gebiete keine Anlagen zulässig sind. Vor dem Hintergrund, „dass hier nicht noch mehr geplant wird“ und das „bei uns weiß bleiben soll, was weiß ist“ (Groß) hat der VG-Rat die „Maximalplanung“ beschlossen. Nur am Rande: Vor der Abstimmung hat Groß den Ratsmitgliedern mehrmals zusammengefasst, was diese genau zu entscheiden hatten. Nicht nur der eingangs genannte Fragensteller war dankbar dafür ...

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