OBER-FLÖRSHEIM Wie sich Kelly Entertainment gegen die Krise stemmt

Sonst für Spaß und Heiterkeit zuständig, blickt Fabian Kelly derzeit kritisch auf der Geschehen.
Sonst für Spaß und Heiterkeit zuständig, blickt Fabian Kelly derzeit kritisch auf der Geschehen.

Fabian Kelly hat schon viel erlebt, zu Land, im und unter Wasser, sogar in der Luft. Der Zauberer und Firmenchef bietet mit seinem Team unter anderem mehr als 100 Event-Dinner-Veranstaltungen pro Jahr an. Derzeit brechen alle Aufträge weg. Wie sich Kelly Entertainment gegen die Krise stemmt und warum diesmal Magie nicht hilft.

Zu normalen Zeiten genießt Fabian Kelly die seltenen Momente, in denen er in Ruhe in seinem Ober-Flörsheimer Büro arbeiten kann. Denn der Zauberkünstler und Eventmanager ist gemeinsam mit seinem 30-köpfigen Team normalerweise viel unterwegs: Ob bei Eventdinnern, Shows, Galas, Firmenfeiern, Hochzeiten, Messen oder sonstigen Veranstaltungen – der 42-jährige Geschäftsführer von „Kelly Entertainment“ tourt fast das gesamte Jahr kreuz und quer durchs Land. Ständig klingelt sein Telefon. Doch seit drei Wochen ist alles anders: Das Coronavirus wirbelt auch das Leben eines Zauberers kräftig durcheinander. Magie ist da zwecklos.

Als größter Veranstalter von Eventdinnern in Rheinland-Pfalz und Showproduktionsfirma mit vielen verschiedenen Standbeinen hat Kelly Entertainment die Krise sehr früh und mit voller Wucht getroffen. „Mir war schon Anfang Februar klar, dass das, was da auf uns zurollt, für die gesamte Veranstaltungsbranche eine große Herausforderung werden wird“, erinnert sich Fabian Kelly. Sehr früh begann er deshalb, nach Ersatzterminen für rund 20 Dinnershows zu suchen und alles für eine Verlegung vorzubereiten. „Bei unseren magischen Eventdinnern hängen viele Menschen und Firmen dran. Natürlich meine Schauspieler, aber auch die Gastronomen, Hoteliers, unser Caterer und die Techniker. Es geht da direkt auch um viel Geld“, sagt Kelly. „Uns tut es aber einfach in der Seele weh, eine Veranstaltung absagen zu müssen. Mein gesamtes Ensemble und ich lieben das, was wir tun, von ganzem Herzen.“ Das Absagen einer Show sei vor Corona die absolute Ausnahme gewesen. „Wir spielen über 100 Dinnershows im Jahr, und für alle Künstler und Schauspieler war es immer ein ungeschriebenes Gesetz, dass die Show stattfinden muss, egal wie. Wir standen schon mit gebrochenem Arm und fast ohne Stimme auf der Bühne – für unsere Zuschauer. Dass wir jetzt so viele Shows absagen mussten, war auch emotional ein großer Schock für uns.

80.000 Euro Schaden

Ab März überschlugen sich für die Showproduktionsfirma, die im vergangenen Jahr ihr 25-jähriges Firmenjubiläum feierte, die Ereignisse. „Es prasselten plötzlich zahlreiche Auftrittsabsagen für mich und meine Zauberkollegen, die ich betreue, herein. Eigentlich sollten wir zum Beispiel auf der Messe in Hannover und in Österreich zaubern.

Aber egal ob Kreuzfahrtschiff, Firmenfeier oder Hochzeit – alle wollten geplante Events stornieren oder verschieben, teilweise bis in den August hinein.“ Das bedeutet einen Umsatzrückgang von über 90 Prozent und einen Schaden von mittlerweile über 80.000 Euro.

Erst freie Kollegen ausbezahlt

In all diesem Chaos dachte Fabian Kelly jedoch zuerst an die für ihn tätigen Schauspielkollegen, denen er sofort sämtliche noch ausstehende Rechnungen überwies, auch wenn er selbst das Geld von den Kunden noch gar nicht hatte. „Ich fühle mich verantwortlich für meine Künstler und weiß, dass sie auf dieses Geld angewiesen sind.

Für sie war der plötzliche Wegfall aller Einnahmequellen wahrscheinlich noch schlimmer als für mich.“ Denn zumindest ein kleines finanzielles Polster konnte sich Kelly in den vergangenen Jahren aufbauen, das er aktuell dringend braucht, denn nach der Geburt seines zweiten Sohnes im vergangenen Oktober ist er momentan Hauptverdiener seiner vierköpfigen Familie.

Stay-Home-Entertainment

Um sich selbst, sein über 30-köpfiges Team und seine Kunden auf andere Gedanken zu bringen, kam ihm gleich Mitte März die Idee zu „Stay-Home-Entertainment“. Seitdem drehen die Schauspieler, Musiker und Zauberer des Teams kleine lustige Filme und veröffentlichen sie unter anderem auf Facebook. „Da ist wirklich schon viel Witziges herausgekommen und die Filme werden hundertfach angeschaut“, freut sich Kelly. Daneben hat er „Corona-Support-Gutscheine“ im Angebot.

„Uns als Veranstalter ist es natürlich enorm wichtig, dass Kunden ihre Tickets nicht stornieren und uns gerade in der jetzigen Zeit durch den Kauf von Gutscheinen unterstützen.“ Ansonsten liegt das Geschäft nämlich komplett brach, das Telefon ist ungewohnt stumm und die Anfragen bleiben aus. „Alle warten ab, was ich auch gut verstehen kann. Normalerweise werden jetzt schon Weihnachtsfeiern für Firmen gebucht. Parallel plane ich aber schon das darauffolgende Jahr und muss die anstehenden neuen Produktionen vorfinanzieren.“

Unklarheit wegen Hilfe vom Staat

Ob Fabian Kelly staatliche Unterstützung bekommt oder nicht, weiß er nicht. „Bisher habe ich noch keine Rückmeldung bekommen. Wahrscheinlich bin ich als Zauberer wieder mal ein spezialgelagerter Sonderfall“, sagt er und hofft, dass seine laufenden Kosten zumindest teilweise durch eine finanzielle Hilfe abgefedert werden. „Die tatsächlichen Ausfälle decken kann so eine Unterstützung bei keinem Selbstständigen“, glaubt Kelly. „Ein Gastwirt hat die Situation treffend erklärt: Sobald das normale Leben wieder weitergeht, kann er einen Tisch ja nicht plötzlich doppelt besetzen, um den finanziellen Schaden wieder aufzuholen.“ Genauso wenig kann Fabian Kelly mehr Termine oder größere Veranstaltungen planen – da hilft auch keine Zauberei.

Traurig ist Fabian Kelly vor allem darüber, dass die für Anfang April lange geplante Veranstaltung zum zehnjährigen Jubiläum seines erfolgreichen Untergrunddinners in Oppenheim verschoben werden muss. „Auch ob die ersten unserer Zauber-Veranstaltungen in meinem Kreuzgewölbe in der Ober-Flörsheimer Zaubermühle, das erst im vergangenen Jahr eingeweiht wurde, stattfinden können, ist fraglich“, erklärt Kelly. Den Kopf lässt er trotzdem nicht hängen, sondern arbeitet wochentags von morgens bis abends alleine im Büro für den Tag, an dem es endlich wieder losgeht und er mit seinen Kollegen auf der Bühne stehen darf. „Aktuell kümmere ich mich um Dinge, zu denen ich sonst nicht komme, schreibe an unserem neuen Weihnachtsdinner und versuche Ideen für das kommende Jahr zu entwickeln, die mir und meinem Team helfen, wieder aus eigener Kraft auf die Beine zu kommen.“

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