Kammgarn Kaiserslautern Wie Richard Müller in Omikron-Zeiten Programm macht

„Die Situation ist noch nie so schlecht gewesen“, sagt Kammgarn-Chef Richard Müller.
»Die Situation ist noch nie so schlecht gewesen«, sagt Kammgarn-Chef Richard Müller.

Interview: Anders als in den vergangenen beiden Wintern gibt es derzeit keinen Lockdown. Konzerte sind dennoch rar. Kammgarn-Chef Richard Müller erläutert gegenüber Susanne Schütz, wie schwierig das Virus die derzeitige und künftige Planung in Kaiserslautern macht.

Lieber Herr Müller, die Kammgarn war eine der ersten Spielstätten, die 2020 und 2021 nach dem Lockdown wieder öffneten und sich sehr dafür einsetzten wieder Konzerte zu ermöglichen. Jetzt muss wieder vieles verschoben und abgesagt werden. Wie ist Ihre Stimmung? Und wie fühlt sich das Team?
Es ist ein ständiges Auf und Ab in unserer Gefühlswelt. Wir arbeiten permanent daran, unter Beachtung aller Hygiene-Vorgaben, Veranstaltungen durchzuführen – nicht zuletzt wegen der Lebensabsicherung unserer gebuchten Künstler. Wir sind Arbeitgeber für die sogenannte Freie Szene – unsere drei Bühnen sind ja Arbeitsplätze.

Aber, um es klar zu sagen: Wir waren schon im Dezember für einen Lockdown in der Kultur, denn Veranstaltungen zu ermöglichen, jedoch unter dem ständigen Hinweis, dort aber bitte auf keinen Fall hinzugehen, macht eher wenig Sinn. Eigentlich IST das ja ein Lockdown. Und entsprechend sind die Ticketverkäufe. Da unsere Künstler, prozentual, an den Einnahmen beteiligt sind – anders als bei alimentierten Künstlern, etwa in Theatern – wird dieses Chaos auf dem Rücken der Künstler und Veranstalter ausgetragen.

Bei den abgesagten Terminen – ging da die Initiative von den jeweiligen Künstlern aus, wie etwa den für Januar eingeplanten Autoren Wladimir Kaminer und Arnd Zeigler? Oder hatte die Kammgarn vorsorglich selbst abgesagt? Was waren jeweils die Hintergründe?
Alle Veranstaltungen, die nicht von Seiten der Künstler oder Agenturen abgesagt werden, führen wir durch. Die Absagen kommen zustande, da in den Bundesländern verschiedene Regeln gelten und daher Tourneen nicht durchgeführt werden können. Wir haben immer für bundesdeutsche Regeln argumentiert – leider interessiert das aber die Politik nicht.

Bei abgesagten Veranstaltungen, auch von Veranstaltern selbst vorsorglich abgesagten, greift ja die Bundeshilfe und ersetzt bisher entstandene Kosten. Nimmt die Kammgarn an dem Programm „Sonderfonds des Bundes für Kulturveranstalter“, insbesondere der Wirtschaftlichkeitshilfe teil? Wenn ja, wie läuft dies, es soll sehr aufwendig sein?
Wir nehmen an diversen Bundeshilfen teil. All dies ist sehr aufwendig und kleinteilig. Die Regierungen stellen viel Geld zur Verfügung – allerdings liegt das Problem dann in den Umsetzungsvorgaben, also, wenn der Beamtenapparat die politischen Leitlinien übernimmt und umsetzt. Da kommen dann bürokratische Monster ’raus.

Es werden deshalb auch nur wenige Mittel abgerufen, wie man mittlerweile weiß.

Nimmt die Kammgarn sonstige Hilfen in Anspruch? Etwa Überbrückungshilfe? Sind Angestellte in Kurzarbeit?
Ja, meine Mitarbeiter sind in Kurzarbeit. Zusätzlich nehmen wir am Neustart-Programm teil.

Wie sieht es generell mit den Finanzen des Kulturzentrum Kammgarn aus, gibt es ein Defizit? Sind die Verluste stemmbar?
Natürlich gibt es Defizite, die aber bei uns zu stemmen sind. Leidtragende sind vor allem die Künstler und kleinere private Veranstalter.

Und wie hat das Publikum in den Wintermonaten zuletzt reagiert? Kamen die Besucher trotzdem? Waren sie vorsichtig?
Die Verkaufszahlen sind unterirdisch schlecht – mit wenigen Ausnahmen. Dies sind vor allem Veranstaltungen, die mehrmals verschoben wurden und für die schon Karten gekauft wurden. Ansonsten haben wir eine Auslastung von zirka 30 Prozent.

Macht Omikron derzeit die Planung noch schwerer, wie beobachten Sie die Lage?
Die Situation ist noch nie so schlecht gewesen.

Welche Veranstaltungen können denn diesen Monat noch laufen?
Uns sind in diesem Monat genau drei Veranstaltungen geblieben: Jochen Malmsheimer, Dr. Mark Benecke und die Nuit de la Chanson – alle weiteren Veranstaltungen sind abgesagt oder verschoben. Von 13 sind noch drei geblieben.

Und wie sieht es mit der Zukunft aus: Sind Sie optimistisch, dass sich wieder einiges anbieten lässt, sobald Omikron abebbt?
Mein Optimismus ist bald aufgebraucht.

Gibt es schon konkrete Planungen für Frühjahr, Sommer Herbst? Ist wieder ein Jazzfestival möglich beispielsweise?
Ja, das Jazzfestival steht soweit in der Planung, da warten wir noch auf die Zusagen von Neustart. Wir haben Monatsprogramme, die wir, möglicherweise, wieder zusammenstreichen müssen. Was bleibt uns auch anderes übrig. Wir könnten, von uns aus, schließen – aber wann wieder öffnen und mit welchem Programm?!?

Glauben Sie, das Publikum bleibt vorsichtig? Wird es schwieriger, Zuschauer zu überzeugen, zu Konzerten zu gehen? Sie erfolgreich anzulocken?
Es wird ein ganz schwieriger Weg, wieder zur Normalität zurückzukehren!

Was wünschen Sie sich für die Kammgarn anno 2022?
Normalität.

Kammgarn-Termine

  • Kabarettist Jochen Malmsheimer mit seinem Programm „Drogensuppe Herzogin – Ein Austopf mit Einlage“, Mittwoch, 19. Januar, 20 Uhr, Kasino
  • Kriminalbiologe Dr. Mark Benecke mit „Body Form“, Donnerstag, 20. Januar, 19.30 Uhr, Kasino (Achtung: ausverkauft)
  • „Nuit de la Chanson“, Ausgabe 28 mit Didier Sustrac aus Grasse, Freitag, 28. Januar, 20 Uhr, Kasino
  • Tickets und Infos: www.kammgarn.de; es herrscht 2G-plus, Mundschutz muss dauerhaft getragen werden. ütz

Einziger ausverkaufter Termin im Januar: Kriminalbiologe Mark Benecke kommt am 20. Januar in die Kammgarn.
Einziger ausverkaufter Termin im Januar: Kriminalbiologe Mark Benecke kommt am 20. Januar in die Kammgarn.
Will für gute Laune sorgen: Kabarettist ochen Malmsheimer. Er ist heute Abend zu Gast in der Kaiserslauterer kammgarn
Will für gute Laune sorgen: Kabarettist ochen Malmsheimer. Er ist heute Abend zu Gast in der Kaiserslauterer kammgarn
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