Donnersbergkreis Wenn ein „Hexer“ nicht jubelt
Gauersheim. Alte Liebe rostet nicht. Aber Rücksicht darauf nehmen, das kann ein Fußballer selten. Der Ex-Bolander Timo Mann avancierte gestern im Lokalderby der A-Klasse zum Matchwinner: Sein Kopfballtor in der 63. Minute bescherte der SpVgg Gauersheim ein 2:1 (1:1) über einen zerzausten Abstiegskonkurrenten TuS Bolanden.
Dank des Dreiers ist die Rusterholz-Elf am überragend ins Jahr gestarteten TuS vorbei. Der Kampf um den fünftletzten Platz spitzt sich zu. Die Regel gehört mittlerweile zum Ehren-Kodex eines jeden Torschützen: Wer seinem ehemaligen Verein einen einschenkt, verbietet sich das Jubeln. Das zeugt von Anstand, von Sitte, von Respekt. Timo Mann hielt sich daran. Mit dem TuS Bolanden verbindet er ein großes – und: besonderes – Kapitel seiner Fußball-Laufbahn. Zehn Jahre kickte der Gauersheimer für den TuS. Er war Stammspieler, stieg mit Blau-Weiß aus der Kreisliga auf und aus der Bezirksklasse wieder ab. Aber: Auf dem Rasen zählt das alles nichts. Nur das Jetzt. Gestern versetzte Gauersheims Außenspieler seinem Ex-Klub einen schmerzhaften Stich. Einen, der ihn wieder in die rote Zone drängt. „Die Standards sind bei uns schon abgesprochen. Der lange Ball ist genau gekommen, ich bin den Schritt zurück und hab’ ihn ideal mit der Stirn getroffen“, blickte Mann auf die spielentscheidende Szene zurück. Der „Hexer“, so sein Spitzname, entzauberte den TuS: Bolandens Verteidiger Max Hornung ließ ihn sträflich ziehen, die Ecke brauchte der Gauersheimer nur zu seinem zwölften Saisontor veredeln. Abgeklärt eingenickt, 2:1 (63.). „Wir haben auch schon Spiele in der Runde gewonnen, da waren wir schlechter. Das war auf Augenhöhe. Wir waren vielleicht einen Tick bissiger“, sagte der Schütze. Die Spielvereinigung war es. Von spielerisch zwei schwachen Mannschaften war sie die stärkere. Und die, bei der der Wille sichtbar war. Den furiosen Bolander Start – Martin Ruppert vergab gleich zwei Großchancen (2., 3.) – steckten die Grünhemden weg. Ein Eins-a-Konter brachte die Führung: Heinrich Enze startete ein Solo, sein Pass ließ Semih Seker abtropfen, Enze schoss zum 1:0 ins Netz (11.). Manuel Debus hätte nachlegen können. Seinen Kopfstoß fischte Keeper Kai Schwarz aber aus dem Eck (18.). Enze in der Zentrale und Timo Kotysch auf Rechts waren im Gauersheimer Spiel die Schaltstellen. Während sie wenigstens für Offensiv-Zug sorgten, trotteten die Bolander vor sich her. Eingeschüchtert vom 0:1, nervös. Fehler mischten sich ein. „Die Verunsicherung vom 1:5 gegen Katzweiler hat man gemerkt. Bei uns hatte keiner das Selbstvertrauen. Da kommt vieles zusammen. Wir stehen unten mit drin, das ist ein Derby“, sah Spielertrainer Christian Bauer Erklärungsansatz für den lahmen Auftritt. Sein System geriet ins Wackeln: Zwei Verletzte hatte der TuS nach einer guten halben Stunde in der Viererkette. Auch Bauer musste gezerrt raus. Schlechter Start ins Abstiegskampf-Derby. Es sprach für die Moral, dass Stoßstürmer Martin Ruppert – sich oft einsam einen Weg bahnend – ausglich. Satt knallte er das Leder neben den Pfosten (34.) zum 1:1. Seker traf nach einer Hackendrehung für die SpVgg noch das Aluminium (45.). „Wir haben uns zusammengerauft, uns gesagt, dass wir eine Schippe drauflegen müssen. Ich hatte das Gefühl, dass Bolanden fitter ist. Aber der Wille war entscheidend“, meinte Heimtrainer Niko Rusterholz später. Auf einmal baute sich Mann am langen Pfosten auf und traf (63.). Der TuS war von der Rolle, seine Standards katastrophal, der Spielaufbau durchwachsen. Gauersheim verwaltete. Den freien Raum nutzte es nicht. Genauso wenig, wie der TuS seine wenigen zaghaften Versuche. Tim Klag (85.) und Martin Ruppert (86.) verzogen kurz vor Abpfiff. „Uns haben einfach zwei, drei Führungsspieler gefehlt, die auch verbal vorangehen“, mäkelte Bauer. Rusterholz kann erst einmal durchatmen. „Fakt ist, dass wir Fünftletzter werden wollen. Jetzt haben wir eine optimale Ausgangsposition“, sagte er. Der Dreier gestern lässt die SpVgg genau dort stehen. Zwei Punkte vor dem TuS Bolanden – der weiter zittert. Und der jetzt im Nachteil ist.