Eisenberg Wenn der Küchentisch zum Plenum wird: Paare in der Lokalpolitik

Erwin und Jutta Knoth.
Erwin und Jutta Knoth.

In der Politik ist es mit persönlichen Beziehungen ja so eine Sache. Stichwort: Parteifreunde. Dennoch gibt es auch echte, handfeste Verbindungen. Liebe. Gerade auf kommunaler Ebene. Wir wollten von Politiker-Pärchen wissen, wie sie es mit Politik am Küchentisch halten – und bei welchem Thema man auf keinen Nennenr kommt.

Eigentlich sind sich Jutta und Erwin Knoth aus Eisenberg-Steinborn ja einig – aber bei einem politischen Thema ist das seit 39 Jahren verheiratete Paar dann doch stets geteilter Meinung. Aber der Reihe nach. Jutta und Erwin Knoth gehören beide der Freien Wählergruppe (FWG) an. „Ursprünglich komme ich aus Gießen und war dort auch Mitglied in der Jungen Union“, berichtet Jutta Knoth. Ihren Mann, der in Gießen seine Bundeswehrzeit verbrachte, habe sie allerdings erst danach bei einer Feier von gemeinsamen Freunden kennengelernt und sei der Liebe wegen in die Pfalz umgezogen. Auch Erwin Knoth war mal Mitglied bei der Jungen Union, nicht in Gießen, sondern in Altleiningen.

Ein paar Jahre kehrten die Knoths dann der Politik aus beruflichen Gründen den Rücken, was sie aber bald bedauerten. Das Engagement vor Ort, es fehlte ihnen einfach. Da sie während der Elternphase nicht berufstätig war, hat sich Jutta Knoth zunächst ehrenamtlich beim Kinderschutzbund eingebracht und schließlich beruflich im Stadtbüro angefangen zu arbeiten. Seit rund 20 Jahren ist sie Mitglied der FWG, ihr Mann seit rund 16 Jahren. Seit 2019 ist er außerdem Zweiter Beigeordneter der Stadt Eisenberg. „Zu unserem Frühstück gehört unbedingt das Lesen der RHEINPFALZ, wobei wir uns die Zeitung aufteilen und dem anderen aus interessanten Artikeln erzählen“, beschreibt Erwin Knoth das tägliche Ritual desPaares. Jeder habe seine eigene Betrachtungsweise, aber meist sei sich das Ehepaar einig. Und das Thema, bei dem sie sich doch nicht einig sind? „Windkrafträder“, so die beiden. Bei ihren Radtouren durch das Zellertal gehe deshalb regelmäßig die Diskussion los. „Ich bin für Windkraft, weil ich denke, sie ist besser als fossile Brennstoffe, ich sehe nur den Nutzen“, so Jutta Knoth. Ihr Mann sei auch für Windkraft, aber nicht überall. „Ich bin auch für Atomkraft, denn ich denke, sie sollte ein Teil unserer Energieversorgung bleiben“, so Knoth. Das Ehepaar habe schon viel über dieses Thema diskutiert, ein gemeinsamer Standpunkt ließ sich da bisher nicht ableiten.

Renate und Reiner Unkelbach aus Eisenbach-Steinborn sind seit 34 Jahren verheiratet. Beide sind in Eisenberg im Stadtrat (er seit 2019, sie seit 2014), beide sind in der CDU. „Als ich 1984 in die Partei eintrat, war ich damals das jüngste Mitglied“, erinnert sich der heute 65-Jährige. Mit wenigen Unterbrechungen war Unkelbach bis heute Parteimitglied. Grundsätzlich reden Unkelbachs zu Hause auch über Politik. „Wenn wir uns allerdings nicht aufregen wollen, frühstücken wir zuerst und lesen dann die Berichte über die letzten kommunalen Sitzungen oder sonstigen Beiträge und Interviews“, sagt er schmunzelnd.

Mit seiner Frau sei er zwar bei politischen Themen nicht immer einer Meinung, aber „wir sprechen über alles, und ich lasse mich auch überzeugen, wenn mir ihre Argumente einleuchten oder umgekehrt“, bestätigt er. Die Abstimmung im Stadtrat erfolge immer unabhängig voneinander, jeder sewi frei in seiner Entscheidung. Sie lägen aber dennoch meist auf einer Linie.

Morgens keine Politik

Auch Rosi und Karsten Schilling wohnen in Eisenberg-Steinborn. Sie haben 1996 den Bund fürs Leben geschlossen. „Diskussionen am Frühstückstisch gibt es bei uns nicht, da ich ein Morgenmuffel bin und morgens nicht so viel spreche“, verrät Rosi Schilling lachend. Am Mittagstisch könne es dann eher auch mal um Politik gehen, wobei man sich nicht streite. Sie betont aber, dass sie keineswegs die Meinung ihres Mannes annehmen würde, wenn sie eine andere vertrete. „Es geht mir immer um die Sache und das Allgemeinwohl. Manche Stadtratsmitglieder sind meiner Meinung nach zu unkritisch“, meint die 65-Jährige, die seit 2013 in der Politik ist. Karsten Schilling ist seit 2019 politisch aktiv, ist Stadtratsmitglied (früher für die Grünen, jetzt parteilos) und im Bau- und Umweltausschuss tätig. Sowohl ihm und seiner Frau, die für die CDU im Rat sitzt, ist es wichtig, sich für Natur und Umwelt einzusetzen. „Ich selbst betreue seit über 30 Jahren in Absprache mit der Stadt unser Biotop in Steinborn, eine Ausgleichsfläche, die mit ihrerArtenvielfalt einzigartig ist – und das inmitten des Ortes“, sagt Rosi Schilling. Aktiv im Steinborner Ortsbeirat ist sie seit 2018 und hierbei auch Sprecherin des Grüngremiums. Seit Oktober 2022 sitzt die Christdemokratin als Nachfolgerin von Georg Grünewald im Stadtrat sowie in mehreren Ausschüssen.

Gisela Forster-Schmitz und Paul Schmitz aus Eisenberg-Steinborn, verheiratet seit fast 39 Jahren, sind beide SPD-Mitglieder. „Ich bin 1970 wegen Willy Brandt in die Partei eingetreten“, sagt der 77-Jährige, der lange Jahre Steinborner Ortsvorsteher sowie Mitglied des Ortsbeirates und des Eisenberger Stadtrates war. 2014 zog er sich aus gesundheitlichen Gründen aus der Politik zurück. Seine Frau, die seit 1979 SPD-Mitglied ist, kandidierte erstmals 2009 für den Ortsbeirat, verzichtete aber auf das Mandat, da ihr Mann ebenfalls gewählt wurde und ihrer Meinung nach die politische Teilhabe weiter gestreut werden müsse. Als sie sich 2019 zur erneuten Kandidatur überreden ließ, wurde sie prompt gewählt.

Das Ehepaar bezeichnet sich selbst als politisch sehr interessiert. Politik am Frühstückstisch gebe es trotzdem nicht, da beide zu unterschiedlichen Zeiten frühstückten. „Ich leide unter seniler Bettflucht“, sagt Paul Schmitz lachend. Das habe allerdings den Vorteil, dass jeder die RHEINPFALZ für sich ganz alleine lesen könne, er ihr aber manchmal besonders interessante Artikel kennzeichne. „Beim Spaziergang oder Wandern unterhalten wir uns durchaus auch mal über Politik“, so die 72-Jährige. Da sie sich ähnlich seien und den gleichen Humor hätten, seien sie sich auch in politischen Themen immer einig. Schmitz sagt: „Den Blumenstrauß zum Valentinstag wird es aber nicht geben, den gibt es eher mal zwischendrin“.

Karsten und Rosi Schilling.
Karsten und Rosi Schilling.
Renate und Reiner Unkelbach.
Renate und Reiner Unkelbach.
Paul Schmitz und Gisela Forster-Schmitz.
Paul Schmitz und Gisela Forster-Schmitz.
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