Donnersbergkreis Wenig Hoffnung auf Finanzhilfen
Nur sehr begrenzte Hoffnung auf wesentliche finanzielle Hilfe durch das Land oder Spendengelder, massive Vorwürfe an die Politik, jahrzehntelang nichts für den Hochwasserschutz beziehungsweise die Gewässerunterhaltung getan zu haben und die Erkenntnis eines Sachverständigen, dass solche Starkregenereignisse wie am 20. September jederzeit wieder passieren können: Sehr emotional und angespannt haben die Geschädigten der Unwetterkatastrophe am Donnerstagabend die zentrale Informationsveranstaltung der VG Alsenz-Obermoschel in der voll besetzten Finkenbach-Gers-weilerer Turnhalle verfolgt.
Verbandsbürgermeister Arno Mohr wollte den Betroffenen von Beginn an „reinen Wein“ einschenken: Aufgrund der sehr strengen und eng formulierten gesetzlichen Richtlinien solle man sich keine allzu große Hoffnung auf nennenswerte staatliche Hilfen machen. Auch wenn das Land nun endlich das Unwetter als Elementarschadensereignis anerkannt habe und somit Förderungen für Hilfebedürftige möglich sind, so war den Anwesenden spätestens bei der Offenlegung der bekannten Antragskriterien klar, dass sie mit hoher Wahrscheinlichkeit keine Unterstützung der Regierung erhalten werden. Anträge können für die Bereiche Land- und Forstwirtschaft, Gewerbetreibende und Privatpersonen gestellt werden. Die Mindestschadenssumme liegt bei 2500 Euro, ab 25.000 Euro Schadenshöhe werden jedoch nur noch zinsgünstige Darlehen gewährt. Gewerbetreibende und Landwirte bekommen nur dann Darlehen, wenn sie nicht ohne Beeinträchtigung der persönlichen Lebensgrundlage zumutbare eigene Darlehen aufnehmen können. Eine Kommission auf Kreisebene wird die Schadenshöhen ermitteln. Für Privatpersonen gibt es lediglich Unterstützung für Wohnungs- und Hausrat-Schäden, deren Beseitigung unter Berücksichtigung von Vermögen und Einkommen nicht in angemessener Zeit selbst bewältigt werden können. Es gibt jedoch keine Entschädigung für Luxusgegenstände und Räume, die nicht für Wohnzwecke genehmigt sind. Für Hausratartikel ist nur eine einfach und zweckmäßige Ersatzausstattung vorgesehen. Dazu wird für jeden Wohnraum ein pauschaler Betrag als Bedarf angenommen. Für Schäden an den Gebäuden müssen Kostenvoranschläge und Selbsteinschätzungen vorgelegt werden. Für Böden, Decken und andere Gewerke werden ebenso Pauschalbeträge zugrunde gelegt. Bei den Berechnungen werden die Einkommensverhältnisse berücksichtigt. Es gibt nur Hilfe für existenzgefährdende Schäden von sozial bedürftigen Personen – und nur dann, wenn die Gebäude nicht gegen Elementarschäden zu versichern gewesen wären. Ebenfalls nicht besonders ausgeprägt sind die Erwartungen der Flutopfer, vom Spendenkuchen etwas abzubekommen. Wie berichtet, wird dieser nach einem Punktesystem verteilt, die finanzielle Hilfe beschränkt sich auf beschädigte Wohnhäuser. Soforthilfen in Höhe von 500 Euro und Vorfinanzierungen von in Aussicht gestellten Versicherungsentschädigungen seien jedoch möglich, so Mohr. Momentan laufen entlang des Moschels zwischen Niedermoschel und Waldgrehweiler die Aufräumarbeiten. Mittels Bagger werden die Silo- und Heurundballen, das Totholz und Geröll aus dem Bachbett entfernt. Wegen des enormen Gewichts und der extremen Feuchtigkeit ist derzeit aber noch kein Abtransport möglich. Die beschädigten Brücken wurden begutachtet, es sollen zügig Ausschreibungen für deren Instandsetzung beziehungsweise Neubau erfolgen. Für den Bereich der VG Alsenz-Obermoschel liegen bis dato 161 Schadensmeldungen vor. Die Schadenssumme beläuft sich im privaten Bereich auf schätzungsweise 5,8 Millionen Euro und im öffentlichen Bereich auf rund zwei Millionen Euro. Hier sind die Schäden an den Bürgerhäusern in Waldgrehweiler und Schiersfeld sowie die zerstörten Brücken in Finkenbach-Gersweiler, Sitters und Waldgrehweiler hohe Kostenfaktoren. Die Privatschäden liegen zwischen 2500 und 300.000 Euro, wobei im Durchschnitt ein hoher fünfstelliger Betrag anzunehmen ist. Nach neusten Berechnungen sind am 20. September im Einzugsgebiet von Ransenbach und Moschel bis zur Wasserscheide rund sechs Millionen Kubikmeter Niederschläge gefallen. Die gemessenen Mengen reichen von 147 Millimetern in Obermoschel bis zu 200 Millimetern in Ransweiler. Insgesamt nähmen die Starkregenereignisse extrem zu, zeigte sich der vom Land beauftragte Sachverständige Martin Cassel sicher. Er steht den Betroffenen im Auftrag von Umweltministerium und Wasserwirtschaftsverwaltung zur Seite, um eine kostenfreie Erstberatung für Maßnahmen zur Verminderung künftiger Schäden zu treffen. Zusammen mit Architekten wird er die Bachverläufe, Erosionsrinnen, Brücken und baulichen Gegebenheiten betrachten und Vorschläge erbringen. Für weitere Konzepte und Planungen soll im Dezember eine Ausschreibung erfolgen. Der Politik warfen Betroffene jahrzehntelange Untätigkeit in Sachen Hochwasserschutz und Gewässerunterhaltung vor. Die Bachläufe seien gesäumt von Totholz, verschlammt und zugewachsen, die Bachbette nicht regelmäßig ausgehoben worden. Zudem sei es unverantwortlich, dass Rundballen und Langholz direkt neben Bächen gelagert würden. Hier forderten die Anwesenden, schnellstmöglich entsprechende Säuberungen vorzunehmen und die Bachbette auf ihr ursprüngliches Niveau zu senken. Mohr versicherte, dass die Verwaltung künftig darauf achte, das im vorgeschriebenen Abstand von zehn Metern nichts gelagert werde. Zwar seien in Sachen Hochwasserschutz etliche Maßnahmen angelaufen. Dies sei jedoch ein langwieriges Verfahren mit Grundstückverhandlungen oder Einsprüchen von Umweltverbänden und -behörden, die einen natürlichen Bachverlauf mit viel Totholz forderten. Auch sei das Ausbaggern eher unerwünscht. Mohr teilte aber die Ansicht, dass hier der Mensch an vorderster Stelle stehen müsse. Vertreter von Sparkasse und Volksbank informierten über günstige und zügige Darlehensmöglichkeiten. Entgegen anderer Aussagen könnten auch Rentner Kredite erhalten. Gefordert würden lediglich Immobilienwerte als Deckung. Betroffene stellten jedoch die Frage, wie die Kredite zurückgezahlt werden sollen und warum man nicht besser für bestehende Verpflichtungen die Zinssätze senke. Auf Nachfrage teilte Mohr mit, dass die VG für die Abrechnung der durch die Reinigungsarbeiten entstandenen höheren Trinkwasserverbräuche auf Antrag den Durchschnittsverbrauch der letzten drei Jahre berücksichtige. Er dankte allen Helfern, Organisatoren von Benefizveranstaltungen und Spendern für ihr Engagement und die gelebte Solidarität. Dennoch haben bereits während der Veranstaltung einzelne Personen aus Protest gegen die aus ihrer Sicht ungerechte Politik die Halle verlassen, andere äußerten am Ende des Abends das Fazit: „Hilf dir selbst, dann hilft dir Gott“ ... (tnt)