DONNERSBERGKREIS Unwetter: Bei manchen werden Erinnerungen wach an Jahrhundertflut 2014

Das aufziehende Unwetter in Richtung Alsenz fotografierte unser Leser Jürgen Christmann am Fünf-Länder-Eck bei Imsweiler.
Das aufziehende Unwetter in Richtung Alsenz fotografierte unser Leser Jürgen Christmann am Fünf-Länder-Eck bei Imsweiler.

[Aktualisiert um 12.45 Uhr] Das Unwetter kam am späten Mittwochnachmittag schnell, und es wütete heftig. Wieder war nach derzeitigem Sachstand der Westkreis besonders stark betroffen. Mancherorts wurden Erinnerungen an die Jahrhundertflut von 2014 wach. Ganz so heftig war’s dann doch nicht – aber in Waldgrehweiler wurden in 45 Minuten 82 Liter Niederschlag gemessen.

Aus dem normalen Sommergewitter, das gegen 16.45 Uhr auf das mittlere Moscheltal traf, entwickelte sich binnen kürzester Zeit erneut Starkregen mit Hochwasser, überfluteten Straßen und Gebäuden, Schlamm- und Gerölllawinen und Windbruch. Zwischen 17 und 18 Uhr zogen sich kreisrund mehrere Gewitterzellen über dem Bereich zusammen, binnen Minuten öffnete der Himmel seine Schleusen, gefolgt von dickem herabprasselndem Hagel und heftigen Sturmböen. Das seit Wochen formlich ausgedörrte Erdreich konnte die Wassermassen in keiner Weise aufnehmen, sie schossen über die frisch abgeernteten und geeggten Felder talwärts. Bei den Anwohnern wurden Erinnerungen an die Jahrhundertflut vom 20. September 2014 wach. Eilig wurden Autos in die höher gelegene Ortsbereiche gefahren und Hochwasserspundwände aufgebaut.

Hochwasseralarm ausgelöst

Gegen 18 Uhr löste der Wehrführer von Waldgrehweiler Hochwasseralarm für das Moscheltal aus. Moschel und Ransenbach waren nach dem Starkregen direkt gefährlich angestiegen. Die Ortsdurchfahrt Waldgrehweiler wurde im Bereich der Hauptstraße an zwei Stellen überflutet, die Kanalisation konnte die Wassermassen nicht mehr ableiten. Während die Moschel relativ zeitnah wieder an Höhe verlor, stieg der Ransenbach weiter schnell an. Ein querliegender Baumstamm, Bretter und Äste vor einer Gartenbrücke vor dem Ort mussten entfernt werden, um eine Überflutung der angrenzenden Wohn- und Nebengebäude zu verhindern. Hierzu wurde die Feuerwehr Obermoschel mit Unimog und Seilwinde zur Unterstützung angefordert. Dank des nachlassenden Regens blieben die Bäche in der Ortslage gerade noch in Bett: 25 Zentimeter vor dem Übertritt blieb der Wasserstand konstant.

In der Hohlstraße gingen durch eine verstopfte Außengebietsentwässerung große Wassermassen talwärts Richtung Ortsmitte. Ein großer Baum blockierte für rund zwei Stunden die Durchfahrt und musste mit Hilfe der Feuerwehr Finkenbach-Gersweiler mit Motorsägen zerkleinert und anschließend mit schwerem Gerät beseitigt werden. Mit Bagger und Radlader wurde der Einlassschacht der Entwässerung mühsam freigelegt um folgenden Wassermassen einen Abfluss zu ermöglichen. Im unteren Bereich hatten die Wehrleute aus Waldgrehweiler bis Mitternacht zu tun, um die Straße zu säubern, Sinkkästen zu reinigen sowie mit Traktor und Frontlader Geröll zu entfernen.

Manche Straßen für Stunden voll gesperrt

Die Landesstraße zwischen Waldgrehweiler und Ransweiler musste wegen Überflutung, Geröll- und Schlammmassen bis zur Reinigung durch die Straßenmeisterei in den späten Abendstunden voll gesperrt werden. Die Verlängerung zwischen Neubau und Dielkirchen blieb sogar über Nacht voll gesperrt, da hier ein Dutzend der umliegenden Bäume entfernt werden mussten und eine Säuberung der Fahrbahn noch ausstand. Auch auf der Landesstraße und Kreisstraße zwischen Waldgrehweiler und Bisterschied musste die Feuerwehr mehrere querliegende Bäume beseitigen. Die Fahrbahn war über Kilometer gespickt von Ästen und Blattwerk.

Während man in Finkenbach-Gersweiler mit einem blauen Auge davonkam, nur einige Räume mittels Nasssauger vom Wasser befreien und Windbruch beseitigen musste, traf es auch diesmal Ransweiler wieder stärker. In der Donnersbergstraße wurde die Fahrbahn im Brückenbereich abermals von Wasser- und Schlammmassen überflutet. Am schlimmsten traf es ein Anwesen in der Hauptstraße. Die Wassermassen schossen vom Kirchberg hinter ihrem Anwesen herab, stauten sich an einer Mauer, überfluteten diese und suchten sich den Weg durch ihr Wohnhaus. Nachdem die gläserne Terrassentür geplatzt war, strömten das Wasser-Schlamm-Gemisch rund einen halben Meter hoch einmal quer durch das Untergeschoss des Wohnhauses und über die Terrasse durch die Garage wieder ins Freie. Das gesamte Untergeschoss wurde unbewohnbar. Feuerwehrleute aus Ransweiler, Finkenbach-Gersweiler und Bisterschied, Nachbarn, Anwohner, Freunde und Landwirte waren in einer beispielhaften Teamarbeit mit Traktoren, Teleskopladern und anderem Gerät bis in die Nacht im Einsatz.

Auch Dielkirchen und das Appeltal betroffen

Stark in Mitleidenschaft gezogen wurden auch Dielkirchen im Alsenz- sowie Gerbach und Umgebung im Appeltal. Auf dem Schneebergerhof sind laut Timo Blümmert, Wehrleiter der Verbandsgemeinde Nordpfälzer Land, wegen des heftigen Sturms Teile von Dächern geweht und Stromleitungen durchtrennt worden. In Gerbach sind auf dem Sportplatz und im Wochenendgebiet Bäume umgestürzt. Auf dem Gerbacher Campingplatz sind Bäume auf zwei Wohnwägen gefallen. Wegen weiterer umgestürzter Exemplare sowie überfluteter Fahrbahn war die L 385 zwischen Gerbach und Dielkirchen voll gesperrt.

Mehrere Bäume sind auch in und um Dielkirchen dem Unwetter zum Opfer gefallen. Besonders heftig hat es innerorts eine Scheune erwischt: Hier ist nicht nur das Dach zum Teil abgedeckt, sondern auch eine darunter liegende Wand teilweise eingerissen worden. Schäden sind auch am Dach des Bürgerhauses entstanden, einige Abschnitte der Hauptstraße waren überflutet und weitere Dächer teils abgedeckt.

Wegen massiven Windbruchs war die L 385 von Dielkirchen Richtung Stahlberg vorübergehend voll gesperrt. Die Feuerwehr musste sogar ein Auto samt Fahrer – zum Glück unverletzt – zwischen umliegenden Bäumen befreien. Aufgrund Verschlammung und Überflutung war die B 48 zwischen Rockenhausen und Dielkirchen ebenfalls zeitweise nicht befahrbar.

Einmal mehr hatte die Feuerwehr Schwerstarbeit zu verrichten: Zwischen 18 und 24 Uhr hatten Blümmert zufolge 204 Personen rund 100 Einsätze zu bewältigen. Allein in den ersten 30 Minuten seien bereits 28 Notrufe eingegangen, so der Wehrleiter. Die wichtigste Nachricht aber: Verletzt worden ist niemand.

Störungen beim Zugverkehr durchs Alsenztal

Auswirkungen hatte das Gewitter auch auf die Zugstrecke durchs Alsenztal. In Dielkirchen stand der Bahnübergang Richtung Neubau unter Wasser, zwischen dem Bahnübergang Katzenbach und Dielkirchen musste die Feuerwehr einen Zug aus umgestürzten Bäumen freischneiden. Dieser ist zurück zum Bahnhof nach Rockenhausen gefahren, die rund zehn Fahrgäste sind mit Taxis nach Hause gebracht worden. Die Strecke zwischen Rockenhausen und Alsenz war am Mittwochabend sowie wegen weiterer umgefallener Bäume nochmals bis Donnerstagmittag voll gesperrt. Für die Fahrgäste war auf diesem Abschnitt ein Ersatzverkehr mit Bussen eingerichtet worden. Mittlerweile ist der Zugverkehr wieder aufgenommen worden, es muss aber laut Bahn weiterhin mit Folgeverspätungen sowie kurzfristigen Fahrtausfällen gerechnet werden.

Pfalzwerke melden Stromausfall in der VG Göllheim

Das ungewöhnlich schnell herannahende Unwetter suchte am Mittwoch auch die Verbandsgemeinde Göllheim heim. Sturm, heftige Regenschauer und Hagel ergossen sich gegen 18.30 Uhr über der Region. Während vielerorts die Wassermassen abfließen konnten, brachen aus den 20 Meter hohen Alleenbäume große Äste heraus und behinderten den Verkehr auf der B 47 zwischen Göllheim und Dreisen, ebenso zwischen Göllheim und Eisenberg. Hier waren die Feuerwehren aus Dreisen, Göllheim und Weitersweiler im Einsatz. Zeitgleich gab es einen Brandmeldealarm im Gewerbegebiet von Göllheim. Bei der Erkundung der Ursache stellten die Wehrleute eine starke Rauchentwicklung in einem der Räume fest. Vermutlich kam es während des Unwetters zu einem Kurzschluss. Die Feuerwehren aus Göllheim und Eisenberg rückten aufgrund der Erstalarmierung mit einem Großaufgebot von Einsatzkräften an.

Wie punktuell solche Extremwetterlagen sind, belegt dagegen die Lage in der VG Kirchheimbolanden. Auch hier hat es heftig geregnet, der Abend verlief für die Feuerwehr gleichwohl „tiefenentspannt“, wie bei Wehrleiter Matthias Groß zu erfahren war. Lediglich in einem Anwesen in Kirchheimbolanden war ein Keller durch einen Abwasserrückstau betroffen. Ansonsten sei die Wehr ausgerückt zur Unterstützung der Feuerwehr im Nordpfälzer Land beim Einsatz in Schneebergerhof, wo eine Birke am DRK-Heim auf die Stromleitungen gestürzt war. Umgestürzte Bäume und große Mengen an Schlamm meldete die Polizei von den Landesstraßen 385/404 zwischen Gerbach und Kirchheimbolanden.

Auch die Stromversorgung wurde von dem Unwetter in Mitleidenschaft gezogen. Laut einer Mitteilung der Pfalzwerke Netz AG kam es gegen 18.54 Uhr zu einer Störung in deren 20-Kilovolt-Netz. Betroffen waren Teile von Göllheim, Standenbühl, Dreisen, Jakobsweiler und Weitersweiler, die zwischen sechs Minuten und anderthalb Stunden unversorgt blieben. „Das Netzteam Pfälzer Bergland der Pfalzwerke sowie die Mitarbeiter der Netzleitstelle leiteten sofort alle erforderlichen Maßnahmen ein und konnten die Stromversorgung schnellstmöglich wieder herstellen“, so die Pfalzwerke.

Betroffen ist auch der Forst. Forstamtsleiter Lothar Runge berichtete am Vormittag von lokal begrenztem, aber massivem Windwurf im Bereich Gerbach, dort seien selbst dicke Eichen regelrecht zersplittert. Er sprach von etwa sechs bis zehn Hektar Fläche, die von diesem Windwurf betroffen seien.

Geröllmassen verstopfen den Durchlass an einer Brücke in Waldgrehweiler.
Geröllmassen verstopfen den Durchlass an einer Brücke in Waldgrehweiler.
Das Unwetter hatte unter anderem große Äste aus den Baumkronen der Bäume an der B 47 herausgebrochen und den Verkehr behindert.
Das Unwetter hatte unter anderem große Äste aus den Baumkronen der Bäume an der B 47 herausgebrochen und den Verkehr behindert.
An diesem Privatanwesen hat das Wasser einer Terrassentür durchbrochen.
An diesem Privatanwesen hat das Wasser einer Terrassentür durchbrochen.
An einer Scheune in Dielkirchen ist das Dach zum Teil abgedeckt und die darunterliegende Wand eingerissen worden.
An einer Scheune in Dielkirchen ist das Dach zum Teil abgedeckt und die darunterliegende Wand eingerissen worden.
Die Straßen in Dielkirchen waren mit herabstürzenden Teilen von Dächern sowie Ästen und Zweigen übersät.
Die Straßen in Dielkirchen waren mit herabstürzenden Teilen von Dächern sowie Ästen und Zweigen übersät.
Die Straße zwischen Rockenhausen und Dielkirchen war mit Wasser und Schlamm bedeckt und deshalb zeitweise nicht befahrbar.
Die Straße zwischen Rockenhausen und Dielkirchen war mit Wasser und Schlamm bedeckt und deshalb zeitweise nicht befahrbar.
Wasser, Schlamm und Geröll wurden in Dielkirchen in den Ort gespült.
Wasser, Schlamm und Geröll wurden in Dielkirchen in den Ort gespült.
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